Test

Have a nice Death

Von Robert Emrich am 11.04.2023

Tot sein möchte wohl kaum jemand. Aber auch in der Rolle des personifizierten Todes hat man es nicht leicht, wie uns das Roguelike des Indie-Entwicklers Magic Design Studios eindrucksvoll zeigt. Wir haben uns trotzdem einmal (todes-)mutig in den schwarzen Umhang geworfen und sind mit unserer Sense bewaffnet losgezogen, um die Switch-Version des Titels einem Test zu unterziehen. Was euch dabei im Nachleben erwartet, erfahrt ihr im Folgenden.

Kampf dem Burnout

Mit dem Anfang des Universums entstand auch der Tod und in den ersten paar Milliarden Jahren gab es für ihn kaum etwas zu tun. Doch schon bald entwickelte sich das Leben und mit dem Ende der ersten Lebensform endete auch der Müßiggang des Schnitters, der fortan die Seelen aller Verstorbenen ins Jenseits führen musste. Was aber anfangs noch ein recht lockerer Job war, wurde mit den stetig steigenden Bevölkerungszahlen auf der Erde zu einer kaum zu bewältigenden Aufgabe und schnell wurde dem Tod klar, dass er Hilfe brauchte. Also schuf sich unser Held kurzerhand einen ganzen Haufen Assistenten, gründete die Firma Death Incorporated, um die Verwaltung im Jenseits zu zentralisieren und machte sich als CEO daran, das Ende jedes Lebewesens von seinem Schreibtisch aus zu verwalten. Ein grundsätzlich guter Plan, der anfangs auch funktionierte, bis die Plagegeister, die die einzelnen Abteilungen leiten sollten, sich dazu entschieden, die Todeszahlen eigenständig nach oben zu treiben und ihren Boss damit unter einem Berg aus Arbeit zu begraben. Verzweifelt bemühte sich der Sensenmann, der Aktenflut Herr zu werden, doch auch eine unsterbliche Entität ist vor einem Burnout nicht geschützt und so kam es, wie es kommen musste: Eines besonders arbeitsreichen Tages platzte dem Tod der Kragen und er entschloss sich, den Schreibtisch gegen Umhang und Sense zu tauschen und mit seinen Untergebenen einmal ein ernstes Wörtchen zu reden.

Die Geschichte wird euch in einer Introsequenz vorgestellt und wirkt von Anfang an extrem unterhaltsam. Großen Anteil daran haben neben dem Helden, der in einer perfekten Mischung gleichermaßen niedlich und cool wirkt, auch die vielen freundlichen Mitarbeiter von Death Inc., denen ihr im eigenen Büro und in den Pausenräumen begegnet. In unzähligen Dialogen, die sie zum Teil mit euch und zum Teil miteinander führen, hauchen sie der Handlung Leben ein und schaffen damit zusätzliche Anreize, die Hallen der Firma immer wieder und wieder zu durchstreifen. Dennoch betonen die Entwickler in einem Text am Anfang des Spiels, dass sie toxische und unzumutbare Arbeitsbedingungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und wer im realen Leben selber unter derartigen Situationen zu leiden hat, findet am Ende des Disclaimers einen Link zur Seelsorge, die bei derartigen Problemen Hilfe anbietet. 

