Kommentar: XBOX Series S - kluger Schachzug oder Eigentor?
Microsoft und Sony bringen Mitte November ihre neuesten Spielekonsolen auf den Markt. Die PlayStation 5 ist in zwei Versionen erhältlich: Mit Laufwerk und ohne. Ansonsten unterscheiden sich die beiden Konsolen technisch nicht. Microsoft geht einen anderen Weg. Die XBOX Series X verspricht die stärkste Heimkonsole aller Zeiten zu werden. Daneben setzt das Unternehmen aus Redmond aber auf eine deutlich abgespeckte und kompaktere Version der Konsole, die zu einem Kampfpreis von 300€ auf den Markt kommt. Der Preis hört sich im ersten Moment verlockend an, schließlich kostet selbst die günstigste Next-Gen-Alternative, die PlayStation 5 ohne Laufwerk, satte 100€ mehr, aber was kann die XBOX Series S? Welche Zielgruppe hat die Konsole? Ist die Konsole ein guter Deal oder ist man mit den großen Geräten doch besser dran?
Die XBOX Series S besitzt wie die Digital Edition der PlayStation 5 kein optisches Laufwerk, darüber hinaus hat sich Microsoft allerdings noch für weitere Einschnitte in die Hardware entschieden. Käufer des weißen Kastens bekommen 10 statt 16 GB Arbeitsspeicher, eine deutlich schlechtere Grafikeinheit, deren Leistung mit 4 statt mit 12 TFLOPS angegeben wird und eine CPU, deren Taktfrequenz bei 3,6 statt 3,8 GHz liegt. Die verbaute SSD bietet außerdem nur halb so viel Speicherplatz wie die der Series X, was besonders angesichts der Tatsache, dass die Series S eine rein digitale Konsole ist, etwas paradox wirkt, aber vermutlich konnte nur so der geringe Preis erreicht werden. Unabhängig von alledem sollen sämtliche XBOX-Spiele künftig aber auf beiden Konsolen laufen. Bis zu 120 Bilder pro Sekunde sind auf der Series S möglich, dazu eine Auflösung von 1440p, die auf 4K hochskaliert wird. Die SSD ermöglicht zudem blitzschnelle Ladezeiten und die Nutzung der sogenannte Quick-Resume-Funktion. Damit lässt sich zwischen mehreren Spielen hin und her wechseln, ohne dass diese komplett neu gestartet werden müssen.
Der allgemeine Tenor scheint zu sein: Core-Gamer greifen zur XBOX Series X. Doch ist das wirklich so? Fakt ist: die XBOX Series X entfaltet ihr volles Potential erst dann, wenn ein 4k-Fernseher im Wohnzimmer steht. Wenn der heimische TV „nur“ eine HD- oder 2k-Auflösung unterstützt, muss nicht zwingend das Topmodell her. Potenzielle Käufer sollten sich zudem fragen, ob sie Spiele in physischer Form brauchen, und in diesem Zusammenhang kommen wir natürlich unweigerlich zum Thema Game Pass. Microsofts Abo-Service bietet ein unglaublich gutes Preis-Leistungsverhältnis. Abonnenten bekommen neben ausgewählten 3rd-Party-Games alle First-Party-Spiele von Microsoft zum jeweiligen Release-Termin ohne zusätzliche Kosten als Download. Das heißt im Klartext aber auch: Wer mit den Spielen im Game Pass zufrieden ist, kann problemlos auf das Laufwerk der Series X verzichten, zumal auch andere Spiele natürlich digital erworben werden können. Gerade für Gamer mit wenig Freizeit könnte die XBOX Series S mit Game Pass einen fantastisch guten Deal darstellen. Aber – und das ist ein großes Aber – der Speicher der Konsole ist klein. Sehr klein. Während die XBOX Series X mit 1TB Speicherplatz ausgerüstet ist, bietet die Series S lediglich 512GB, und ein Teil des Speichers ist bei beiden Konsolen natürlich für das Betriebssystem reserviert, sodass die eben genannten Zahlen in Wirklichkeit noch kleiner sind. Microsoft verspricht zwar, dass Spiele für die Series S etwa 30% weniger Speicherplatz benötigen werden als auf der Series X, aber bedenkt man, dass selbst Spiele der letzten Konsolengeneration nicht selten mehr als 100GB benötigten, ist das nur ein schwacher Trost. Der 2019 veröffentlichte Shooter Call of Duty: Modern Warfare kommt mit allen Patches und DLCs unlängst auf über 200GB benötigten Speicherplatz.
Eine 1TB-Erweiterung für Microsofts Next-Gen-Konsolen kostet etwa 200€ - eher etwas mehr, und spätestens angesichts dieses Preises sollte jeder für sich überlegen, ob er regelmäßig Spiele auf dem Gerät installieren und wieder löschen oder ob er nicht doch mit der größeren SSD der Series X starten möchte. Für den Preis einer XBOX Series S mit zusätzlichem SSD-Speicher ist immerhin auch die Series X mit Laufwerk und voller Power zu haben. Zwar können auch handelsübliche Festplatten über USB an das Gerät angeschlossen werden, aber spätestens dann ist die Next-Gen-Power zumindest teilweise Geschichte.
FAZIT:
Die XBOX Series S ist auf den ersten Blick ein toller Deal und in Anbetracht der Tatsache, dass sowohl PlayStation 5, als auch XBOX Series X komplett ausverkauft sind, wohl die letzte Möglichkeit, direkt zum Launch in die nächste Konsolengeneration einzutauchen. Für 300€ bekommen Gamer zwar nicht die bestmögliche Grafikleistung, aber eine Konsole, die alle aktuellen Spiele in 1440k abspielen kann. Und für den Game Pass ist dieses kleine Gerät wie geschaffen. Die Achillesferse der Series S ist allerdings die geringe Speicherkapazität. Microsofts Entscheidung die rein digitale Konsole mit weniger Speicher auszustatten als das Topmodell, ist unserer Meinung nach fragwürdig. Für Gamer, die sowieso nur an digitalen Spielen interessiert sind und nur ein paar Mal im Jahr neues Spielefutter benötigen, ist die XBOX Series S ideal, für alle anderen eher nicht.