Die Säulen der Erde (Switch)
Daedalic Entertainment schnappte sich die Werke des Buchautors Ken Follett und veröffentlichte 2018 ein Point-and-Click-Adventure basierend auf dem internationalen Bestseller The Pillars of the Earth. Vor einigen Wochen schaffte es das Spiel auch auf Nintendos Hybridkonsole. Wir haben die Portierung für euch getestet.
Herzstück des Spiels bildet natürlich die Geschichte und die ist von Beginn an nichts für schwache Nerven. Tom Builder ist im 12. Jahrhundert des mittelalterlichen Englands in einem verschneiten Wald unterwegs. Mit dabei sind seine hochschwangere Frau und seine beiden Kinder. Die Familie hat schon bessere Tage erlebt, denn Tom ist arbeitslos. Seine Zeit steckt er in seinen großen Traum, eine Kathedrale zu errichten. Allerdings wird ihm bewusst, dass er seiner Familie zuliebe richtige Aufträge annehmen muss, um Geld in die Haushaltskasse zu bekommen. Während der Nacht setzen bei Toms Frau die Wehen ein und sie bringt ein Kind auf die Welt, überlebt die Geburt tragischerweise allerdings nicht. Im Sterben liegend macht sie ihrem Gatten klar, dass der sich auf jeden Fall an seinen Traum klammern soll und so geschieht es, dass Tom einige Zeit später in einem kleinen Ort Kingsbridge eine Kathedrale errichten darf.
Tolle Charakterentwicklung
Tom Builder ist nicht der einzige Protagonist, von dem wir im Laufe des Spiels die Kontrolle übernehmen. Ein weiterer Charakter, der schon sehr früh im Spiel vorkommt, ist Mönch Phillip. Ihm gebührt die Ehre, zu Prior des Klosters Kingsbridge ernannt zu werden. Dann wäre da noch Jack und seine Mutter Ellen, welche als Verstoßene galten und in Kingsbridge ein neues Zuhause gefunden haben; oder Aliena, die Tochter eines ehemaligen Grafen. Sie und ihre Familie verloren ihren gesellschaftlichen Stand, nachdem ihr Vater gestürzt wurde. Kingsbridge ist nicht nur für sie die Chance, wieder von vorne anzufangen, das Leben dort ist allerdings hart. Es ist wenig zu Essen da und der Ort versinkt im politischen Chaos. Die Bevölkerung sieht im Bau der Kathedrale jedoch ein Symbol für den Zusammenhalt.
Wir erleben als Spieler die Veränderungen und die Entwicklungen von Charakteren und des Ortes selbst. Der Fokus liegt klar auf Kingsbridge, im Laufe des Spiels lernen wir jedoch auch andere Menschen oder Orte kennen. Insbesondere die beeindruckend komplexe Charakterentwicklung weiß zu gefallen. Nehmen wir als Beispiel Prior Phillip. Dieser wendet sich von der klassischen Auslegung seiner Religion ab und entwickelt ein ganz eigenes Verständnis dieser, was ihm die Gunst der Gesellschaft, aber zugleich die Missgunst der Kirche einbringt. Weniger gelungen sind die Antagonisten in Szene gesetzt worden, die längst nicht eine so gelungene Entwicklung durchmachen, wie die anderen Protagonisten. Ihnen geht es einfach nur um Macht und Reichtum.
Das Gameplay bleibt, wie in den meisten Point-and-Click-Adventures, relativ anspruchslos. Auf komplizierte Kombinationsrätsel und Ähnliches wurde verzichtet. Das hat zur Folge, dass wir uns als Spieler ganz der Geschichte, den Umgebungen und den Charakteren widmen dürfen. Dazu gesellen sich immerhin ein paar Quick-Time-Events, die nie übermäßig anspruchsvoll daherkommen, dem Gameplay aber zu etwas mehr Abwechslung verhelfen. Noch wichtiger ist es, die richtigen Handlungsschritte abzuarbeiten, kleinere Aufgaben zu lösen und ein paar wichtige Entscheidungen treffen. Letztere wirken sich auf die Dialoge in späteren Kapiteln aus. Nach etwa 15 Stunden habt ihr den Titel durch, was für ein Point-and Click-Adventure in dieser Preisklasse eine mehr als ordentliche Spielzeit darstellt.
Schöne Optik mit technischen Makeln
Die Handlung wurde in drei Bücher unterteilt, was der Vorlage der Roman-Reihe entspricht. Auf anderen Systemen waren diese noch einzeln erhältlich, auf Nintendo Switch bietet uns Publisher Daedalic dagegen ein Komplettpaket. Jedes Buch verfügt über mehrere Kapitel. Daedalic ist eigentlich für seinen Humor bekannt, diesen sollte man in diesem Spiel allerdings nicht erwarten. Das wird bereits in den Intros klar, welche vor jedem Buch eingespielt werden. Diese sind düster und kalt, allerdings super inszeniert. Die Geschichte selbst hat sich so wohl nie zugetragen, wirkt aber authentisch. Es gibt keine Drachen, Feen oder Monster. Das Spiel zeigt uns das Mittelalter, wie es wirklich war, mit all seinen Problemen. Die Geschichte wurde mit deutschen Synchronsprechern auch richtig toll vertont. Lob verdient außerdem die Optik. Der gesamte Titel wirkt handgezeichnet, die Hintergründe und die Charaktere wurde einfach nur wunderschön dargestellt. Die meiste Zeit verbringen wir, wie schon erwähnt, in Kingsbridge, welches wir in unterschiedlichen Jahreszeiten sehen dürfen. Der Ort und die Charaktere verändern sich beziehungsweise altern mit der Zeit. Trotz aller Ernsthaftigkeit gelingt es den Entwicklern das Spiel relativ farbenfroh darzustellen. Das merkt man vor allem in den Monaten abseits des Winters. Wenn die Blumen sprießen und die Vögel zwitschern, dann entfaltet der Titel seine ganze Grafikpracht. Technisch kann der Titel aber leider nicht komplett überzeugen. Immer mal wieder kam es während unserem Test zu unschönen Darstellungsfehlern, wie zum Beispiel Charaktere, die während Dialogen verschwanden und wieder auftauchten. Das ist wirklich schade und angesichts der zwar schönen, aber doch simplen Optik nicht nachvollziehbar.
FAZIT:
Pillars of the Earth, oder Die Säulen der Erde, wie der Titel auf Deutsch heißt, konnte mich beinahe durchgängig überzeugen. Das Spiel bietet eine grandiose Geschichte mit einer ganzen Menge Tiefgang. Vor allem zeigt sich in genau so einem Werk, dass es nicht immer Drachen und Zauberer sein müssen, um ein immersives Abenteuer auf die Beine zu stellen. Das Mittelalter in seiner ganzen Schonungslosigkeit wurde hier bestens eingefangen. Die Entwicklung der Charaktere stellt ein weiteres Highlight dar und lässt den Spieler trotz des limitierten Gameplays tief in das Spielgeschehen eintauchen. Und auch optisch weiß der Titel zu begeistern. Umso ärgerlicher ist es dann, dass dieses narrativ grandioses Gesamtwerk durch technische Schnitzer getrübt wird. Aufploppende Charaktere während Dialogen machen den Titel natürlich mitnichten unspielbar, nerven aber einfach und verhindern eine höhere Wertung. Nichtsdestotrotz haben wir hier einen toller Genre-Ableger, den Fans von Point-and-Click-Adventures im Auge behalten sollten.