Vielfältige Ausrüstung, schwere Bosse und jede Menge Kaffee

Die Befreiung der Firma gestaltet sich als Roguelike im Stil eines klassischen Jump’n’Runs. In weitestgehend zufällig generierten Leveln kämpft ihr euch durch die jeweils sieben Etagen der einzelnen Abteilungen von Death Inc., bis ihr in der jeweils letzten Etage dem leitenden Plagegeist gegenübersteht, der dringend eine Abreibung verdient. Ein kurzes Tutorial am Anfang des Spiels lässt euch die beiden Bewegungsfähigkeiten (den klassischen Sprung sowie einen Dash mit dem ihr Angriffen ausweichen könnt) erlernen und zeigt euch, wie ihr die ersten Gegner fachmännisch zerlegt und euren Ultimate einsetzt, der sich durch erfolgreiche Angriffe auflädt. Danach wirft euch das Spiel direkt ins kalte Wasser und lässt euch als ersten Level auf die Sicherheitsabteilung los, in der alles noch halbwegs entspannt abläuft. Am Ende jeder Etage bietet euch der Fahrstuhl eine Auswahl aus möglichen Themen, die das folgende Stockwerk haben kann, wobei man die Auswahl in drei Möglichkeiten unterteilen kann: In Boss-Etagen trefft ihr entweder auf Thanager (Zwischenbosse) oder Plagegeister (Endbosse). Zwischenetagen enthalten keine Gegner, sondern entweder einen Pausenraum, einen Laden oder den Kontrollraum, in dem ihr Ausrüstung aufwerten könnt. Und zuletzt reguläre Etagen, in denen ihr, je nach Auswahl beim Fahrstuhl, am Ende des Levels einen Gegenstand, eine Verstärkung, Geld, Heilung oder andere Nützlichkeiten finden könnt. Wie die Aufbauten der Level ist auch die Auswahl des Fahrstuhls, von einigen festen Punkten abgesehen, weitestgehend zufällig, womit kein Versuch dem anderen gleicht. Nur vereinzelt kann sich ein kurzes Deja-vu einstellen, wenn das System Etagen beinahe identisch aufbaut. Hier wäre ein wenig mehr Vielfalt im Zufallssystem nicht schlecht gewesen.

Die Kämpfe gegen die regulären Gegner, werden mit der Zeit fordernder, verlaufen aber oft nach dem gleichen Muster: Dem ersten Angriff des Gegners ausweichen, ihn mit mehreren Treffern der Sense betäuben und ihm zuletzt mit weiteren Treffern den Rest geben. Obwohl jede der fünf verfügbaren Sensen, die sich alle unterschiedlich spielen, über unterschiedliche Angriffe verfügt, reicht es oft aus, einfach nur schnell und oft anzugreifen, um einen Gegner zu disziplinieren. Etwas kniffliger wird es in den Arenen, die in regulären Leveln auf euch warten und in denen ihr erst alle Gegner, die in Wellen erscheinen, besiegen müsst, ehe ihr den Raum wieder verlassen könnt. Hier kann es mitunter unübersichtlich werden, wenn euch ein halbes Dutzend Gegner an den Kragen wollen und jedem Angriff auszuweichen ist nur mit gutem Timing und einiger Übung möglich. Hier zeigt sich der Vorteil der einfachen Angriffsmuster, die euch immer wieder Gelegenheit geben, euch auf die Angriffe der Gegner und das entsprechend erforderliche Springen und Ausweichen zu konzentrieren. Neben der Sense habt ihr noch zwei Plätze frei, in denen ihr im Spiel gefundene Waffen oder Zauber ausrüsten könnt und die euch zusätzliche Angriffsmöglichkeiten bieten. Für die Heilung stehen euch Anima-Kugeln zur Verfügung, die ihr nach Bedarf einsetzen könnt sowie heilenden Kaffee, den ihr bei Monstern und in Pausenräumen sowie im Laden findet. Insgesamt ist Heilung aber ziemlich knapp gehalten und es kann sich immer wieder lohnen, einen schweren Gegner zu umgehen und Gesundheit samt Heilung für Bosskämpfe aufzusparen. Bei den Thanagern (Zwischenbossen) und Plagegeistern (Endbossen) ist nämlich endgültig Schluss mit lustig, selbst wenn viele von ihnen mit viel Humor gestaltet wurden. Kein Boss kämpft wie ein anderer, aber jeder von ihnen schlägt schnell und hart zu, sodass erste Konfrontationen oft unweigerlich das Ende des Versuchs einläuten, ehe ihr die jeweils richtige Strategie gefunden habt. Frustresistenz ist in vielen Roguelikes absolut unverzichtbar und wer nicht bereit ist, ein paar Stunden in fruchtlose Versuche zu investieren, um Ausrüstung, Flüche und weitere Boni freizuschalten, wird auch mit Have a nice Death trotz aller Qualitäten wenig Spaß haben.

