Test

Dynasty Warriors 9: Empires

Von Robert Emrich am 23.02.2022

Mit der unbeirrten Konsequenz der Gezeiten hat es sich Koei Tecmo in den letzten 20 Jahren zur Aufgabe gemacht, jedes neue Dynasty Warriors im Anschluss noch mindestens einmal als “Xtreme Legends” oder “Empires” Version herauszubringen. Wobei die “Xtreme Legends” Version einer mit zusätzlichen Charakteren und Szenarien erweiterten Version des Grundspiels entspricht, während ihr in den “Empires”-Spielen neben den Kämpfen euer Reich verwalten und ein wenig Rollenspiel betreiben könnt. Ein Konzept, das Musou- und Strategie-Rollenspiel-Fans gleichermaßen regelmäßig mit neuen Inhalten versorgt und sich für das Studio dementsprechend auszahlt. Jetzt ist jetzt mit Dynasty Warriors 9: Legends nach beinahe vier Jahren die Strategie-Rollenspiel-Fassung des ebenfalls von uns getesteten neunten Teils der Serie auf allen gängigen Plattformen erschienen. Wir haben das Werk einmal auf der Nintendo Switch angespielt und verraten euch in unserem Test, ob sich das Beharren auf Veröffentlichungs-Traditionen, ungeachtet aller Kritiken am Grundspiel, für euch oder die Serie lohnt.

Eine Überfülle an Geschichte

Das von Koei ins Leben gerufene Genre der Musou-Spiele in denen ihr über Schlachtfelder spurtet und aberdutzende Gegner auf einmal vernichtet, wird den meisten Nintendo-Spielern vermutlich aus Titeln wie “Hyrule Warriors” oder “Fire Emblem Warriors” bekannt sein. Doch auch abseits der Kooperationen mit Nintendo entwickelt das Studio fleißig eigene Werke, die sich je nach Spieleserie mit unterschiedlichen Themen oder historischen Perioden befassen. 

So behandelt die “Dynasty-Warriors”-Reihe eine Epoche in der Chinesischen Geschichte, die als “Die Zeit der drei Reiche” bekannt ist und (grob) zwischen den Jahren 184 und 280 datiert wurde. Mit dem Ende der herrschenden Han-Dynastie zerfiel China in drei um die Vorherrschaft kämpfende Reiche, bis letztlich die Jin-Dynastie siegte und das Land wieder vereinte. Festgehalten wurden die Ereignisse der damaligen Zeit in dem Werk “Die Geschichte der Drei Reiche”, das mit beinahe 1000 Charakteren und 800.000 Wörtern (das entspricht etwa den ersten sechs Harry-Potter-Bänden) zu den bedeutendsten Werken der chinesischen Literatur gehört. Nun aber zurück zu den Spielen.

Dass die einzelnen Teile der Spieleserie nicht Abschnitte der Epoche, sondern jeweils den kompletten Konflikt historisch möglichst korrekt behandeln, kann für neue Spieler zuerst einmal seltsam wirken. Doch die immer umfassendere Erzählung der immer gleichen Geschichte gehört zum Charme der Spiele, die mit jedem Teil nicht nur umfangreicher, sondern auch an den aktuellen Stand der Technik angepasst werden. Neue Charaktere und Szenarien bieten immer wieder andere Betrachtungswinkel auf die Epoche. Und zusätzliche optionale Szenarios, in denen die historischen Vorgaben nicht ganz so ernst genommen werden, bieten euch ein Füllhorn an Spielinhalten, das für Jahre ausreichen sollte.

Doch gerade dieser Umfang ist eines der großen Probleme der aktuellen “Empires”-Version. Denn während Kenner bereits wissen, was sie erwartet, werden Neueinsteiger vom mittlerweile monströsen Umfang der Geschichte bedingungslos erschlagen. Mit dutzenden Provinzen und hunderten Charakteren, die ihr in jedem Kapitel auswählen könnt, bietet das Spiel euch die Freiheit, nahezu jede zumindest minimal relevante Person aus der vergangenen Zeit spielen zu können. Ohne roten Faden verschwimmen all diese Möglichkeiten für neue Spieler aber zu einer nur mit extrem viel Mühe durchschaubaren Masse, sodass die Immersion auf der Strecke bleibt.

