Test

Mario + Rabbids Sparks of Hope

Von Robert Emrich am 22.10.2022

Wer hätte 2006 ahnen können, dass sich die Hasen aus dem Partyspiel “Rayman Raving Rabbids” in solche Stars verwandeln würden? Mit einer Mischung aus stumpfer Einfältigkeit, Gewaltbereitschaft, einem sehr eingeschränkten Vokabular und jeder Menge selbstironischem Humor schrien sich die weißen Fell-Chaoten in die Herzen vieler Spieler, lange bevor an vergleichbare Charaktere wie die Minions auch nur zu denken war. Und vermutlich könnten wir uns heute vor “Bwaaaaaaaaaaaah” kreischendem Merchandise gar nicht mehr retten, wenn Ubisoft das Potential der Charaktere direkt erkannt und die Pelztiere nicht nur als Prügelknaben für Raymans Party-Spiele genutzt hätte. So fristeten sie in der ersten Dekade ihres Daseins ein Leben im Schatten, bis irgendein kluger Kopf auf die Idee kam, die kleinen Anti-Helden mit Nintendos größten Helden (Sorry, Link) in einen Topf zu werfen und daraus ein Strategie-Spiel für die zu der Zeit noch junge Nintendo Switch zu machen. Die Rechnung ging voll auf und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Nachfolger am Horizont abzeichnen würde, um den Spielern mehr Freude und den Entwicklern mehr Umsatz (und damit auch Freude) zu bereiten. Jetzt ist dieser Moment da und wir haben uns den jüngsten Teil mit Pümpel, Karotte und Blaster im Anschlag einmal genauer angesehen.

Bwaaaaaaaaaaaaaah - Interstellar

Die Geschichte beginnt, wie für Mario-Spiele üblich, mit Friede, Freude und eitel Sonnenschein. Mario, seine Freunde sowie die Rabbids verbringen einen friedlichen Tag im Pilz-Palast, wo sie das Leben genießen und (im Rahmen eines Intros) Rabbid-Marios Hose suchen, als ohne Vorwarnung hasenohrige Sterne vom Himmel fallen. Auf der Flucht vor einem riesigen Weltraum-Manta und seiner mysteriösen Herrscherin Miasma suchen die kleinen Rabbid-Lumas Hilfe bei Mario und seinen Mitstreitern. Die Helden und Heldinnen lassen natürlich sofort alles stehen und liegen, zum einen um den Sternen in Not zur Seite zu stehen und zum anderen, um herauszufinden, was mit Rosalina, der aus den “Mario Galaxy”-Spielen bekannten Prinzessin der Lumas passiert sein könnte. Von der fehlt nämlich jede Spur und als wäre das noch nicht schlimm genug, scheint auch Miasma nicht weniger als die Eroberung der Galaxis im Sinn zu haben. Die kosmische und übermächtige Bedrohung bietet den klassischen Auftakt, für den die Spiele der Klempner-Brüder bekannt sind, wird durch den Humor der Rabbid Charaktere aber gekonnt und humorvoll aufgelockert. Trotzdem bleibt die Handlung im zweiten Teil ein wenig bodenständiger, als im Vorgänger und verzichtet dieses mal auf die Meta-Ebene, die die Grundlage für die Vermischung der Spielwelten geschaffen hat. Stattdessen bilden die gegebenen Umstände die Ausgangssituation, in der die Figuren leben und die Grundlage für eine Geschichte, die zwar stark an die “Mario Galaxy”-Spiele erinnert, aber trotzdem für sich alleine stehen kann.

Gewohntes Gameplay mit kleinen und feinen Neuerungen

Nachdem ihr diverse kleinere Übungskämpfe absolviert habt, die euch die grundlegenden Mechaniken des Spiels ein wenig näher bringen, ist eure Mission schnell klar: Finsterzeit-Energie sammeln, um mit ihr Warp-Tunnel zu öffnen durch die ihr zu Miseras Festung kommt. Die Energie findet sich praktischerweise auf diversen Planeten und muss im Rahmen der Haupthandlung erkämpft werden, was das Leben auf den Planeten für die Einwohner ganz nebenbei auch noch merklich verbessert. Zur Auswahl stehen euch in diesem Teil neun statt der vorherigen acht Helden. Neben Mario, Luigi, Peach und deren hasenohrigen Gegenstücken, gesellen sich im Laufe der Handlung auch noch Rabbid-Rosalina, Bowser und die mysteriöse Rebella zu eurer Truppe und erweitern das Gameplay mit ihren Fähigkeiten. Yoshi und sein Gegenstück Rabbid-Yoshi sind dieses mal leider nicht mit von der Partie, was ein wenig schade ist, aber durch die anderen Charaktere ausgeglichen wird (außer natürlich für Yoshi-Fans, die den fehlenden Charakter so verschmerzen müssen).

