Intruders: Hide and Seek
Intruders: Hide and Seek ist genau genommen kein neues Spiel. Immerhin wurde der Titel des spanischen Entwicklers Tessera Studios bereits 2019 für die XBox One, die PlayStation 4 und den PC veröffentlicht und warb auf den beiden letztgenannten Plattformen mit seiner VR-Funktionalität, durch die das Spielerlebnis noch immersiver und gruseliger werden sollte. Doch jüngst wurde das Spiel nun auch noch für die Nintendo Switch veröffentlicht und gibt euch damit die Gelegenheit, es gut versteckt unter der Bettdecke (noch einmal) zu erleben. Wie spielt sich das Abenteuer auf Nintendos Hybrid-Konsole?
Panik im Panikraum
Es beginnt mit einem Albtraum, den ich in der Rolle der jungen Spielfigur Ben habe: Ich verstecke mich ängstlich in einem Schrank, als mein Verfolger das Zimmer betritt. Zügig durchquert er das Zimmer, öffnet die Schranktür und packt mich. Als ich aufwache, stelle ich fest, dass ich mich mit meiner Schwester Irene und meinen Eltern im Auto befinde. Gemeinsam fahren wir zu unserem Haus. Papa hat in der letzten Woche Umbauarbeiten vornehmen lassen, doch was genau er verändern ließ, wollen uns unsere Eltern nicht verraten. Zuhause angekommen helfe ich der Familie bei ein paar Kleinigkeiten, sehe mich in unserem (riesigen) Haus um und lerne im realen Leben die Steuerung des Spiels kennen. Außerdem erfahre ich einiges über meine Mitmenschen: Irene ist krank und muss regelmäßig Medikamente nehmen, unser Vater ist ihr Arzt und arbeitet für ein Pharmaunternehmen.
Nach dem Abendessen spiele ich mit Irene noch eine Runde Verstecken und lerne dabei weitere Grundlagen des Spiels kennen, ehe es Zeit ist, ins Bett zu gehen. Weil Irene aber nicht schlafen kann, nutzen wir die günstige Gelegenheit, um einen Blick auf die mysteriösen Umbauarbeiten zu werfen und staunen nicht schlecht, als wir uns in einem Panikraum wiederfinden. Über eine hochmoderne Überwachungsanlage können wir das gesamte Haus überblicken und werden nur Momente später Zeugen, wie Einbrecher unsere Eltern überwältigen und die Suche nach uns beginnen. Da die Telefonleitungen von den Schergen gekappt und unsere Eltern gefangen wurden und Irene bald wieder ihre Medikamente brauchen wird, bleibt mir als ihrem großen Bruder keine andere Wahl: Ich muss mich in das Haus schleichen und nach unseren Eltern und Irenes Medizin umsehen, sowie irgendwie Hilfe rufen.
Ab diesem Punkt beginnt das wirkliche Spiel, das euch einen zwei bis drei Stunden langen Thriller präsentiert. Die gelungene englischsprachige Synchronisation, die speziell bei den drei Einbrechern und Irene zum Tragen kommt, verdient hier besonderes Lob und wer mutig genug ist und die Jäger gezielt belauscht, statt Aufgaben zu erledigen, kann einiges über die Figuren lernen. Zusätzlich finden sich überall im Haus versteckte sammelbare Gegenstände, die der Geschichte zusätzlichen Hintergrund verleihen und das Abenteuer noch ein wenig in die Länge ziehen können. Nötig sind diese aber nicht und der wichtigste Teil der Geschichte wird euch so oder so präsentiert. Diverse Zwischensequenzen tragen dafür Sorge. Zu guter (oder auch schlechter) Letzt erwarten euch drei Enden, die aber alle nur von der letzten Entscheidung abhängen, die euer Charakter im Spiel fällen kann. Praktischerweise können die Kapitel des Spiels nach dem ersten Durchspielen einzeln geladen werden, sodass ihr Eure Entscheidung leicht noch einmal neu fällen könnt, wenn euch euer gewähltes Ende nicht gefällt. Das nimmt dem Spiel zwar seinen Wiederspielwert (von dem es eh nicht allzu viel bietet), ist aber nett gedacht und spart euch Zeit.
