NplusX Unplugged: Pictures
Unter dem Weihnachtsbaum liegen bei mir stets einige Spiele. Gut, ich verzichte schon seit Jahren auf einen Weihnachtsbaum und die Spiele sind für gewöhnlich eher digitaler Natur, aber so genau nehmen wir’s ja nicht. Dieses Jahr lag neben den Games ein relativ großer Karton, der werbewirksam mit der Aufschrift „Spiel des Jahres 2020“ versehen war: Das Gesellschaftsspiel Pictures vom PD-Verlag und den Autoren Daniela und Christian Stöhr.
Pictures richtet sich ganz klar an Fans von Spielen wie Tabu oder Activity und ist damit eher für einen geselligen Spieleabend in feucht-fröhlicher Runde als für einen strategischen Schlagabtausch zwischen Taktikfüchsen geeignet. Das Spielprinzip ist dabei, obwohl es an die eben genannten Klassiker erinnert, trotzdem überraschend originell.
Wer den Spielkarton öffnet, findet im Innern unter anderem 91 doppelseitig bedruckte Fotokarten. Davon werden in jeder Runde 16 Stück auf einer Tischfläche ausgebreitet und so mit Fotoauswahlplättchen versehen, dass jede Karte wie beim Spiel „Schiffe Versenken“ einem Buchstaben und einer Nummer zugeordnet werden kann. Das erste Foto der ersten Reihe ist dementsprechend das Foto A1, das erste Foto der zweiten Reihe B1, und so weiter. Die Fotomotive sind dabei völlig willkürlich und zeigen verschiedene Landschaften, Gegenstände und Tiere, nur Personen sind in der Regel nicht zu sehen.
Zusätzlich zu den Fotos sind im Karton noch fünf Materialpäckchen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Das erste Päckchen besteht aus 24 kleinen Farbwürfelchen, das zweite aus sechs Bauklötzchen, das dritte aus verschiedenen Steinen und Stöckchen, das vierte aus 19 Symbol-Karten und das fünfte aus zwei Schnürsenkeln.
Legen und Knobeln
Wie läuft eine Runde Pictures nun also ab? Jeder der maximal fünf Mitspieler bekommt ein Materialpäckchen, mit dem er eine vorgegebene Fotokarte nachstellen muss. Welche Karte das ist bleibt für die anderen Spieler geheim. Die Gegenstände des Materialsets dürfen auf beliebige Art und Weise angeordnet und müssen nicht alle genutzt werden. Ausnahmen gibt es nur für die Symbolkarten (hier dürfen nur zwei bis maximal fünf Karten verwendet werden) und für die Farbwürfelchen, von denen immer genau neun verwendet werden müssen. Das Interessante an der Sache: Die unterschiedlichen Materialien erfordern jeweils eine unterschiedliche Vorgehensweise. Mit den Schnürsenkeln lassen sich beispielsweise die Umrisse bestimmter Motive nachstellen, mit den Farbwürfelchen eher bestimmte Farbvariationen. Die Symbolkarten, die beispielsweise einen Blitz, einen Ball oder ein Häuschen darstellen, erfordern häufig eine ganz andere, komplizierte Denkweise.
Auf einem Notizzettel (im Paket enthalten) notieren alle Spieler anschließend unter dem Namen des jeweiligen Mitspielers ihren Tipp für deren dargestelltes Foto. Das heißt, jeder Mitspieler stellt nicht nur selbst ein Foto nach, sondern muss auch die Fotos der anderen Spieler erraten. Für jedes richtig erratene Foto gibt es einen Punkt.
Am Ende jeder Runde werden die Materialsets im Uhrzeigersinn weitergereicht. Bei weniger als fünf Mitspielern kann entweder die Anzahl der Materialsets reduziert werden, oder bestimmte Materialsets müssen Runden „aussetzen“. Bei fünf Mitspielern endet das Spiel dementsprechend nach fünf Runden, denn dann haben alle jedes Materialset einmal zum Nachstellen eines Fotos genutzt. Die Punkte aller Runden werden zusammengezählt, der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
In unserem Praxistest war Pictures ein voller Erfolg. Das Spielprinzip ist leicht verständlich, aber komplex genug, um doch einiges an Hirnschmalz zu erfordern. Jeder denkt eben anders. Durch die verschiedenen Bilder und vor allem die unterschiedlichen Materialsets fühlt sich jede Runde zudem frisch an, und anders als in beispielsweise Tabu oder Activity, gibt es keine asynchronen Rollen. Das heißt, es gibt nicht einen Spieler, der ein Bild nachstellen muss, während die anderen ungeduldig auf sein Ergebnis warten. Alle legen und knobeln stets gleichzeitig. Es ist also immer jeder beschäftigt.
Nach den ersten fünf Spielrunden beschlossen wir spontan, gleich fünf weitere anzuhängen. Die Zeit verging wie im Flug. Wir können Pictures wirklich nur empfehlen. Und obwohl wir dem PD-Verlag ganz sicher nicht das Geschäft vermasseln möchten, müssen wir an dieser Stelle anmerken: Pictures lässt sich mit überschaubarem Aufwand auch selbst basteln. Wer vielleicht sowieso aufgrund geschlossener Schulen quengelnde Kinder zuhause hat, der kann einfach einen Ausflug in die Natur machen, um dort ein paar Fotos zu schießen und Steine und Stöckchen zu sammeln. Die Farbwürfelchen lassen sich auch mit farbigen Rechtecken aus Papier ersetzen. Die Bauklötze können aus dem Spielzeugkasten des Sohnemanns geliehen oder in vereinfachter Form einfach mit Holz aus dem Baumarkt nachgebaut werden.
Wer es schneller und einfacher mag, kann Pictures hier bestellen.
Viel Spaß!
Ich habe es während des Soft-Lockdowns auch drei, vier Partien lang gespielt, aber das Prinzip nutzt sich mMn doch recht schnell ab. Also es ist schon ganz unterhaltsam, aber doch auch sehr unanspruchsvoll. In Runden mit Kindern oder unkonzentrierten Konstellationen ist es cool, aber für einen "richtigen" Spieleabend mit zwei, drei anderen brettspielinteressierten Personen würde ich persönlich lieber etwas anderes spielen.