Test

Overwatch: Legendary Edition (Nintendo Switch)

Von Lars Peterke am 25.10.2019

Immer wenn der kalifornische Entwickler Blizzard ein neues Videospiel veröffentlicht, horcht die gesamte Branche auf. Und das liegt neben der riesigen Beliebtheit von Marken wie Warcraft oder Diablo, im Besonderen an Blizzards Ruf. Ein Blizzard-Spiel geht für den Qualitätsgrad viele Extrameilen, die bei anderen Studios dem Budget zum Opfer fallen würden. Da ist es umso aufregender, wenn Blizzard nicht nur ein neues Spiel, sondern eine ganz neue IP veröffentlicht. Diese neue IP, der teambasierte Helden-Shooter Overwatch, hat inzwischen nun über drei Jahre auf dem Buckel und erscheint jetzt endlich auch für die Nintendo Switch. Wir haben den Port auf Titel auf Herz und Nieren geprüft.

Neue Helden braucht das Land!

Die Rahmenhandlung von Overwatch spielt in der nahen Zukunft auf der Erde. Hier rebellieren Roboter und andere künstliche Intelligenzen gegen ihre Schöpfer. In diesem Setting hat der Spieler eine Fülle an spielbaren Charakteren zur Auswahl. Aus den 21 Charakteren beim Start des Spiels sind inzwischen stattliche 31 geworden. Diese sind durch die für das Spiel irrelevante Story in zwei Lager geteilt: die fiesen Abkömmlinge der Roboter sowie die Beschützertruppe der vereinten Nationen, die Overwatch.

Die Speerspitze der Overwatch bilden die flinke Tracer sowie der äußerst kräftige und kluge Gorilla Winston. Ihnen gegenüber stehen etwa die Scharfschützin Widowmaker oder der Cyber-Ninja Genji. Die komplette Heldenriege präsentiert sich extrem abwechslungsreich und stilistisch hat man die verschiedensten Kulturkreise und Ursprünge in die (nicht-)menschlichen Figuren verarbeitet, sodass für jeden Spieltyp, Fanboy und Fangirl ein passender Held dabei ist. Seit einiger Zeit neu dabei sind unter anderem der Hamster Wrecking Ball, ein besonders mobiler Tank, die Wissenschaftlerin Moira (Support), oder Doomfist, der ganz nach seinem Namen eher ein Mann für das Gröbere ist.

Sie kämpfen nun auf verschiedenen Schauplätzen auf der Welt um die Vorherrschaft. Auch hier hat Blizzard inzwischen nachgelegt. Aus den ursprünglichen 12 Maps zum Launch sind inzwischen stattliche 21 geworden. Dabei handelt es sich immer um Duelle mit sechs Spielern pro Team, bei denen eine Seite den Angriff und die Andere die Verteidigung übernimmt. Die Dynamik der Matches variiert dadurch stark und selbst einzelne Karten spielen sich radikal anders, je nachdem auf welcher Seite ihr in dem Match steht.

Die Qual der Wahl

Die Charaktere in Overwatch unterscheiden sich allesamt in vielerlei Hinsicht. Vor einem Match kann man live mitverfolgen für welche Helden sich die Mitspieler entscheiden. Angreifer sorgen für die nötige Wucht, Tanks stecken Schaden ein und Supporter kümmern sich um die Heilung oder die Verbesserung von Statuswerten der Teamkollegen. Während man in früheren Versionen von Overwatch seinen Helden noch frei wählen dürfte, hat Blizzard das Spiel inzwischen überarbeitet, um ausgeglichene Teams und Matches zu gewährleisten. Nun müsst ihr euch bereits vor dem Spielstart entscheiden, welche Rollen (Tank, Angriff, Support) ihr spielen wollt. Diese Wahl beeinflusst das Matchmaking und sobald ihr einem Match beitretet, werdet ihr einer eurer präferierten Rollen zugeteilt und dürft dann beispielsweise nur noch aus den Tank-Helden wählen.

Im Spiel ist ZR immer mit der Primärwaffe belegt. Hiermit schießt Hanzo mit seinem Bogen, Bastion mit seinem Maschinengewehr oder Pharah mit ihrem Raketenwerfer. ZL ist mit der Sekundäraktion belegt, die nicht immer in Zusammenhang mit der Waffe stehen muss. Reinhardt fährt hier beispielsweise seinen Energieschild aus, Phara fliegt für begrenzte Zeit und Tracer benutzt ihre Teleport-Fähigkeit. 

Zusätzlich zu den zwei Aktionen verfügt jeder Charakter über unterschiedlich viele Skills, die auf den Schultertasten L und R zu finden sind. Nachgeladen wird bei Bedarf mit dem Y-Knopf und der B-Knopf dient zum Springen. Auch hier gibt es Besonderheiten. So ist Soldier 76 der einzige Held mit Sprint-Fähigkeit, während Genji als einziger den Doppelsprung beherrscht. Zu guter Letzt existiert eine stetig steigende Prozentanzeige, die durch gute Spielaktionen noch weiter befeuert werden kann. Erreicht sie das Maximum, kann mit dem X-Knopf die sogenannte Ultimate-Aktion ausgelöst werden. So verwandelt sich Bastion temporär in einen Panzer, Reaper trifft mit seinen Shotguns alle Gegner im näheren Umkreis und Mercy kann eigentlich schon tote Mitspieler wieder ins Spiel zurückholen.