Die Furcht weicht der Routine
Das Spielprinzip von Intruders: Hide and Seek ist leicht erklärt: Erledigt überall im Haus Aufgaben, um eurer Familie zu helfen und lasst euch dabei bloß nicht erwischen. Um durch das Haus zu kommen, könnt ihr rennen, gehen oder kriechen, wobei ihr nur im Kriechgang leise und ungesehen durch die Gegend schleichen könnt, weswegen die anderen beiden Gangarten nur im Labor und dem Panikraum in Fragen kommen, in denen die Einbrecher euch nie finden oder erreichen können. Als Werkzeuge besitzt ihr außerdem noch eine Taschenlampe, ein Funkgerät (über das Irene euch über eure aktuelle Mission informiert) und eine Karte des Hauses, auf der euer Standort und das jeweilige Ziel markiert sind. Außerdem findet ihr in den meisten Räumen mindestens einen Schrank, in dem ihr euch verstecken und durch die Lamellen der Tür den Raum vor euch beobachten könnt. Vergleichbares kennen Genrefans vielleicht schon aus Spielen wie “Alien Isolation” oder “Dead by Daylight”. Im Schrank versteckt, müsst ihr unter Umständen ein zusätzliches Minispiel absolvieren, bei dem ihr im richtigen Takt eine Schultertaste drücken müsst, um euren Puls und damit eure Panik zu reduzieren, da ihr euch im Schrank sonst verraten würdet. Tatsächlich sind wir dem Minispiel aber im Laufe des Tests nur ein einziges Mal begegnet: Nämlich während es uns vorgestellt wurde, beim Versteckspiel mit unserer Schwester.
Hier zeigt sich bereits das Kernproblem des Spiels, das dem Titel, trotz des interessanten Grundkonzepts, das sprichwörtliche Wasser abgräbt: Viele Ideen und Gameplay-Elemente wurden entweder nicht zu Ende gedacht oder nicht zufriedenstellend umgesetzt. Zum Beispiel deutet die “Game Over”-Sequenz an, dass die Verfolger euch umbringen, wenn sie euch erwischen, obwohl kaum ersichtlich ist, warum sie einen unbewaffneten und ihnen in jeder Hinsicht unterlegenen Jungen umbringen sollten - ein Verhalten, das auch dem späteren Verlauf der Handlung klar widerspricht. Auch die Entscheidung der Entwickler, Zielorte und Objekte auf der Karte und im Spiel klar zu markieren, ist ein zweischneidiges Schwert. Denn natürlich ist es nett, wenn ich zum Beispiel Irenes Zimmer auf der Karte markiert bekomme und nicht noch die drei anderen Schlafzimmer im Haus durchsuchen muss, auch wenn diese ebenfalls auf der Karte klar verzeichnet sind. Doch bei einem Spiel mit drei Stunden Umfang hätte man uns gerne ein paar Minuten länger schwitzen lassen können. Gänzlich unüberlegt hingegen war die Gestaltung der Tastenbelegung, bei der die Tasten A und B zwischen Menü und Spiel die Funktion tauschen. Sprich: Während ihr im Menü Einstellungen mit A bestätigt und mit B abbrecht, führt ihr Aktionen im Spiel mit B aus und brecht sie mit A ab. Ein Schnitzer, der uns mehr als ein Leben gekostet hat, während wir mit der falschen Taste erfolglos versucht haben, uns in einem Schrank zu verstecken.