Es ist nicht einfach, König zu sein

Auch im Spiel selber haben es Neulinge nicht immer einfach. Drei Tutorials bringen euch anschaulich alles wichtige zum Musou-Teil des Spiels bei, sodass ihr in den Kämpfen schnell einen Überblick erhaltet und schon nach kurzer Zeit wie ein Sturm durch die Massen der Gegner auf dem Schlachtfeld fegt. Wie üblich in Musou-Spielen müsst ihr dabei strategisch wichtige Gebiete einnehmen, indem ihr zuerst eine vom Spiel definierte Zahl an Soldaten umhaut und euch am Ende um einen oder mehrere feindliche Generäle kümmert, die so wie ihr deutlich stärker als die einfachen Soldaten sind. Da die feindlichen Truppen umgekehrt dasselbe bei den von euch besetzten strategischen Punkten versuchen, verschieben sich die Fronten im Verlauf der Schlacht immer weiter. Geschwindigkeit und die richtige Strategie sind in der Regel der Schlüssel, um den Verlauf der Kämpfe letztlich für euch zu entscheiden und, je nach Mission, die Angreifer abzuwehren oder die Festung der Gegner einzunehmen. 

Im Verwaltungs- und Rollenspiel-Teil, der die Veröffentlichung dieser Version des Spiels ja eigentlich rechtfertigen soll, sieht es dagegen vergleichsweise trist aus. Schlichte Menüs lassen euch euer Reich regieren, Allianzen schmieden und Taktiken ausarbeiten, ohne sich die Mühe zu machen, euch mehr als das Minimum zu erklären. Das nicht vorhandene visuelle Feedback, das man zum Beispiel mit kurzen Animationen und Zwischensequenzen hätte realisieren können, sorgt außerdem dafür, dass ihr selber herausfinden müsst, ob eure Entscheidungen als Herrscher klug waren oder nicht. Der Fairness halber wollen wir anmerken, dass ihr mit der Zeit durchaus einen gewissen Überblick über die Verwaltung und eure Möglichkeiten als Herrscher gewinnen könnt und die Kontrolle des Reiches ab diesem Punkt auch ganz anständig funktioniert. Doch der Charme des Menüs, der nur knapp über dem einer Excel-Tabelle liegt, fordert euch bis dahin beinhartes Durchhaltevermögen ab. Fans der vorherigen “Empires”-Spiele werden mit der Verwaltung so gut wie schon in den Vorgängern klar kommen. Doch auch sie erwarten einige Neuerungen.

Mehr Rollenspiel, weniger Kampf

Als erster Teil der Serie bietet euch Empires die Möglichkeit des Spazierganges, bei der euer Charakter mit verbündeten und bisher ungebundenen Offizieren durch die Gegend wandert und die Beziehung zu ihnen ausbaut. Mit der Zeit könnt ihr euch auf diesem Weg bei euren Partnern immer beliebter machen und diese sogar heiraten und mit ihnen Kinder zeugen. Ein insgesamt netter Ansatz, der es Rollenspielern erlaubt, fernab der tatsächlichen Geschichte eine ganz eigene Dynastie zu gründen. Mit dem Charaktereditor könnt ihr euch im freien Spiel dafür sogar einen ganz eigenen Charakter mit von euch ausgewählten Fähigkeiten erstellen und müsst nicht auf eine vorgefertigten Figur zurückgreifen. Auch die in Dynasty Warriors 9 neu eingeführte Open World ist wieder im Spiel enthalten. Nachdem sich die Kritiken über die chaotisch in der Welt herumlaufenden Gegner aber häuften, hat Koei Tecmo diese in dieser Version des Spiels einfach allesamt und ersatzlos entfernt. Was übrig bleibt ist ein gähnend leeres China in dem sich einige Spaziergänger aufhalten und den Modus zum Inbegriff eines Walking-Simulators machen. 

In den Kämpfen werden Fans der vorherigen Teile ebenfalls die eine oder andere Änderung bemerken, denn die Kontrolle über die Charaktere wurde ein wenig gestrafft und damit vereinfacht. Ein zweischneidiges Schwert, das die Kämpfe für Anfänger einfacher macht, dem Spiel langfristig aber einen Teil seiner Tiefe nimmt, wenn ihr die Angriffstasten beinahe wahllos drücken könnt. Selbst der grundsätzlich umfangreiche Charaktereditor schafft es leider nicht ohne Kritik durch unseren Test, da wir die Körper unserer Figuren zwar beliebig anpassen können, der Großteil der im Spiel verfügbaren Kleidung aber Teil eines DLCs ist, das mit den aktuell geforderten 40 Euro kaum gerechtfertigt werden kann. In der Summe konnte uns alleine der Spaziergang als kurzweilige Neuerung für Rollenspieler überzeugen, während alle anderen technischen Entwicklungen, die die Spielreihe in den letzten acht Jahren seit dem letzten Teil durchmachen durfte, dem Spiel keinen Gefallen getan haben. 

Ach du grüne Neune!