Nach jeder Niederlage zeigt euch das Spiel, was ihr in dem Versuch alles geleistet habt und honoriert eure Mühen mit ein wenig Erfahrung und Gold. Erfahrung schaltet in 20 Stufen einzelne mehr oder weniger nützliche Funktionen frei, die euch das Leben in euren weiteren Versuchen erleichtern sollen. Dazu gehören zum Beispiel Fahrstühle, mit denen ihr einzelne Abteilungen komplett überspringen könnt, oder aber ein Multiplikator für das in kommenden Versuchen gesammelte Gold. Dieses benötigt ihr, um in eurem Büro, in das ihr nach jedem Spielende zurückkehrt, weitere Ausrüstung freizuschalten, die ihr danach in zukünftigen Versuchen in den Leveln finden könnt. Der Händler bietet dabei besondere gestaffelte Rabatte an, die an vorherige Leistungen im Spiel gebunden sind. So kann eine Waffe zum Beispiel regulär 1000 Gold kosten, durch das mehrfache Besiegen eines Bosses aber 90% Preisnachlass erhalten und plötzlich nur noch 100 Gold kosten. Die Bedingungen für jeden Posten sind immer ersichtlich und sorgen für zusätzliche Motivation, wenn man “nur mal eben” noch ein paar Gegner auf eine bestimmte Art besiegen will, um sich den nächsten Rabatt zu sichern. Das Spiel behält an dieser Stelle aber eine gewisse Balance und achtet darauf, dass ihr Gegenstände auch so kaufen könnt, ohne euch finanziell zu ruinieren. Der Preisnachlass macht es nur ein wenig einfacher, sich zügig eine breite Auswahl an Gegenständen zu sichern, zumal mit dem Gold auch allerlei kosmetische Gegenstände erstanden werden können, mit denen die Designerin dann Teile der Firma aufwertet.

Neben mehreren Dutzend Waffen und Zaubern gibt es eine extrem breite Palette an Flüchen, die in drei Talentbäumen eure Angriffe, die Verteidigung sowie eure Zauber verbessern können. Diese halten immer nur für den laufenden Versuch und müssen in jedem Spiel neu verdient werden. Da euch aber immer zufällige Flüche angeboten werden, ist es oft nötig, gedanklich schnell umzuschalten und den Spielstil an die verfügbare Ausrüstung anzupassen. Die passende Spielweise kann selbst bei Bossen, die man grundsätzlich beherrscht, den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. 

Wenn ihr Have a nice Death das erste Mal startet, habt ihr in Tods Büro die Möglichkeit, die Schwierigkeit für den nächsten Versuch auf “normal” oder “einfach” zu stellen. Das ist gerade für neue Spieler in der Regel durchaus ausreichend, da das Spiel auch im einfachen Modus noch diverse Anläufe und viele Stunden braucht, ehe man es zum ersten mal erfolgreich durchgespielt hat. Mit der Zeit könnt ihr aber noch 15 (!) weitere Schwierigkeitsgrade freischalten, die vermutlich auch die besten Spieler unter euch an ihre Grenzen bringen werden. Zusätzlich bietet das Spiel sechs unterschiedliche Enden, die freigespielt werden können, sodass ihr mit dem Spiel problemlos hunderte Stunden beschäftigt sein könnt. 

Zwischen Mitarbeitergesprächen und noch mehr Kaffee

Neben den für ein Roguelike obligatorischen Mechaniken, die euch dazu motivieren sollen, das Spiel immer wieder und wieder von vorne zu beginnen, setzt Have a nice Death auch massiv auf seine Welt, die dank der vielen Mitarbeiter des Todes immer wieder für etwas Neues zu haben ist. So kreisen die Dialoge zwischen und während den einzelnen Versuchen um die im Reich des Todes aktuelle Jahreszeit wie Weihnachten oder Halloween, verlorene Schuhe, Mitarbeiterstreiks, Aprilscherze die Einstellung der Klimaanlage oder Wettstreits darüber, wer den meisten Kaffee trinken kann. Auch die letzten Bosskämpfe und deren Ausgänge werden von den Kollegen gelegentlich diskutiert und von den Bossen selber hin und wieder für den einen oder anderen frechen Spruch genutzt. All diese Kommentare bieten auch nach dutzenden Durchläufen noch etwas Neues und sorgen dafür, dass wir während unseres Test immer wieder “noch eine schnelle Runde” mehr spielen wollten. Zusätzlich zu den Dialogen bietet das Spiel viele kleine Eastereggs, die auf alle möglichen Figuren in Film und Fernsehen anspielen. So heißt einer der Zwischenbosse in der Abteilung für Süchte Heisenberg, die Designerin, die euer Büro und den Pausenraum umgestalten kann erinnert an die Designerin Edna aus den “The Impossibles”-Filmen und der Thanager R.J. Barron erinnert an eine Mischung aus der Figur J.R. Ewing aus der Serie “Dallas” und dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Als wäre das an skurrilem Humor nicht genug dürft ihr während jedes Ladebildschirms den Tod in einem Fahrstuhl stehen sehen, während die großartigste Fahrstuhlmusik, die je in einem Videospiel genutzt wurde euch entweder regelmäßig zum Grinsen oder langsam in den Wahnsinn treibt. 

