Kommentar: Google gibt Stadia auf
Ohne ein eigenes Spiel auf den Markt gebracht zu haben, stellt Google den First-Party-Support ein und möchte sich nur noch auf das Anbieten der Streaming-Technologie konzentrieren. Nachdem ich im Mai 2020 noch Hoffnung auf Besserung hatte, meine ich nun: Google gibt den Service auf!
Google stellt First-Party-Support ein
Jade Raymond, ehemalige Leiterin von Stadia, hat das Unternehmen verlassen und möchte sich neuen Herausforderungen widmen. Gleichzeitig schließt das sogenannte Games-&-Entertainment-Studio, was im Grunde dem Ende der Exklusivproduktionen für den Streaming-Service gleichkommt. Exklusivspiele? Bis auf das Adventure Gylt von Entwickler Tequila Works, das übrigens nur zeitexklusiv erschien, gab es für Google Stadia noch keine und es lässt sich nur vermuten, was Google selbst in der Pipeline gehabt haben könnte. Nach der Schließung des internen Entwicklungsstudios werden wir kein einziges First-Party-Spiel für den Dienst zu sehen bekommen. Die Plattform soll zwar weiter betrieben und durch Dritthersteller am Leben gehalten werden, allerdings sehen wir hier bereits das Anfang vom Ende.
Erst im März 2019 hatte Google den Service offiziell vorgestellt und vor allem denjenigen Gamern eine interessante Aussicht auf ein Next-Gen-Spieleerlebnis gegeben, die sich eine teure Hardware in Zukunft nicht anschaffen möchten oder können. Mit jedem PC oder Laptop, egal wie alt, sollte es möglich sein, so der Werbeslogan, Spiele in 4K-Auflösung und 60fps zu erleben - in Zukunft sogar mit 8K-Auflösung und 120fps, das alles ohne zusätzliche Hardware. Der Grundgedanke hörte sich verlockend an, immerhin wurden nicht nur exklusive Spiele versprochen, sondern mit Jade Raymond und Phil Harrison auch erfahrenes Personal an Land gezogen. Alles schien angerichtet: Das Unternehmen Google hat Geld wie Heu, ein Konzept, das vielversprechend klingt und Personal, das auch im Stande sein müsste, das Konzept an den Kunden zu bringen. Die klare Kampfansage: Es gibt zwei Milliarden Menschen, die über kurz oder lang auf Videospiele zugreifen können - die wollen wir haben.
Jeder Service braucht Spiele
Doch vielleicht hat man in Mountain View, Kalifornien bei all den Überlegungen eine Sache nicht bedacht. Ein toller Service ist die Grundvoraussetzung für ein Projekt wie Google Stadia - aber die Spiele müssen ebenfalls passen. Jetzt könnte man sagen: Es gibt Red Dead Redemption 2, Destiny 2 oder die Vorabversion von Baldur's Gate 3. Aber das bekomme ich auf anderen Systemen auch - teils deutlich günstiger als bei Google. Wo bleiben die Exklusivtitel? Wo bleiben die Spiele, die ein System, einen Service oder eine Konsole zum Kaufgrund machen? Hier hat es Google versäumt, das viele Geld vernünftig auszugeben. Hätte man sich das eine oder andere Spielestudio gekrallt (Microsoft lässt grüßen), dann müsste man sich in spätestens ein bis zwei Jahren keine Gedanken mehr um exklusive Produktionen machen.
Jetzt hat Google also seine exklusiven Spiele im Prinzip aufgegeben, da es kaum vorzustellen ist, dass ein externes Studio ohne einen erheblichen finanziellen Anreiz ein Spiel exklusiv für diesen angeschlagenen Service herausbringt. Vor allem, nachdem viele Indie-Entwickler neben der geringen Nutzeranzahl genau hier die Probleme des Services sehen. Jedoch wirkt die Strategie, komplett auf Dritthersteller-Support zu setzen, wie eine Verzweiflungstat, bei der ich mir nicht einmal sicher bin, ob Google weiß, was sie da tun. Streaming-Services entwachsen nämlich gerade den Kinderschuhen und wenngleich Google auch das erste Unternehmen war, dass einen solchen Service brauchbar ins Wohnzimmer geliefert hat, so muss man nun in Richtung der Konkurrenz blicken und konkludieren, dass da in Zukunft nur noch wenig Platz für einen Service ohne Exklusivspiele sein wird. Amazon hat Luna ins Rennen geschickt und wird angesichts der bereits investierten Summen sicherlich nicht den gleichen Fehler in Sachen First-Party-Studio machen, zumal hier mit Ubisoft bereits ein potenter Partner mit im Boot sitzt. Microsoft hat xCloud und über deren Support brauchen wir kaum diskutieren, dieser Service wird schon alleine durch den prall gefüllten Gamepass getragen.
