Test

The Cruel King and the Great Hero

Von Robert Emrich am 26.03.2022

Der vergangene Monat hat sich für Rollenspieler aller Altersgruppen eindeutig gelohnt. Nachdem mit Elden Ring zuerst die Freunde von düsteren Welten neue Spielekost erhielten, wurde es mit Triangle Strategy und Egglia Rebirth etwas bunter und entspannter. Jetzt hat Nippon Ichi Software das uns vorliegende JRPG The Cruel King and the Great Hero für die Nintendo Switch und die Playstation 4 veröffentlicht, das mit einer niedlichen Handlung und handgezeichneten Grafiken auch die jüngsten (und natürlich auch die junggebliebenen) Spieler unter euch ansprechen will. Wie sich der Titel bei dem Versuch schlägt, verrät unser Test.

Drachen, eine Prinzessin und andere Monster

Die kleine Prinzessin Yuu lebt seit dem Tod ihres Vaters, einem großen Helden und Kämpfer für das Gute, in der Obhut des großen Drachenkönigs, der sich liebevoll um das kleine Mädchen kümmert, während er nebenbei über die Monster des Königreiches herrscht. Den ebenfalls im Königreich lebenden Menschen gehen die Monster weitestgehend aus dem Weg. Grundsätzlich herrscht aber Frieden zwischen den beiden Völkern und Yuu verbringt ihre Tage mit kleineren Abenteuern und den Gute-Nacht-Geschichten über die Heldentaten ihres Vaters, die der Drache ihr jeden Abend vor dem Schlafen gehen erzählt. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass Yuu gerne in die Fußstapfen ihres Vaters treten möchte und sich eines Tages auf den Weg macht, um so vielen Monstern im Königreich ihres Zieh-Vaters wie möglich bei ihren großen und kleinen Problemen zu helfen.

Wer an dieser Stelle auf das Auftauchen eines großen Bösewichtes oder einer anderen Motivation für die Handlung wartet, wird leider enttäuscht. Das Spiels erinnert gerade in den ersten Stunden an eine Geschichte aus einem Kinderbuch, die im weiteren Verlauf an Inhalt gewinnt, dabei aber nie zu tiefgründig wird oder das sprichwörtliche Rad neu erfindet. Den Anspruch stellt The Cruel King and the Great Hero aber auch gar nicht an sich selber, und trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihrer Einfachheit hat die Geschichte einen ganz eigenen Charme, dem auch wir uns aufgrund der sehr schönen Präsentation nur schwer entziehen konnten. Zwischen all den epischen Schlachten in anderen Spielen ist es hin und wieder einfach schön, in einer Quest den Streit zwischen Bären und Bienen zu schlichten. Den Freunden großer Geschichten unter euch wird das aber kaum reichen.

Ein Element der Handlung, das besondere Erwähnung verdient, ist die Vater-Tochter-Beziehung zwischen Yuu und dem Drachenkönig, der sich durchgehend liebevoll um sein Mündel kümmert und diesem heimlich zur Seite steht. So könnt ihr ihn während der Kämpfe, die Yuu bestreitet, immer wieder versteckt im Hintergrund dabei beobachten, wie er die Kämpfe beobachtet, sich über Siege freut und gelegentlich sogar hilft. Denn wenn Yuu zum Beispiel mit ihrem besonderen Flammenschlag angreifen möchte und ihr Schwert vorher hoch in die Luft streckt, ist es eben der Drache, der das Schwert von allen unbemerkt aus dem Hintergrund entzündet. Dass nicht einmal Yuu von dieser Hilfe weiß, damit ihr Glaube an ihre Kräfte nicht erschüttert wird ist einer der vielen kleinen Kniffe, die dem Spiel seinen Charme verleihen, selbst wenn der Titel oberflächlich betrachtet nur wenig Neues bietet.