Nicht nur der Tod ist überlastet

Optisch und akustisch zieht Have a nice Death alle Register und präsentiert sich mit toller Grafik, einem großartigen Soundtrack, der das Thema jeder Abteilung passend untermalt, sowie einem zügigen Gameplay, das durch die sehr saubere Steuerung ermöglicht wird. Das funktioniert in weiten Teilen des Spiels super und die meiste Zeit über flitzt ihr mit dem Tod pfeilschnell durch die atmosphärischen Hallen der einzelnen Abteilungen und verteilt mit Umhang und Sense Rügen an die ungehorsamen Mitarbeiter. Nur gelegentlich kommt die Hardware der Nintendo Switch nicht ganz hinterher und sorgt für Einbrüche der Bildrate, die das Gameplay in unserem Test aber nie negativ beeinflusst haben. Ein zwischenzeitlich für die Switch veröffentlichtes Update konnte die Einbrüche außerdem bereits spürbar reduzieren, sodass wir guter Hoffnung sind, dass auch die letzten Ruckler irgendwann der Vergangenheit angehören werden. Die Ladezeiten zwischen den Stockwerken könnten ohne Frage ein wenig kürzer sein, werden vom System aber zeitgleich genutzt, um das Spiel automatisch zu speichern. Im Verlauf von knapp 40 Stunden Testzeit ist das Spiel ein einziges mal abgestürzt und es war eine nette Überraschung, dass wir unseren Versuch am Anfang der Etage direkt fortsetzen konnten. 

Fazit:

Have a nice Death verbindet die üblichen Elemente eines Roguelikes, wie harte Bosskämpfe, ein vielschichtiges Fortschritts-System und zufällig generierte Level mit einer unterhaltsamen Handlung und einem Schauplatz, der auch nach dutzenden Besuchen nicht langweilig wird. Heraus kommt dabei ein Spiel, das zwar (gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden) brutal schwer sein kann, zeitgleich aber nie unfair wird und durch seine Mischung aus Charme und dem erspielten Fortschritt immer wieder dazu motiviert, dem Schnitter bei der Bewältigung seines Burnouts noch ein weiteres mal zur Seite zu stehen. Zwar hat das Spiel an der technischen Front noch ein paar kleine Ecken und Kanten und könnte auch beim Kampf gegen reguläre Gegner und beim Aufbau der Level noch ein wenig mehr Vielfalt vertragen, um mit Spielen wie “Enter the Gungeon” gleichzuziehen. Doch von diesen, zum Teil auf hohem Niveau erjammerten, Kritikpunkten einmal abgesehen, ist Have a nice Death ein sehr gutes Spiel geworden, bei dem Fans des Genres und alle, die eine knackige Herausforderung suchen, bedenkenlos zugreifen können. 

Unsere Wertung:
8.5
Robert Emrich meint: "Witzig, schwer aber für Fans des Genres in jedem Fall einen Versuch wert."
Have a nice Death von Magic Design Studios erscheint am 08.03.2023 für PC und Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Gearbox Publishing zur Verfügung gestellt.
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1 Kommentar:
Jerry)
Jerry
Am 12.04.2023 um 13:56
Absolut nicht meine Art von Spiel, aber cooler Test!^^°
2null3)
2null3
Am 12.04.2023 um 22:40
Danke. :)
Man braucht viel Geduld und ein wenig Masochismus für Roguelikes.