Ausblick
Was kann Google jetzt noch tun, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen? Immerhin: Der Service ist nach wie vor gut. Der Controller ist klasse und der Dienst bringt immer mehr nützliche Funktionen mit sich. Wenn die schon zu Beginn versprochene YouTube-Anbindung endlich mal implementiert werden würde, das Angebot für die monatlichen Spiele verbessert wird und Google die Preispolitik überdenkt, dann könnte zumindest ein Grundgerüst geschaffen werden, um Kunden eine interessante Alternative zu einem 1.000 Euro Gaming PC zu bieten. Und mit vernünftigen User-Zahlen des Services wären auch wieder genügend Dritthersteller bereit, Stadia von sich aus zu unterstützen. Dann kommt es auf Google selbst an, wie viel Liebe man in das Produkt steckt und ob man sich in Zukunft vielleicht doch wieder an Exklusiv-Produktionen wagt. Dafür müssen Studios her, das viele Geld muss also endlich sinnvoll ausgegeben werden. Oder aber Google macht es wie immer, wenn etwas nicht funktioniert: Sie lassen den Service langsam aber sicher untergehen und das wäre nicht fair gegenüber den Kunden, die von Anfang an an das Produkt geglaubt haben. Kunden wie mir.
Spielestreaming ist nicht tot, es beginnt gerade erst!
Und wer richtig Kohle hat, braucht Stadia nicht mehr.
Ich hab's letztlich bisher nur für Cyberpunk geholt, weil es da billiger war, als den Rechner aufzurüsten und stabiler als auf den älteren Konsolen lief. Ob ich jetzt aber noch mehr Geld in einen Service pumpe, der selber Zweifel an seiner Existenz hat, bleibt abzuwarten.
@2null3: Kosten für eine schnelle Internetverbindung sehe ich hier nicht als Problem. Leute mit Kabelanschluss haben fast immer deutlich mehr als nötig und etwaige Probleme bei der Geschwindigkeit über DSL liegen dann IMO mehr am nicht vorhandenen Ausbau als an den Kosten.
So ironisch das klingt, aber Googles „Aufgabe“ könnte der wahre Game Changer werden. Firmen wie EA und Squarr Enix hatten ja bekanntlich Pläne für eigene Cloudstreamingdienste, konnten die Infrastruktur und den Technikaufwand aber nicht stemmen. Mit dem white labeling von Stadie könnte aber bald jeder Publisher sein eigens Abo anbieten und so ihre Games völlig unabhängig von PC Stores oder Konsolenlizenzkosten anbieten. Das könnte zu einer breiten Abolandschaft führen, wie wir sie im Filmstreaming Markt erleben.
Nach etwas Bedenkzeit glaube ich mittlerweile, dass Google hier die richtige Entscheidung getroffrn haben. Stadia als Plattform ist in ein Fettnäpfchen nach dem anderen getreten, aber die Technik ist Stadias größte Stärke und mit 4K HDR nach wie vor marktführend.
Muss man nicht kennen aber der Artikel wurde von Jade Raymond geteilt, was sie vermutlich nicht tun würde wenn das reinster Bullshit wäre. Ich finde halt wenn man einen Artikel zu dem ganzen verfasst und die Neuasrichtung außen vor lässt fehlt halt die Hälfte. Klar muss diese Neuausrichtung nicht erfolgreich sein, aber das primär Ziel ist nun halt nicht die Dritthersteller auf die Stadiaplattform zu bekommen sondern die Stadia Tech zu den Drittherstellern. Das sollte man in so einem Artikel thematisieren. Wird hier (leider wie bei den meisten Artikeln) aber nicht gemacht. Dabei möchte ich aber gar nicht bestreiten, dass Stadia als Endkundenplattform dem Tode geweiht ist. Google hat dabei in keinster Weise seine Vorversprechungen zu irgend einer Zeit erfüllt und war in der Kommunikation katastrophal. Doch jetzt nehmen sie das einzig gute an dem Service und lenken den ganzen Fokus darauf und das ohne, dass Publisher ihre Spiele im fremden Store unter komplizierten Preismodelle anbieten müssen. Neben den offensichtlichen Fail ist das doch ein echt interessantes Thema, oder?
Da Control für die Switch eine gratis Probeversion enthält, habe ich mich dafür entschieden und ausprobiert...und es war furchtbar. Vielleicht liegt's ja an der Switch, ich habe keine Ahnung wo das Spiel berechnet wird, jedenfalls war es für mich eigentlich unspielbar. Leider habe ich kein Kabel-Internet, aber Downloadrate sollte mit 250-300mbit/s kein Problem sein.
Ich will damit nur sagen: Falls Stadia wirklich über so starke Technik verfügt, dass die Streaming-Defizite ausgeglichen werden, dann glaube ich kann sich Stadia auch in Zukunft ohne eigene "Plattform" etablieren.
Der erste "Hype" war halt in Österreich nicht wirklich ausübbar und mittlerweile ist mein Interesse etwas abgeflaut.
Das mit dem Controller war in etwa so gemeint: Der Input-Lag ist generell beim Streaming für mich schon recht grenzwertig. Wenn dann auch noch eine minimale zeitliche Komponente hinzukommt (Drittcontroller per Bluetooth ans Endgerät, statt direkt ins Netz), diese sich dann summiert, dann wird's noch unerträglicher.