Die Light-Version altbewährter Kost

Spielerisch entspricht The Cruel King and the Great Hero in allen Aspekten einem klassischen JRPG. Ihr wandert alleine oder mit NPC-Kämpfern, die euch im Rahmen einer Mission unterstützen, durch eure Welt, die in einzelne Räume aufgeteilt ist und werdet vom Spiel immer wieder in rundenbasierte Kämpfe mit Monstern, die nicht zum Königreich eures Drachen-Vaters gehören, verwickelt. Wie in solchen Spielen üblich, könnt ihr in jeder Runde für jeden Charakter in eurer Gruppe zwischen unterschiedlichen Angriffen und anderen Aktionen wie der Verteidigung, Heilung oder sogar Flucht wählen. Yuu hat außerdem die Möglichkeit, einen Gegner im Kampf eine Runde lang zu beobachten, um einen Hinweis auf seine Schwäche zu erhalten, mit der ihr den Gegner leichter besiegen könnt. Kämpfe enden mit der Flucht oder der Niederlage einer der beiden Parteien. Bei einem Sieg erhaltet ihr Erfahrung und Beute und in regelmäßigen neue Level, die eure Charakterwerte steigern. Im Zuge der Vereinfachung könnt ihr die Attribute nicht nach eigenem Wunsch steigern. Statt dessen legt das System für euch fest, in welchen Bereichen, eure Figuren besser werden. Außerdem erhaltet ihr von besiegten Gegner ein wenig Geld mit dem ihr Ausrüstung und verbrauchbare Gegenstände kaufen könnt. Beides könnt ihr aber auch aus Truhen in der Welt oder durch die Erledigung von Quests erhalten. Ähnlich wie das Level-System ist auch das Menü für die anlegbare Ausrüstung sehr vereinfacht und bietet für jeden Charakter vier fest definierte Ausrüstungsplätze in die nur für den Charakter passende Ausrüstung angelegt werden kann. Das macht es für junge Spieler leichter, die Übersicht zu behalten, nimmt dem Spiel aber ein weiteres mal die Tiefe, die es für erfahrene Rollerspieler interessant machen könnte.

These boots are made for walking

Mit steigendem Level und neuer Ausrüstung werdet ihr naturgemäß immer mächtiger, was dazu führt, dass die ohnehin nur vereinzelt fordernden Kämpfe besonders in den Anfangsgebieten, die ihr immer mal wieder besuchen müsst, zur Fleißarbeit verkommen. Um dem entgegenzuwirken, darf Yuu in Gebieten, denen sie entwachsen ist, schneller laufen, was weniger Kämpfe provoziert, und nach einigen Stunden auch Schnellreise-Punkte benutzen. Das sind nett gemeinte Mechaniken, die aber leider wenig daran ändern, dass der Spielfluss mit der Zeit deutlich zäher wird. Immer wieder müsst ihr für einzelne Aufgaben in das Dorf der Monster oder zum Schlafen sogar in die Start-Höhle eures Drachen-Vaters zurücklaufen. Die wenigen Punkte des Schnellreise-Systems liegen zu weit auseinander, um in jedem Fall von Nutzen zu sein. Dass die damit erzielte Entschleunigung durchaus auch erwünscht ist, wird durch den entspannten Soundtrack deutlich. An dem Eindruck, dass man die Spielzeit von Yuus Abenteuer deutlich hätte reduzieren können, ohne dem Spiel Substanz zu nehmen ändert das aber nichts.

So werdet ihr für die reine Handlung knappe 15 Stunden brauchen und könnt dann noch einmal 45 Stunden damit verbringen, optionale Erfolge und Aufgaben zu erledigen. Ein durchaus ansehnlicher Umfang für ein Spiel dieser Preisklasse.

Do you speak Japanese?