In den einzelnen Welten könnt ihr euch frei bewegen und diese nach Herzenslust erkunden. Zwar können eure Charaktere nicht springen und dementsprechend nur über Rampen, Leitern und Kanonen höheres Gelände erreichen, doch die einzelnen Gebiete wurden mit viel Liebe gestaltet und es macht einfach Spaß, sich die überschaubar großen Gebiete einmal genauer anzusehen. Tatsächlich fühlt sich die Steuerung von Mario so vertraut an, dass man fast Lust bekommen könnte, die Wii samt “Mario Galaxy”-Spielen noch einmal aus der Kiste zu holen.

An besonderen für Quests wichtigen Stellen oder aber wenn ihr mit einem der feindlichen NPCs in Kontakt kommt, wechselt das Spiel in den Kampfmodus, in dem ihr in der Regel zwei oder drei eurer Helden in rundenbasierten Kämpfen in die Schlacht führt. Hier gilt es dann, eine vom Spiel gestellte Aufgabe, etwa alle Gegner zu besiegen, einen bestimmten Teil der Karte zu erreichen oder schlicht für einige Runden zu überleben zu erledigen. In den meisten Kämpfen könnt ihr, bevor es richtig losgeht, in aller Ruhe alles mögliche einstellen und anpassen, um die gegebene Situation optimal meistern zu können. Neben euren Kämpfern und dem Schwierigkeitsgrad könnt ihr außerdem entscheiden, welche Sparks (der Name den die Charaktere im Spiel den Rabbid-Lumas geben) ihr mitnehmen wollt. Insgesamt sind mehr als 30 unterschiedliche Sparks im Spiel zu finden und jeder verfügt über eine andere Fähigkeit, die der Held, dem der Spark zugeteilt ist nutzen kann. Da jeder Held immer nur einen Spark mit sich führen kann und ihr die kleinen Begleiter außerhalb des Kampfes beliebig neu verteilen könnt, müsst ihr genau abwägen, welchen Helden ihr mit welcher Fähigkeit ausstattet. Zum Glück ist die Lernkurve des Spiels auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad angenehm moderat, sodass ihr im Laufe der ersten Welt auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad erst spät auf nennenswerte Hürden stoßt. Im Laufe des Spiels werden die Kämpfe aber natürlich immer fordernder und dank des außerhalb der Kämpfe änderbaren Schwierigkeitsgrades kann das Spiel, je nach Anspruch, noch ein wenig schwerer, aber auch noch ein wenig einfacher gemacht werden. Überstandene Kämpfe belohnen eure Helden nicht nur mit Gold für den Itemkauf und Sternteilen, um die Sparks aufzuwerten, sondern auch mit Charaktererfahrung, durch die eure Charaktere neue Level und damit stärkere Fähigkeiten erhalten können. Da die Erfahrung immer an alle Helden des Teams verteilt wird, entsteht zwischen den Charakteren kein Machtgefälle. Das hat auf der einen Seite den Vorteil, dass ihr die Figuren tatsächlich jederzeit problemlos wechseln könnt, nimmt dem Spiel aber auch ein wenig Wiederspielwert.

In den ersten 25 bis 50 Stunden, die ihr je nach Schwierigkeitsgrad und Quest-Laune für den Abschluss des Spiels braucht, soll das aber nicht euer Problem sein. Die Welten bieten neben den regulären Kämpfen allerlei kleine Nebenmissionen, sodass sich die Planeten trotz ihrer überschaubaren Größe nicht leer oder eintönig anfühlen. Gelegentlich erinnert die Aufgabendichte an die Ubisoft-Formel der vergangenen Zeiten, bleibt dabei dann aber doch so moderat, dass man im besten (oder schlimmsten?) Fall von einer Light-Version der Formel sprechen könnte. Spätestens nach acht bis zehn Stunden ist eine Welt komplett erforscht und befreit und die wenigen sammelbaren Buchseiten können direkt beim Händler des Gebiets gekauft werden. So reiht sich auch die Aufgabendichte letztlich in den sehr guten Eindruck ein, den das Spiel in fast allen Belangen macht. Die Kämpfe sind knackig und unterhaltsam und haben dank der K.I. der Gegner und den Fähigkeiten der unterschiedlichen Helden eine großartige strategische Dichte. Jeder Held fühlt sich auf seine Weise wertig an und während einige Helden-Kombinationen eindeutig effizienter als andere sind, dürfte es doch keinen Helden geben, der nicht in irgendeiner Konstellation einen wertvollen Beitrag leisten kann. Dass der Titel dabei trotz allem komplett einsteigerfreundlich bleibt, spricht für die Sorgfalt und den Feinschliff, mit der Ubisoft und Nintendo den zweiten Teil zu einer würdigen Fortsetzung des hervorragenden Vorgängers gemacht haben.

