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Preview: Rolled Out!

Von Andreas Held am 25.03.2021

Crowdfunding-Kampagne mit Nostalgiebonus

Wenige Dinge sind unter Videospiele-Fans so ungeliebt wie das Verhalten großer Publisher, die auf den Rechten für große IPs sitzen, diese jedoch nicht mehr mit neuen Releases weiterführen. Die so geschaffenen Marktlücken können immer wieder durch kleine, unabhängige Entwickler - manchmal sogar unter Beteiligung großer Namen, die an den Originalen mitgewirkt haben - ausgenutzt werden: Yooka-Laylee, Bloodstained, Axiom Verge oder Mighty No. 9 haben sich sehr offensichtlich an Spieleserien orientiert, die seit Jahren keine Nachfolger mehr erhalten haben, aber trotzdem auf eine immer noch aktive Fan-Basis setzen können. Dank der großen Menge an zahlungswilligen Fans, die von den Publishern ignoriert werden, konnten viele dieser Projekte auf Crowdfunding-Webseiten riesige Erfolge feiern.

Eines davon ist Rolled Out!, das Anfang 2019 auf Indiegogo um Spenden buhlte. Das Projekt wurde von einem Super-Monkey-Ball-Speedrunner gestartet, der zuvor schon zwei ROM-Hacks für den Gamecube-Titel Super Monkey Ball 2 entwickelt hatte. Die Vision des Projekts war eindeutig: Der ursprünglich von Amusement Vision entwickelte Titel sollte endlich wieder einen würdigen Nachfolger im Stil der beiden Gamecube-Originale erhalten, nachdem die Serie von SEGA erst Verballhornt und dann komplett eingestampft wurde. Rolled Out! schoss auf Indiegogo durch die Decke, sodass dem geplanten Release im Winter 2019/2020 nichts mehr im Weg zu stehen schien. 

In einem bemerkenswerten zeitlichen Zusammenhang mit dieser erfolgreichen Kampagne machte SEGA übrigens tatsächlich eine Neuankündigung zu Super Monkey Ball - veröffentlichte dann jedoch lediglich eine Switch-Portierung des unbeliebten Wii-Titels Banana Blitz in HD. Dieser ging komplett unter, während sich ein Remake der Gamecube-Originale sicherlich blendend gut verkauft hätte.

Vielversprechender Early-Access-Release

Nach dem Ende der Indiegogo-Kampagne wurde es um Rolled Out! sehr schnell sehr still. Es sollte über zwei Jahre dauern, bis der Titel endlich auf Steam verfügbar gemacht wurde - und dann auch nicht als Vollversion, sondern als Early-Access-Version, die (nach jetzigem Stand) irgendwann 2022 fertiggestellt werden soll. Die nun veröffentlichte Version 0.5 des Titels wirkt vor allem in den Menüs noch extrem unfertig: Es gibt keine Musik und keine Soundeffekte, Kernfeatures wie das Score-Tracking funktionieren noch nicht und alles sieht irgendwie extrem provisorisch aus. Wer sich durch die Menüs fummelt, findet derzeit im Arcade-Modus drei Kurse mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad und Umfang - insgesamt 150 Levels können so gespielt werden. Wenn euch dabei die Extraleben ausgehen, erhaltet ihr einfach 99.999 weitere Leben geschenkt - ein Game Over gibt es also (noch) nicht. Somit gibt es in der aktuellen Version abseits eines einmaligen Durchspielens aller Levels, das uns etwa zwei Stunden lang beschäftigen wird, noch nichts zu tun.

Immerhin: Sobald wir uns im Spiel befinden, legt sich der schlechte Ersteindruck der Hauptmenüs sehr schnell. Rolled Out! ist schon jetzt spielerisch und handwerklich ausgereift, sodass sich Fans der Gamecube-Klassiker sofort heimisch fühlen werden. Tatsächlich orientiert sich der Indie-Titel derart eng an Super Monkey Ball, dass rechtliche Streitereien mit SEGA nicht völlig ausgeschlossen sind. Rolled Out! spielt sich eher wie ein ROM-Hack seines Vorbilds als ein eigenständiges Spiel. Die Qualität des Leveldesigns kann ebenfalls als sehr gut bezeichnet werden und überzeugt vielerorts mit innovativen Ideen, z.B. an Super Mario Galaxy angelehnte Schwerkraft-Spielereien. Lediglich beim Schwierigkeitsgrad halten sich die Entwickler derzeit noch zurück - der 75 Levels umfassende Challenge-Kurs setzt uns zwar immer wieder mal einen echten Brocken vor, aber die meisten Levels können problemlos beim ersten Versuch bewältigt werden.

Das vielleicht wichtigste Feature von Rolled Out! dürfte jedoch die Möglichkeit zur Entwicklung eigener Levels bzw. dem Herunterladen derselben sein. Dank eines extra entwickelten Plugins für die 3D-Software Blender kann jeder, der sich in die Thematik einarbeiten möchte, schon jetzt eigene Kurse kreieren und teilen. In späteren Versionen soll es dann auch möglich sein, neue Levels innerhalb des Spiels zu suchen und herunterzuladen. Wahrscheinlich werden nur die wenigsten Spieler Lust darauf haben, sich in Blender einzuarbeiten, um eigene Levels zu erschaffen; wir können jedoch davon ausgehen, dass Rolled Out! mittel- und langfristig eine bärenstarke Modding-Community an sich binden wird, die die Versorgung mit neuen Herausforderungen über Jahre hinweg sicherstellt.

FAZIT:

Zum jetzigen Zeitpunkt lohnt sich der Kauf von Rolled Out! wirklich kaum. Zu einem recht saftigen Kaufpreis bekommen wir momentan eigentlich nur eine Demoversion, die abgesehen von der recht hohen Anzahl an Levels eher wenig mit einer Vollversion gemeinsam hat. Der Early-Access-Release zeigt jedoch, dass die Entwickler ihre eigentliche und schwierigste Aufgabe - das Nachprogrammieren von Super Monkey Ball - bereits mit Bravour gemeistert haben. Der Look & Feel von Rolled Out! ist seinem Vorbild derart ähnlich, dass wir tatsächlich das Gefühl haben, ein echtes Super Monkey Ball 3 zu spielen. Wer genug Nostalgie mit dem Pate stehenden SEGA-Franchise verbindet, könnte nach dem Start des Indie-Titels also durchaus dieselbe kindliche Freude empfinden, die Viele beim ersten Durchspielen von Mega Man 9 erfahren haben. Spätestens wenn das Herunterladen User-generierter Levels mit wenigen Klicks irgendwann möglich ist und eine hinreichend große Modding-Community regelmäßig neue Inhalte spendiert, sollte jeder Fan von Super Monkey Ball unbedingt einen Blick auf Rolled Out! werfen.

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