Ein Musou-Spiel auf einer Nintendo-Konsole war schon immer eine heikle Sache. Hunderte Gegner auf einmal zu animieren ist auch heute noch auf vielen Plattformen nicht einfach und Systeme wie die Switch benötigen in solchen Fällen wie so oft noch ein wenig mehr Optimierung als die stärkeren Plattformen von Sony und Microsoft. Wer uns kennt, weiß, dass wir die technischen Umstände der oftmals grafisch schwächeren Switch-Versionen von Spielen in vielen unserer Tests entsprechend berücksichtigen. Und doch lässt sich auch mit zwei zugedrückten Augen kaum erklären, was dem neuen Dynasty Warriors wohl zugestoßen ist, dass es eine derart reduzierte Optik verdient. Vergleicht man es mit den unter der Aufsicht von Eiji Aonuma entwickelten “Hyrule-Warriors”-Spielen für die WiiU und die Switch, könnte man mutmaßen, dass die Entwickler, befreit von Nintendos strenger Aufsicht einfach alle Grafikeinstellungen auf das Minimum gestellt haben und dann nach Hause gegangen sind. Verwaschene und zum Teil beinahe einfarbig wirkende Texturen, minimal gestaltete Umgebungen und zu spät geladene Gegenstände, die plötzlich im Bild erscheinen sorgen zwar für eine (beinahe) stabile Bildrate, lassen das Spiel aber unnötig alt aussehen. Feinschliff wäre hier nicht nur nett, sondern dringend nötig gewesen.

In allen anderen Belangen schlägt sich das Spiel gut und bietet einen schönen Soundtrack und eine gut funktionierende Steuerung mit der ihr euren Charakter mitsamt seinen Untergebenen gut unter Kontrolle behalten könnt. Aus unbekannten Gründen schickt euch das Spiel öfter als es nötig scheint in den Ladebildschirm. Dieser ist aber in den meisten Fällen zumindest angenehm kurz und damit weniger störend.

Fazit:

Trotz all dem Spaß, den Musou-Spiele grundsätzlich machen können, ist Dynasty Warriors 9: Empires ein Spiel, das kaum jemanden glücklich machen wird. Neulinge, die mit dem aktuellsten Teil gerne in die Serie einsteigen möchten, werden vom undurchsichtigen Strategie-Modus vor den Kopf gestoßen. Erfahrene Fans dürften von den für Anfänger in Gefechten vereinfachten Kampfmechaniken schnell gelangweilt sein. Und Rollenspieler vergrault das Spiel mit einer leeren begehbaren Welt und der reduzierten Ausrüstung im Charaktereditor, die erst mit einem DLC vollständig verfügbar ist. Selbst beinharte Langzeit Fans kann die Switch-Version des Titels vermutlich nicht abholen, da diese in der Regel eine andere Konsole besitzen, auf der das Spiel mit Sicherheit zumindest ein wenig ansprechender aussehen und laufen dürfte.

Es bleibt zu hoffen, dass Koei Tecmo eines Tages Dynasty Warriors 10 veröffentlicht, bis dahin aus seinen Fehlern gelernt hat und die Reihe wieder zu alter Größe zurück führt. Bis es aber soweit ist, solltet ihr euch bei akutem Musou-Hunger auf der Switch mit einem der beiden Hyrule Warriors Titel oder Fire Emblem Warriors vergnügen.

Wir danken Koei Tecmo für die Bereitstellung des Testmusters.
Von uns getestet: Nintendo-Switch-Version

Unsere Wertung:
4.5
Robert Emrich meint: "Dynasty Warriors 9: Empires besticht durch die Konsequenz mit der die Fehler des Grundspiels übernommen und verfeinert wurden."
Dynasty Warriors 9: Empires von Omega Force erscheint am 15.02.2022 für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Koei Tecmo zur Verfügung gestellt.
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3 Kommentare:
Denios)
Denios
Am 23.02.2022 um 09:53
Anscheinend stecken OmegaForce all ihre Energie in die Warriors-Spinoffs :D finde ich persönlich aber gut, ich mag das Gameplay, kloppe mich aber lieber mit Zelda-, FE- oder DQ-Helden als mit 159 chinesischen Dudes, die ich alle nicht kenne
Matthew1990)
Matthew1990
Am 23.02.2022 um 15:36
Ich werde wohl auch eher bei Hyrule bzw. Fire Emblem Warriors bleiben.
Tobsen)
Tobsen
Am 23.02.2022 um 21:22
Bei Musous hole ich nur noch die Sachen, die mich massivst interessieren. Persona 5 zB. Das hier war jetzt nichts, aber auch die anderen "nur" guten hole ich nicht. Dazu gibt es zu viel geile Spiele.
Denios)
Denios
Am 23.02.2022 um 21:27
Hyrule- und Fire Emblem Warriors sind aber geil
Tobsen)
Tobsen
Am 23.02.2022 um 22:30
Fand HW jetzt eher gut als geil. So bissl Arslan-esque.
Denios)
Denios
Am 24.02.2022 um 01:03
ich fands super episch, hab getriple-dippt (WiiU, 3DS, Switch) und bisher insgesamt 210h reingesteckt - und es werden definitiv noch mehr