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Angespielt: Nintendo Labo VR

Von Michael Prammer am 15.04.2019

Nintendo hat schon einmal versucht, die virtuelle Realität für sich zu gewinnen, scheiterte jedoch Mitte der 90er Jahre mit dem Virtual Boy. Dieses Mal geht das Unternehmen weniger Risiko ein und „verschachtelt“ das Erlebnis in dem Baukastenprinzip Nintendo Labo. Dadurch wandert der Fokus vom reinen Videospielerlebnis zum Bauen und Erkunden. Und damit kommen wir auch gleich zum ersten Hindernis, auf das viele Anwender stoßen könnten: die Erwartungshaltung. Labo VR sollte auf keinen Fall mit PlayStation VR, HTC Vive oder Ocolus Rift verglichen werden. Wer keine Wunder erwartet, dürfte allerdings positiv überrascht werden.

Wer noch nie etwas mit Labo zu tun hatte, hier ganz kurz die Eckdaten: Es handelt sich um Pappbögen, welche mittels digitaler Anleitung zu einem Objekt zusammen gefaltet werden. Das Set beinhaltet alles, was zum fertigen Konstrukt benötigt wird. Im Falle von Labo VR gibt es zwei Pakete: das VR-Set und das VR-Basis-Paket. Während das erste Paket verschiedene Pappfiguren enthält, die zusätzliche Minispiele freischalten, begnügt sich das Basis-Paket mit der relevanten Brille und dem sogenannten Joy-Con-Blaster. Für unsere Anspiel-Session haben wir nur die Brille zusammen gebastelt. Dazu sollte man sich etwas 30 bis 60 Minuten Zeit nehmen, abhängig vom Geschick beziehungsweise Alters des Anwenders und davon, ob man schon einmal einen Bausatz der Labo-Familie montiert hat.

Der Bau ist relativ unkompliziert und wird gut erklärt. Das fertige Produkt wirkt überraschend stabil und dennoch sehr leicht. Die Konsole selbst wird seitlich in den Pappaufsatz hineingeschoben und dank einer Kunststoffpolsterung vor Kratzern bestens geschützt. Je nachdem, ob Joy-Con verwendet werden oder nicht, wird anschließend ein Pappverschluss auf das Gerät montiert, damit die Konsole nicht verrutschen kann. Selbst in diesem Zustand ist die Brille noch relativ leicht und liegt gut in der Hand, aber das muss sie auch, dazu kommen wir aber später noch. Empfehlenswert ist an der Stelle übrigens auch eine Displayfolie. Je sauberer der Bildschirm ist, desto besser das Endergebnis.

Startet man nun zum ersten Mal den VR-Raum und taucht in die virtuelle Realität ein, zeichnen sich zwei Bilder ab. Die Auflösung ist erwartungsgemäß nicht besonders gut aber bei weitem nicht so schlimm, wie befürchtet. Einen echten Härtetest werden wohl erst die beiden kostenlosen Erweiterungen zu Super Mario Odyssey und The Legend of Zelda: Breath of the Wild liefern. Während die kleinen Minispiele noch recht ansehnlich sind, macht sich der „Pixelmatsch“ vor allem in den Videos bemerkbar. Die kleinen Kurzfilme zeigen recht deutlich, dass Nintendos Switch mit der Auflösung seine liebe Mühe hat. Deutlich bessere Ergebnisse liefert das Tracking. Dieses funktionierte außerordentlich gut und erstaunlich präzise. Zwar werden bei schnellen Bewegung Schlieren sichtbar, allerdings verliert das VR-Erlebnis nur ganz selten die Position – das haben wir bei anderen Headsets, welche etwa das 10-fache zum Start kosteten, ganz anders erlebt.

Inhaltlich wird Einiges geboten und vor allem mit dem größeren Paket wird der Anwender viele Stunden beschäftigt sein. Das Basis-Paket nimmt allein für den Zusammenbau der Brille und des Blasters knapp drei bis vier Stunden in Anspruch. Besitzer des größeren Pakets dürfen nicht nur länger basteln, sondern auch noch auf 64 Minispiele zugreifen, welche allesamt nicht besonders anspruchsvoll sind, allerdings teilweise witzige VR-Erfahrungen mit sich bringen. Das Basis-Paket umfasst lediglich 20 Minispiele und 30 Videos. Dazu kommen ein paar detaillierte Erklärungen, die zeigen, wie VR funktioniert. Außerdem sind versteckte Funktionen im Paket erhalten, die den Spielspaß etwas in die Höhe treiben. Die beiden bereits angesprochenen Spiele-Erweiterungen zu Zelda und Mario kommen ebenfalls noch gratis dazu.

Das Labo VR-Set hat aktuell zwei Probleme. Das erste Problem ist die bereits angesprochene Auflösung. Es wird explizit gewarnt, man solle alle fünf Minuten eine Pause machen und nach den ersten Tests kann ich diese Warnung nur dick unterstreichen. Gerade bei den Videos machte sich bei mir Motion Sickness bemerkbar, wobei ich sowieso anfällig dafür bin. Abhilfe könnte eine Switch Pro mit höherer Auflösung schaffen. Gerüchten zufolge arbeitet Nintendo längst an einem solchen Gert. Wäre dieses mit einer höheren Bildwiederholungsrate und mehr Bildpunkten auf dem Display mit Labo VR kompatibel, würde die Brille technisch sicher einschlagen.

