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#Schmerzhaft: Google Stadia

Von Michael Prammer am 06.05.2020

Stadia Connect ist für Google-Fans das Äquivalent zur Nintendo Direct und wird vom Unternehmen dazu genutzt, um Ankündigungen und wichtige Neuerungen des Streaming-Service vorzustellen. So geschehen auch am 28. April 2020 um kurz nach 18 Uhr (MEZ). Die Show war nach 20 Minuten vorbei und während ein Teil der kleinen Stadia-Gemeinschaft sich über die eine oder andere Ankündigung gefreut haben dürfte, ist bei mir nur große Enttäuschung zurückgeblieben. Was Google gezeigt hat, wäre völlig ausreichend, wenn der Service zum Launch wie eine Bombe eingeschlagen hätte, allerdings ist dies offensichtlich nicht der Fall. Das Unternehmen schweigt sich bis heute zu Verkaufszahlen aus.

Ich persönlich zähle zu den ersten Unterstützern des Dienstes. Seit November 2019, also seit Marktstart, nutze ich Stadia. Ich bin ein sogenannter „Founder“, habe stolz die Day-One-Edition gekauft und zahle seit jeher brav meine 10 Euro im Monat, um meine exklusiven Vorteile zu genießen. Mein Plan war, mit Stadia die klassischen Konsolen aus meinem Wohnzimmer zu verbannen. Die Streaming-Lösung sollte die ideale Ergänzung meiner Nintendo-Geräte darstellen. Die Realität sieht anders aus: Meine Xbox One, die zeitweise im Keller verschwunden war, wurde mittlerweile wieder reaktiviert.

Ja, ich bin von Google Stadia enttäuscht und Google macht meiner Meinung nach vieles falsch. 

Nein, ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Aber so eine Stadia Connect, wie sie vergangene Woche gezeigt wurde, fühlt sich wie ein Schlag ins Gesicht an und ich frage mich nun, wieso ich seit Anbeginn der Spiele-Streaming-Zeitrechnung immer pünktlich meinen Monatsbeitrag überweise.

Google scheint aus seinen Fehlern nicht zu lernen - schlimmer noch: Man wird das Gefühl nicht los, dass Google gar nicht mitbekommt, dass Fehler gemacht werden. Es gibt einige Beispiele hierfür und ich muss dabei noch nicht einmal auf die technischen Aspekte eingehen – darüber ließe sich ein eigener Artikel verfassen. Ein Beispiel ist Read Dead Redemption 2. Das Spiel zählt zu den besten aktuellen auf dem Markt verfügbaren Spielen und Stadia hat den Titel seit dem Launch im Portfolio. Das Hauptproblem ist der Preis. Für knapp 20 Euro ist der Western-Hit aktuell im Handel zu bekommen und bald wird der Rockstar-Titel im Xbox Gamepass verfügbar sein, bei Stadia zahlt man hingegen im Moment 47 Euro dafür - wohlgemerkt mit Rabatt. Für das neu angekündigte JRPG Octopath Traveler werden gar 60 Euro fällig, was zwar dem von Nintendo im E-Shop der Switch aufgerufenen Preis entspricht, nicht aber dem im Handel üblichen Preis von unter 50 Euro. Auf Amazon kostet Octopath Traveler zurzeit etwa 48 Euro.

Was nutzt es mir, wenn ich mir zunächst die Anschaffungskosten für teure Hardware spare, danach aber für jedes Spiel einen Premiumpreis zahlen muss?

Und die Spiele sind nicht nur zu teuer – sie sind auch nach wie vor nur in geringer Quantität vorhanden. Rockstar ist offensichtlich an Bord, aber wieso nur mit Red Dead Redemption 2? Wo ist GTA 5? Wer entscheidet, wann und welche Spiele veröffentlicht werden? Wieso werden die Lücken im Portfolio nicht effektiver geschlossen? Zeitexklusive Indiespiele mögen ja ganz nett sein, sind aber gewiss keine Systemseller.

Apropos Systemseller: Baldur's Gate 3 wurde letztes Jahr als DAS Aushängeschild von Stadia angepriesen und war für den einen oder anderen Nutzer des Dienstes sicherlich ein Kaufargument. Was ist mit dem Titel nun? Wieso wurde Baldur’s Gate 3 nicht in der Connect gezeigt? Hat die Corona-Krise die Entwicklung des Spiels beeinflusst? Hätte Google nicht wenigstens einen neuen Trailer zeigen können? Auf Steam erscheint Baldur’s Gate 3 noch dieses Jahr im Early Access, und auf Stadia?

Wie soll es nun weitergehen? 

Immerhin eine Sache hat Google richtig gemacht: Das Pro-Abo wird für zwei Monate gratis zur Verfügung gestellt. Ob diese Maßnahme dauerhaft Kunden anziehen kann, bleibt abzuwarten. Stadia muss mit Spielen auftrumpfen, aber das scheint momentan nur bedingt möglich. Ich bin der Meinung: Es müssen endlich mehr Mainstream-Spiele kommen und sie müssen zu einem fairen, dem Retailmarkt angepassten Preis angeboten werden.

Liebes Google-Team, wenn ihr kein Interesse habt, neue Kundschaft zu gewinnen, dann ist das euer Problem. Aber versucht doch wenigstens uns treue „Founder“ zu behalten. Denn wenn wir gehen, sehe ich schwarz für den Dienst.

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1 Kommentar:
Asinned)
Asinned
Am 06.05.2020 um 19:52
Kleine Korrektur die Entwickler haben bestätigt, dass BG3 zeitgleich auf Steam und Stadia erscheint und das damit der Early Access Release gemeint ist. Dass das gleichzeitig auch die quasi Ankündigung für Stadia Early Access war spricht Bände für Google Kommunikation in der Anfangszeit. Mittlerweile haben sie sich aber gebessert und veröffentlichen 2mal die Woche Statusupdates.

Ansonsten hat Stadia den Start einfach gründlich verdorben und ist weit entfernt der Konsolenkiller zu sein, der es werden will. Verabschiedet man sich aber erstmal von der Vorstellung und schaut sich an was der Service gerade bietet ist das eine echt nette Alternative mit für eine sehr kleine Anzahl an Games. Das schöne ist sowohl die Features als auch die Gamesauswahl steigt gerade kontinuierlich und auch wenn bis zum Konkurrenzstatus noch einen Riesensprung erforderlich ist, hat der Service seine Vorteile. Wenn man den Riesensprung in der Connect erwartet hat, wurde man auf jeden Fall enttäuscht. Ich persönlich würde wenn überhaupt aber eher im E3 Zeitraum damit rechnen.