Hands-On: Lost Reavers Beta
Lost Reavers ist ein Free-to-play Multiplayer-Onlinespiel von Bandai Namco und exklusiv für Nintendos Wii U erschienen. Diese Wikipedia-artige Erklärung könnte bei diesem Titel wohl nötig sein, dessen momentan laufende Beta ich mir freiwillig angesehen habe. Das bei seiner Enthüllung noch verheißungsvoll "Project Treasure" genannte Projekt ist inzwischen als Lost Reavers in Japan erschienen und startet auch hierzulande am 28. April offiziell. Die Namensänderung begrüße ich sehr, denn einen Schatz kann man bei dem Actionspiel nicht unbedingt erwarten - doch als jemand, der einst Devil's Third testen durfte, habe ich den Tiefpunkt des sich selbst ernstnehmenden Spiele-Line-Ups der Wii U schon erlebt. Oder?
Das von der Unreal Engine 3 befeuerte Free-to-play Spiel unterscheidet sich grafisch gar nicht allzu sehr vom teuflischen Retail-Titel - übertrieben gesagt: die PlayStation 2 lässt grüßen. Lustigerweise ist sogar das Gameplay ähnlich, nur dass Lost Reavers direkt den Einzelspielermodus weglässt. Zusammen mit bis zu drei Mitspielern schießt und schnetzelt man sich durch einen schlauchartig aufgebauten Komplex voller generischer Monster à la Zombie oder Spinne. Am Ende findet sich ein Relikt, das dann den gleichen Weg zurück zum Ausgang gebracht werden muss. Rein, raus, fertig. Ein Witzchen an dieser Stelle verbietet sich natürlich.
Die einzelnen Missionen dauern dabei selten länger als zehn Minuten, gerade zu viert läuft das ganze Kampfgeschehen frustrierend schnell ab. Die Gegner sind zu schwach und das Spiel bietet zu wenige von ihnen, als dass ein Spieler ernsthaft in Schwierigkeiten geraten könnte. Ist ein Charakter doch einmal schwer verletzt, kann er immer noch von seinen Teamkollegen geheilt werden. Zur Auswahl stehen dabei vier verschiedene Figuren, die zwei Spielstile bieten: Fernkampf und Nahkampf, jeweils für Anfänger und Fortgeschrittene. Das klingt doch alles sehr nach normalem Durchschnittsshooter, also kommen wir nun zu den unterdurchschnittlichen Punkten.
Tutorial-Pflicht! Für jeden der vier Charaktere muss zwangsweise das immer gleiche Lernprogramm durchspielt werden. Dieses erklärt die grundsätzliche Steuerung. Zwar dauert es nur etwa vier Minuten, die Charaktere unterscheiden sich aber nicht stark voneinander und eine Option zum Überspringen wäre hier mehr als wünschenswert.
Lag! Klar können Verzögerungen in Onlinespielen immer vorkommen und es wurde in Lost Reavers noch nicht unerträglich nervig, doch wenn man gerade auf einen Gegner schießt und dieser im nächsten Moment schon verschwunden ist, weil sich eine Schwerkämpferin an ihm ausgelassen hat, verschlechtert das ungemein die Spielerfahrung.
KAMERA! Um einen weisen Spiele-Reviewer zu zitieren: "What were they thinking!?" All diejenigen, die gerne einen Fernkämpfer spielen würden, müssen sich auf lange Wartezeiten einstellen... immer dann, wenn sie sich umdrehen wollen. Die Kamera bewegt sich so dermaßen langsam, dass man meist gar nicht die Lust dazu hat, sich umzudrehen, sollte man auf der Minimap hinter sich einen Gegner identifizieren. Schneller geht es da einfach, wenn man rückwärts läuft, um den Zombie ins Visier zu bekommen. Diese Situation verbessert sich schon stark, durch die glücklicherweise gegebene Möglichkeit, die Kamerageschwindigkeit zu erhöhen. Doch selbst dann kann man sich nicht wirklich schnell umschauen und dazu wird eine Umschaubewegung auch immer erst langsam schneller, man ist also nicht direkt von 0 auf 100. Für Nahkämpfer gilt das Problem nicht wirklich, doch ist die höchste Geschwindigkeit gerade noch angenehm für Fernkämpfer, ist sie für die Schwertschwinger viel zu schnell; das erfordert bei jedem Kampfstilwechsel eine neue Einstellung.
Neben diesen größeren Schwächen kommen kleinere Fehler hinzu. Zum Beispiel kann man in einem Raum nicht den "+"-Knopf benutzen, um ein Menü aufzurufen. Alles wird über ein Terminal in der Mitte des Raumes gesteuert, will man den aktuellen Raum verlassen, muss man in dem Missionsmenü auf "Charakterauswahl" drücken. Außerdem besteht GamePad-Pflicht, obwohl das Spiel genauso gut mit dem Pro Controller hätte gesteuert werden können. Ganz typisch Wii U gibt es außerdem nur vorgefertigte Textvorlagen, um sich zu unterhalten, und keinen Voice-Chat. Wohlgemerkt, wir sprechen von einem kooperativen Multiplayer-Action-Spiel.
Natürlich ist nicht alles schlecht, was die Entwickler hier aufs digitale Papier gebracht haben. Die Tastenbelegung lässt sich völlig frei konfigurieren. Schön.
Eine Qual ist es hingegen, mit Freunden zusammen einen Raum zu betreten. Es existieren Filter für Schwierigkeit, Missionsziel und Region, doch auch dann muss man noch durch die offenen Lobbys scrollen, bis man die gewünschte gefunden hat. Manchmal tauchen einige Lobbys erst nach mehrmaligem Suchen auf, außerdem gibt es keine Möglichkeit, eine private Session zu starten - höchstens die Bitte, nicht den Raum zu betreten, lässt sich einstellen. Zu Beginn stehen bei Erstellung eines Raums nur zwei Karten zur Verfügung, hier gibt es aber ab Erreichen von Level 10 mehrere Optionen zur Auswahl.
Es ist beinahe erschreckend und definitiv etwas peinlich, was Bandai Namco hier anbietet. Gerade wenn bedacht wird, dass das Spiel in Japan bereits seit vier Monaten läuft, hätte man offensichtlich notwendige Verbesserungen vornehmen können. So bleibt ein Nischenprodukt für Leute, die gerne Videospiele spielen und Filme wie Sharknado gucken. Der Trashfaktor ist nämlich ohne Zweifel hoch; noch eine Gemeinsamkeit mit Devil's Third.
Witzig: sich in die Abholzone zu stellen, jedesmal zu warten, dass der Countdown für die Abholung "1" erreicht, aus der Zone zu treten, sodass der Timer wieder auf "5" springt, wieder einen Schritt in die Zone zu machen, sodass der Countdown wieder startet und bei "1" abermals einen Schritt aus der Zone zu machen usw. Nicht vergessen darf man, dabei permanent den vorgefertigten Chat-Baustein "Ja." zu spamen.
:D