Das zweite Problem ist das Handling. Die Brille muss mit der Hand getragen werden. Es gibt keine Kopfbefestigung, nicht einmal einen Tischständer, wie es zum Beispiel der Virtual Boy hatte. Beides wäre aufgrund der Bauweise gar kein Problem gewesen. Die kleinen Minispiele, die im Set enthalten sind, lasse ich mir gefallen und sind noch erträglich. Wie soll das Spielgeschehen aber aussehen, wenn ich zum Beispiel The Legend of Zelda: Breath of the Wild spielen möchte? Das ganze Abenteuer mit Konsole vor die Augen drücken? Unvorstellbar und dadurch nicht mehr, als eine kurze Erfahrung. Nur wirklich hartgesottene Fans dürften mehr Zeit damit verbringen.

Fazit:

Labo VR ist nach dem ersten Anspielen genau das, was ich erwartet hatte. Ich bastle mir selbst eine Brille, tauche ein wenig in die Welt von VR ein und erlebe zu guter Letzt ein paar kleine, unkomplizierte Minispiele. Auch aus technischer Sicht ist das Endergebnis das, was man erwarten durfte. Die Auflösung ist keinesfalls überragend und je mehr Detailreichtum von der Anwendung verlangt wird, desto mehr stößt die Konsole an ihre Grenzen. Dafür funktioniert das Tracking erstaunlich präzise. Wie sich das VR-Head-Set im Spielbetrieb schlägt, muss es bei den kostenlosen Updates zu Mario und Zelda aber erst noch zeigen. Das größte Manko ist aktuell die fehlende Kopfbefestigung, wodurch man das Gerät die ganze Zeit in den Händen halten muss. Zelda damit durchzuspielen halte ich für nahezu unmöglich. Ungeachtet dessen ist die VR-Erfahrung vor Allem in Anbetracht des aufgerufenen Preises von 40€ eine runde Sache, die Nintendo hoffentlich weiterhin unterstützt.

Zweites Fazit von Lars Peterke:

Das VR-Set von Nintendo Labo ist ein Achtungserfolg. Natürlich ist die VR-Erfahrung zu anderen VR-Systemen nicht konkurrenzfähig, doch für die schmalen 40 Euro für das Einsteiger-Paket wird wahrlich erstaunlich viel geboten. Das umfassende 80-Euro-Set bietet mit allen Sets allein beim Aufbau Spaß für Tage. Außerdem zeigt Nintendo eindrucksvoll, wie flexibel das Labo-Konzept tatsächlich ist. Beim Testen empfand ich die geringe Auflösung bei den Minispielen nur bedingt störend, die simple Grafik kaschiert den Malus tatsächlich recht gut. Allerdings beeinträchtigt selbst bei Verwendung einer Displayfolie jeder Staubpartikel auf dem Display den Spielspaß, sodass vor jedem Einschieben in die Brille erstmal die Switch gereinigt werden muss. Die fehlende Kopfhalterung fällt tatsächlich nicht negativ auf, da alle Minispiele nur eine Spielspaß-Spanne von circa 60 Sekunden haben. Danach muss man die Brille eh absetzen, da die Anforderungen an Brille und JoyCon-Kombinationen von Spiel zu Spiel variiert und man daher selten mehrere Minispiele hintereinander ausprobieren kann ohne einen Umbau vornehmen zu müssen. Dank des umfassenden Minispiel-Editors verpufft diese Kritik aber. Wer will, kann schließlich selbst Hand anlegen. Unter dem Strich ist Nintendos viertes Labo -Set das Nichtschwimmerbecken der VR-Welt. Und damit für die Hauptzielgruppe und alle anderen Neugierigen das ideale Paket.

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1 Kommentar:
TraxDave)
TraxDave
Am 16.04.2019 um 18:55
Interessantes Hands-on. Eine Frage tut sich mir immer auf: Kann man sich nicht einfach auf den Rücken legen und die Brille auf‘s Gesicht legen? ^^
michi1894)
michi1894
Am 16.04.2019 um 19:31
Kann man schon, aber wie genießt man den 360 grad Blick ;)?
TraxDave)
TraxDave
Am 16.04.2019 um 23:13
Das sind dann die kleinen Abstriche, die ich für Zelda VR machen würde. :P
Kann man bei Zelda ja sogar einzeln deaktivieren, diese Funktion, so viel ich gelesen habe.
2null3)
2null3
Am 17.04.2019 um 01:22
Da es keine Sinn machen würde, wenn man sich unabhängig von Link in der Welt bewegen kann, gehe ich eh davon aus, dass VR in Zelda 3D Tiefenwahrnehmung mit fester Verfolgerkamera bringt. Vergleichbar mit der Grafik eines 3DS, aber danke Brill halt im Großteil des Sichtfeldes.
Sollte ich damit recht haben, kann man sich tatsächlich auf die Couch legen, wobei man dann darauf achten muss, dass man nicht einschläft und die Brille samt switch dann von der Couch auf den Boden fällt. ^^