Die neuen Charaktere fügen sich hier perfekt ein und bieten allesamt interessante neue Fähigkeiten, mit denen sich das Meta-Game von Overwatch noch komplexer gestaltet. Einzelne Ultimate-Angriffe können ein ganzes Match kippen und ein einziger gut abgestimmter Team-Move kann eine strauchelnde Truppe in die Overtime retten und doch noch eine Chance auf den Sieg bringen.

Ein Feel-Good-Shooter mit sehr gutem Balancing

Trotz unterschiedlicher Charaktere ist Overwatch sehr gut ausbalanciert. Für jede Aktion eines Helden bietet sich für die Gegner eine passende Kontermöglichkeit. Wer seine Kontrahenten genau beobachtet, findet fast immer einen Weg diese mit einer gekonnten Aktion aus dem Spiel zu nehmen. Zudem bietet sich die Möglichkeit jederzeit den Helden zu wechseln, sofern man sich gerade im Startbereich seines Teams befindet.

Besonders opulente Spielaktionen können unter Umständen als “Moment des Spiels” geadelt und allen Mitspielern nach dem Ende des Matches als Replay präsentiert werden. Und selbst wenn es mal nicht für die beste Spielaktion des Matches reicht, bemüht sich Overwatch jederzeit um positives Feedback. Kills von Gegnern werden prinzipiell allen Spielern angezeigt, die auf irgendeine Art und Weise daran beteiligt waren. Und auf dem Ergebnisschirm werden oft auch passive Aktionen wie das Blocken von Angriffen oder das Heilen von Teammitgliedern herausgestellt. Diese können dann von den übrigen Spielern gevoted werden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit anderen Spielern ein Lob auszuspechen. Erreicht ihr eine neue Stufe, gibt es eine Lootbox als Belohnung. Sie enthält Gegenstände wie Embleme, Avatare, Siegerposen oder alternative Kostüme, mit denen ihr nach und nach eure Heldengalerie vervollständigt. Ein echter Sammeltrieb will dabei aber nicht aufkommen. Den Drang zusätzliche Lootboxen im Shop zu erwerben, dürften wohl die härteren Fans haben, die für ihre Lieblingscharaktere neue Skins freischalten wollen.

Bemerkenswert ist Blizzards Leistung eine positive Spielerfahrung in einem Spiel zu bieten, welches sich einem nicht so verzeihlichen Genre zuordnen lässt. Selbst Shooter-Neulinge können mit einem Support-Charakter Mercy sofort einsteigen, einen gewichtigen Beitrag zum Teamsieg leisten und so erste Erfolge feiern. Als weitere Hilfestellung werden die Helden im Auswahlbildschirm unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zugeordnet. So ist schnell klar, welche Helden besonders für Einsteiger geeignet sind.

Tolles Mapdesign, (teilweise) geringe Modi-Vielfalt

Neben einigen Trainingsmodi kann Overwatch nur auf zwei Arten gespielt werden: dem Schnellspiel oder dem benutzerdefinierten Spiel. Mit dem nötigen Level kommt dann später noch das kompetitive Ranked Play dazu. Im Schnellspiel funktioniert das Matchmaking meist problemlos und ohne längere Wartezeiten. Wir mussten nie länger als eine Minute auf ein Match warten und konnten dann auch immer in voller Teamzahl spielen. Auch die Einbindung von Spielergruppen wurde sehr gut umgesetzt. Nach einem Match kann man für den Verbleib in der Gruppe abstimmen und gegebenenfalls die nächste Runde ebenfalls zusammen bestreiten. Das ist allerdings auch bitter nötig, da Absprachen im Team ungeheuer wichtig sind. 

In den Matches selbst wird in vier Modi gespielt. Im “Assault” muss das angreifende Team zwei Punkte auf der Karte einnehmen, während das gegnerische Team versucht diese Punkte zu verteidigen. In “Escort” muss das attackierende Team ein Fahrzeug (die sogenannte Payload) unter Zeitdruck über mehrere Checkpoints hinweg zum Ziel eskortieren. Die Kontrahenten tun dabei ihr Möglichstes um dies zu verhindern. Der dritte Spielmodus “Assault/Escort” ist lediglich eine Kombination aus den ersten beiden Varianten und im letzten Modus “Control” muss ein Punkt auf der Karte so lange von einem Team kontrolliert werden, bis ihr Zähler die hundert Prozent erreicht. Der Modus wird dabei nach dem Format “Best of three” gespielt.