Technisch super - aber nur für Einzelspieler

Wenn es um die wichtigen hauseigenen Charaktere geht, überlässt Nintendo bekanntlich nichts dem Zufall und so muss man über die Technik des Spiels eigentlich nicht viel sagen. Sparks of Hope kitzelt wie erwartet Höchstleitungen aus der Switch und gehört damit eindeutig zu den hübscheren Titeln, die ihr euch auf die Konsole laden könnt. Natürlich muss auch anmerken, dass der rundenbasierte Spielfluss das Spieltempo auf einem moderaten Level hält, sodass ein direkter Vergleich mit anderen schnellen Spielen Letzteren gegenüber nicht ganz fair wäre. Dennoch macht es viel Spaß, abseits der Kämpfe die Welten zu erkunden, die sowohl auf dem Fernseher als auch auf der Konsole einfach nur toll aussehen. Der Soundtrack lässt zwar wahre Ohrwürmer vermissen, klingt aber in jeder Situation toll und passend und (ja, auch das ist wichtig) schafft es, auch nach mehreren Stunden im Spiel immer noch frisch zu wirken. Als besondere Neuigkeit haben es stark gekürzte Sprachausgaben der im Spiel lesbaren Dialoge in das Spiel geschafft, die zwar den Inhalt der Texte nicht komplett wiedergeben, das klassische “Mario” von Peach oder den legendären Slogan “Let’s-a go” um Längen schlagen. Dass diese Textfetzen in den meisten Fällen von Hasen formuliert werden, wird zumindest Traditionalisten freuen. Es zeigt aber auch, dass Nintendos Spiele theoretisch auch mit einer echten Sprachausgabe funktionieren könnten.

Zwischen all dem Lob gibt es aber auch schlechte Nachrichten - zumindest wenn ihr die freigeschalteten Missionen des Vorgängers gerne mit Freunden im Koop gespielt habt. Sparks of Hope ist ein reiner Einzelspieler-Titel und bietet euch dementsprechend keine Möglichkeit, um mit Freunden in die Schlacht zu ziehen. Ein Schritt in eine fragwürdige Richtung, der ein Feature entfernt, das bereits im Vorgänger vergleichsweise stiefmütterlich behandelt wurde und dem Titel mit einer besseren Verfügbarkeit einen klaren Mehrwert verschafft hätte. In allen anderen Belangen läuft das Spiel aber wie erwartet. Anständige Ladezeiten und eine Steuerung, die in allen Situationen problemlos funktioniert, runden den sehr guten technischen Eindruck des Titels ab, sodass vom schmerzlich vermissten Mehrspieler-Modus abgesehen keine Wünsche unerfüllt bleiben. 

Fazit:

Mario + Rabbids Sparks of Hope erfindet das Rad der rundenbasierten Strategiespiele nicht neu, bietet aber mehr von dem unterhaltsamen Gameplay mit dem schon der Vorgänger punkten konnte und schafft es sogar dem Spiel ein paar neue und durchweg gelungene Impulse zu verpassen. Die Handlung ist, obwohl oder vielleicht auch gerade weil sie sich ein wenig bodenständiger als im ersten Teil gibt, sehr sympathisch und schafft eine tolle Atmosphäre in der Marios Gang und die Hasen auf Augenhöhe agieren und Seite an Seite in die Schlacht ziehen, ohne einem Spiel-Universum den Vorzug zu geben - auch wenn Marios Popularität die Balance mit Leichtigkeit über den Haufen hätte werfen können.

Ein kleiner Wermutstropfen ist der aus dem Spiel genommene Koop-Modus, der unserer Meinung nach eher mehr als weniger Priorität verdient hätte, um die Missionen auch beim ersten Spielen kooperativ bestreiten zu können. Und auch Yoshi hätte gerne Teil des Kaders bleiben dürfen und wird schmerzlich vermisst werden. Doch auch so ist Mario + Rabbids Sparks of Hope wieder ein großartiges und gut ausbalanciertes Spiel geworden, das dank mehrerer Schwierigkeitsgrade neuen und alten Freunden rundenbasierter Kämpfe das eine oder andere Grinsen ins Gesicht zaubern dürfte. Kein Pflichtkauf, aber in jedem Fall sein Geld wert.

Unsere Wertung:
8.5
Robert Emrich meint: "Eine rundum gelungene Fortsetzung, die noch mehr genialen Wahnsinn mit Mario und den Rabbids bietet."
Mario + Rabbids Sparks of Hope von Ubisoft erscheint am 20.10.2022 für Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Ubisoft zur Verfügung gestellt.
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1 Kommentar:
TraxDave)
TraxDave
Am 31.10.2022 um 14:33
No Yoshi, no Party. Spaß beiseite: Hab den Erstling gemocht, da es sich streng genommen aber um einen Ubisoft-Titel handelt, fällt das Game relativ gut im Preis und demnach warte ich ab mit dem Kauf.
Guter und umfangreicher Test btw. :)