Technisch liefert das Abenteuer von Yuu und ihren Freunden grundsolide Arbeit ab und läuft auf der Switch nahezu durchgehend flüssig. Bei zwei Gelegenheiten während unseres mehrstündigen Tests fror das Spiel ohne ersichtlichen Grund ein und musste in einem Fall neu gestartet werden. Dank der angenehm schnellen Ladezeiten und des regelmäßigen automatischen Speicherns ging aber kein Fortschritt im Spiel verloren.

Die 2,5D-Grafik mit ihren handgezeichneten Landschaften und Charakteren wird zu jeder Zeit scharf dargestellt und von einem tollen Soundtrack begleitet, der nur bei den vielen Kämpfen etwas abwechslungsreicher sein könnte. Auch die zweckmäßig belegte Steuerung funktioniert tadellos und gibt keinen Grund zu Beschwerde.

Während das Spiel also in nahezu allen technischen Bereichen sehr gut oder zufriedenstellend arbeitet, ist es letztlich die mangelnde Lokalisierung, die dafür sorgt, dass der Titel nicht jedem von euch empfohlen werden kann. Die Sprachausgabe der Erzählerin, die euch regelmäßig die Rahmenhandlung beschreibt, ist ausschließlich auf Japanisch verfügbar und während man diese Entscheidung noch als Stilmittel gutheißen kann, sind auch die Untertitel nur auf Japanisch oder Englisch abrufbar. Beherrscht ihr also keine der beiden Sprachen, verpasst ihr dementsprechend den allergrößten Teil der Handlung, die in einem Rollenspiel ja ein tragendes Element ist. Dieselbe Einschränkung gilt auch für die meisten Kinder im deutschsprachigen Raum, was besonders schade ist, da die Aufmachung des Spiels eigentlich dazu einlädt, es gemeinsam mit den eigenen Jüngsten zu erleben. So bleibt diese Freude wohl den Junggebliebenen mit den passenden Sprachkenntnissen unter euch vorbehalten.

Fazit:

The Cruel King and the Great Hero spielt seine Stärken voll aus und präsentiert ein JRPG-Abenteuer, dessen Charme euch aus jeder Ecke des Spiels regelrecht anspringt. Die niedlichen Charaktere, die wunderschönen Landschaften und die kindgerecht aufbereitete Geschichte entführen euch in eine bunte Märchenwelt und nicht selten fühlten wir uns während unseres Tests wieder wie ein kleines Kind, dem eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen wird.

Leider kann die ausgezeichnete Präsentation aber nicht die vereinzelten inhaltlichen Schwächen des Titels verbergen. Lange Laufwege, regelmäßiges Backtracking und zum Teil wenig fordernde oder sich wiederholende Kämpfe bringen den Spielfluss immer wieder ins Stocken. Und auch die fehlende deutsche Übersetzung kann Probleme bereiten, da ihr der Handlung ohne Kenntnisse der englischen oder japanischen Sprache kaum folgen könnt.

Somit ist The Cruel King and the Great Hero trotz all seiner Qualitäten ein Nischentitel, der vornehmlich für beinharte JRPG-Fans und sprachkundige Genre-Neulinge interessant ist und eben diesen Spielergruppe ohne Frage auch viel Spaß machen kann. Für alle anderen finden sich zum Glück mehr als genug hochwertige Alternativen, die auf der Switch gespielt werden können. 

Unsere Wertung:
7.0
Robert Emrich meint: "Stellenweise etwas zu ruhig und friedlich. Davon abgesehen aber sehr schön und für Genre-Einsteiger und Fans interessant."
The Cruel King and the Great Hero von Nippon Ichi Software erscheint am 11.03.2022 für PlayStation 4 und Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Koch Media zur Verfügung gestellt.
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1 Kommentar:
Denios)
Denios
Am 27.03.2022 um 22:32
klingt eigentlich ganz cool, aber leider keine Zeit :O
und Triangle Strategy halte ich irgendwie nicht für das richtige Beispiel für ein "buntes und entspanntes" Spiel :D