Die Modi-Vielfalt wirkt gering, ist aber vollkommen ausreichend. Das liegt in erster Linie an den vielen verschiedenen Maps, die allesamt sehr gut auf die Matchverläufe abgestimmt sind und sich eher schlauchartig präsentieren. So hat man jede Karte mitsamt ihren Hotspots schnell verinnerlicht und verläuft sich selten. Dennoch bieten sich immer genug Schlupflöcher, um beispielsweise in der Verteidigung hinter die Angriffslinie zu rutschen und das Feld dann von hinten aufzuräumen. Da alle Maps asynchron gestaltet sind, kann sich ihr Spielgefühl aber komplett wandeln, je nachdem ob das eigene Team gerade im Angriff oder in der Verteidigung spielt. 

Switch-Port am Limit

Die Umsetzung für die Nintendo Switch kommt aus dem Hause Iron Galaxy Studios. Dort hat man sich bereits um die Ports von Diablo 3 und Skyrim gekümmert. Erfahrung mit der Hardware haben die Mannen also. Und tatsächlich wurde auch Overwatch gekonnt portiert, obgleich es sich dabei um ein sehr komplexes Spiel handelt. Natürlich geht das nicht ohne grafische Einbußen, sodass ihr auf der Switch mit einer Art “Low-Settings PC-Version” mit reduzierten Texturen und Effekten auskommen müsst. Das ist tatsächlich aber nicht so schlimm, denn Overwatch ist ein sehr buntes und schnelles Spiel. Irgendwann fallen die grafischen Einbußen auf dem großen TV nicht mehr auf und im Handheld-Modus sieht das Spiel ohnehin klasse aus. In den Maps wurden oft kleinere Details und Objekte entfernt, diese fallen jedoch nur bei genauerem Hinsehen und im Vergleich mit dem Original auf.

Der große Wermutstropfen: auch wenn der Port optisch sehr gelungen ist, müsst ihr mit 30 Frames pro Sekunde auskommen. Bei schnelleren Charakteren wie Hanzo oder Genji, bei denen es viel auf die Genauigkeit ankommt, kann dies schon problematisch sein. Und ist besonders viel auf dem Screen los, kann es auch mal 3-4 weitere FPS nach unten rutschen, insbesondere bei längeren Spielesessions. Die Auflösung erreicht bei einer adaptiven Auflösung maximal 1600x900 Pixel. Für ein hochkompetitives Spiel wie Overwatch ist dies kritisch zu betrachten, zumal die Konkurrenz wie Paladins bei ähnlicher Optik die 60 FPS schafft. Einen wirklichen Mehrwert bietet der Switch-Port technisch also keinesfalls. Die integrierte Bewegungssteuerung ist zudem eher mau ausgefallen und dürfte unter allen Optionen die erste sein, die der geneigte Spieler deaktiviert.

Weitere positive und negative Obskuritäten: Overwatch hat auf auf der Switch Voicechat integriert. Die Nintendo-eigene Smartphone-App wird außen vor gelassen. Allerdings gibt es auf Grund der technischen Limitierungen kein Crossplay und selbst bei einer Verlinkung des Blizzard-Accounts keinen Shared Progress. Besonders kurios: Bei unserem Test mussten wir bei jedem Spielstart den Zugriff von Blizzard auf unser Nintendo-Konto jedes mal neu autorisieren, inklusive Info-E-Mail von Nintendo.

Fazit:

Overwatch ist auch drei Jahre nach seinem Release ein verdammt guter und spaßiger Online-Shooter. Die inzwischen zahllosen Helden und Maps sorgen für langen Spielspaß und viel Spieltiefe. Auch beim Matchmaking hat Blizzard an den richtigen Stellschrauben gedreht. Zudem bietet der Titel insbesondere während der Seasonal Events im Arcade-Modus mehr Vielfalt. Auf der Switch hat man allerdings mit einigen Wermutstropfen zu kämpfen. Blizzards High-End Multiplayer-Shooter treibt die kleine Konsole auf allen Ebenen an seine Grenzen. Und auch wenn der Port am Ende als gelungen zu bezeichnen ist, dürften insbesondere die 30 FPS vielen Spielern ein Dorn im Auge sein. Für ein schnelles Match zwischendurch ist dies sicher kein Problem. Doch wer Overwatch kompetitiv und mit voller Ernsthaftigkeit spielen möchte, sollte eventuell auf eines der anderen Systeme ausweichen.

Unsere Wertung:
8.0
Lars Peterke meint: "Ein nach wie vor erstklassiger Shooter, dessen Performance auf der Switch jedoch nicht kompetitiven Ansprüchen genügt."
Overwatch: Legendary Edition (Nintendo Switch) erscheint für Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet.
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1 Kommentar:
Denios)
Denios
Am 27.10.2019 um 23:26
Also wenn ich es mir je kaufen sollte, dann für die Switch. Aber 40€ sind mir noch ein bisschen viel für einen Downloadcode, den ich bei Nichtgefallen nicht mal weiterverkaufen kann.