Das größte Problem des Spiels ist aber die K.I. der Einbrecher, die einfach nicht schlau genug realisiert wurde, um das Gefühl der Angst über die Dauer des Spiels aufrecht erhalten zu können. So patrouillieren die Figuren bei jeder Mission auf festen Routen, von denen sie (solange sie keinen Verdacht schöpfen) nur minimal abweichen, und der Lichtstrahl ihrer Taschenlampen macht es relativ einfach, sie auch aus weiterer Entfernung zu entdecken. Habt ihr erst einmal alle drei Figuren und deren aktuelle Routen ausgemacht, ist es oft kein Problem, einen Weg auf die andere Seite des Hauses zu finden. Bei mindestens einer gescripteten Gelegenheit wissen die Eindringlinge sogar, in welchem Zimmer ihr euch befindet und schaffen es trotzdem nicht, euch zu finden, was den fragwürdigen Eindruck der K.I. noch verstärkt. Zufälligere Bewegungsmuster und ein intelligenteres Jagdverhalten hätten bei der Immersion Wunder wirken können. So weicht die Furcht irgendwann dem Gefühl, Aufgaben nach “Trial and Error”-Prinzip abzuarbeiten. Werdet ihr doch einmal erwischt, ist das Spiel für euch nahezu unweigerlich aus. Einmal von einem der Einbrecher gesichtet, beginnt direkt eine unbarmherzige Verfolgungsjagd, bei der ihr eine minimale Chance habt, euch außerhalb des Sichtfeldes eures Jägers in einen Schrank zu retten. Da Ben aber nicht sonderlich schnell zu Fuß ist und Verstecke nicht immer zu finden sind, ist es in der Regel oft einfacher, sich erwischen zu lassen und am letzten Speicherpunkt noch einmal zu beginnen. Das Spiel speichert euren Fortschritt automatisch, sodass ihr durch eine Niederlage selten mehr als ein paar Minuten Spielzeit verliert.
Akustisch toll, davon abgesehen solide
Technisch leistet Intruders, von der erwähnten vertauschten Tastenbelegung abgesehen, solide Arbeit. Der akustische Part, der in solchen Spielen oft besonders wichtig ist, hat uns gut gefallen und liefert neben der tollen, wenn auch englischsprachigen Synchronisation und dem atmosphärischen Soundtrack ein paar gute Soundeffekte. Mit Kopfhörern konnten wir die Position der Einbrecher oft schon anhand ihrer Schrittgeräusche ungefähr ausmachen, obwohl die Switch hier technisch bedingt nicht die ideale Plattform bietet. Auch die Grafik geht in weiten Teilen in Ordnung, wobei die Lichteffekte ein wenig mehr Liebe hätten vertragen können, nachdem sich die Engine im größtenteils düsteren Haus schon kein Bein ausreißen muss. Ein weiterer Punkt auf der Liste der Dinge, die dem Titel den Wind aus dem Segel nehmen.
Fazit:
Intruders: Hide and Seek bietet eine interessante Geschichte, die die Furcht durch die realitätsnahe Situation der Charaktere erschaffen will: Keine Außerirdischen, die euch durch ein Raumschiff jagen. Kein Serienmörder, der sich mit euch in einer Arena in einer anderen Dimension ein Katz-und-Maus-Spiel liefert. Nur ein paar Einbrecher, die euch und euren Liebsten im trauten Heim nach dem Leben trachten.
Was wie eine gute Ausgangssituation für einen Abend mit Dauergänsehaut klingt und sich in den ersten Momenten auch so anfühlt, verkommt mit der Zeit leider zu einem nüchternen Abarbeiten von Aufgaben - nicht zuletzt dank der vergleichsweise simplen K.I. und anderer Designelemente des Spiels, die die Atmosphäre untergraben. Der geringe Umfang und der kaum vorhandene Wiederspielwert tun ihr übriges und machen Intruders zu einem Titel, der für Fans und Einsteiger in das Thriller/Horror-Genre vielleicht ganz interessant ist. Wer sich aber wirklich fürchten möchte, sollte es an anderer Stelle versuchen.