E3 2018: FAZIT der Redaktion zum Videospielevent des Jahres
Kamil meint: „Leaks nerven und zerstören den Zauber der Messe"
Leaks, Leaks, Leaks. Sie nerven im Grunde nur noch und lassen den einstigen Höhepunkt der Messe zunehmend verblassen: die Ankündigung wirklich überraschender Videospiele. Die meisten der neu präsentierten Games wurden entweder bereits vor Wochen durch das Internet gelüftet oder waren absolut vorhersehbar, sodass der große Zauber der E3 für mich persönlich zunehmend verflogen ist. Auch Nintendo hat mit ihrer ernüchternden Performance meine Erwartungen zusätzlich wortwörtlich „zersmasht“.
Wirklich begeistern konnte mich die E3 2018 daher nicht, auch wenn sie einmal mehr deutlich gemacht hat, dass es uns auch in nächster Zeit nicht an guten Spielen mangeln wird. Am meisten Eindruck hinterlassen haben bei mir dabei die Sony-Exklusiv-Titel The Last of Us Part 2 und Ghost of Tsushima sowie der Trailer bzw. die Pressereaktionen auf den im stillen Kämmerlein durchgeführte Demo-Walkthrough zu Cyberpunk 2077. Last but not least hat mich Nintendo am Ende doch noch einmal überrascht: Sie schaffen es nach vielen Jahren endlich mal wieder einen Mario-Party-Ableger auf den Markt zu bringen, der sich wieder mehr an den Erstlingswerken orientiert. Endlich!
Lars meint: „Eine gehemmte E3 zwischen den Runden“
Zunächst kann ich mich Kamil nur anschließen. Durch die vielen Leaks ging ich mit sehr gedämpften Erwartungen an de E3. Und tatsächlich kam dann auch nicht viel dabei herum. Zu den wenigen Momenten der ungebremsten Begeisterung zählte für mich allenfalls die Enthüllung von Sekiro: Shadows Die Twice, der neue Titel von From Software. Auch das Remake von Resident Evil 2 konnte mich begeistern. Doch als Souls-Fan und alteingesessener Gamer kann man hier fast schon von der Sparte der Liebhaber-Titel sprechen.
Große Strahlkraft hatte auf der E3 hingegen kaum etwas. Man merkt, die Hersteller sitzen gerade zwischen zwei Stühlen. Sony und Microsoft bereiten sich bereits auf die nächste Generation vor. Während Microsoft neue Studios einkauft, werden bei Sony die ersten Ressourcen bereits auf das kommende System verlagert. Die Konferenz der Japaner kam dementsprechend fast ohne Neuankündigungen aus und konzentrierte sich stattdessen auf die Inszenierung bereits angekündigter Titel. PS4-Besitzer werden nun behutsam darauf vorbereitet, dass mit Titeln wie The Last of Us 2 nun der letzte große Knall bevorsteht.
Auch Nintendo war dieses Jahr keinesfalls unter Zugzwang. Die bisherigen Systemseller der Switch laufen nachwievor hervorragend und mit zwei Pokémon-Spielen, einem neuen Smash Bros. sowie Mario Party ist das Lineup zum Jahresende alles andere als schwach. Leider aber auch gewohnte Kost, was nicht nur Spieler sondern auch Investoren verärgerte.
Eine schöne Sache gibt es dann aber doch zu vermelden. Auch in diesem Jahr überraschte Nintendo mit einigen Neuheiten, die quasi sofort zum Download bereitstanden: Fortnite, Hollow Knight, die OctoExpansion für Splatoon 2, eine neue Demo zu Octopath Traveler und ein paar Arcade-Relases. Inzwischen kopieren viele Hersteller den Trend der Überraschungs-Releases, den Nintendo seit einiger Zeit im Rahmen ihrer Nintendo-Direct-Ausgaben praktiziert. Und das nicht mit kleinen Spielereien, sondern teilweise mit hochwertigen Produktionen. So gab es den magischen Satz „Available after this presentation“ auch an vielen anderen Stellen zu hören. EA veröffentlichte Unravel Two, Bethesda brachte Fallout Shelter für die PS4 und Switch heraus und bei Microsoft gab es zumindest einige weitere Klassiker für Xbox Game Pass.
Michi meint: „Vor allem 2019 könnte ein starkes Jahr werden“
Die E3 ist nun zu Ende und ich muss zugeben, dass die Messe in diesem Jahr eine ziemliche Enttäuschung war. Vor allem die drei „Großen“ haben sich diesmal alles andere als angestrengt. Sony musste nicht, Microsoft wollte nicht und Nintendo konnte irgendwie nicht - das war zumindest mein abschließender Eindruck. Während die PlayStation 4 auf reinem Verwaltungskurs schippert, stand aber vor allem Microsoft unter Zugzwang. Ich hätte es vorher kaum für möglich gehalten, aber ausgerechnet die vielen Ankündigungen für Xbox One haben Eindruck bei mir hinterlassen und machen Microsoft unter dem Strich für mich zum „Gewinner“ der E3. Ihre PK hatte nämlich vor allem eines: Spiele, Spiele, Spiele. Und wenig Gelaber. Leider jedoch mit zu viel Zukunftsmusik und wenigen exklusiven Spielen. Halo, Gears und Ori sind noch weit weg, Crackdown 3 interessiert fast schon niemanden mehr und der ganz große Brecher Cyberpunk 2077 kann auch auf PS4 gespielt werden.
Nintendo hat mich hingegen enttäuscht. Und das liegt nicht einmal am Spieleangebot selbst. Was in diesem Jahr von Nintendo noch auf uns zu kommt, sollte zumindest ausreichend sein für ein zweites Konsolenjahr. Hinzu kommen Titel wie Fortnite oder Paladins, die quasi direkt zur Ankündigung verfügbar waren. Es war eher die Präsentation selbst, die Nintendo für mich ins Abseits stellte. Die Hälfte der Show wurden Spiele gezeigt, die bereits alle kannten, in der anderen Hälfte lediglich Super Smash Bros. So gut der Titel auch sein mag, mir hat die Präsentation die Lust daran verdorben. Neuankündigungen wie Super Mario Party oder Deamon x Machina und Fire Emblem gingen dadurch fast unter. Wenn man sich einfach nur ein wenig bei Microsoft abgeschaut hätte und wenigstens einen kurzen Teaser zu Metroid gezeigt hätte, dann kräht wohl kein Hahn mehr danach, ob die Show gelungen war oder nicht. So muss sich Nintendo gefallen lassen, dass man das Thema E3 nicht verstanden und irgendwie einfach verbockt hat.
Ein kleines Extralob: Was Publisher Devolver Digital am frühen Montagmorgen gezeigt hat, war schon extrem abgedreht und hat gezeigt, wie man eine unterhaltsame Show aufziehen kann. Bitte mehr davon!
Nico meint: „Eine lange Messe ohne Hype-Momente“
Die großen und kleinen Publisher neigen dazu, ihre Neuankündigungen bereits in den Wochen vor der eigentlichen Messe rauszuhauen - ein Trend, der in den vergangenen Jahre sachte begann und nun mit voller Kraft Fahrt aufnimmt. Für Indie-Entwickler ist das sicher eine nachvollziehbare Vorgehensweise, doch die Schwergewichte mit ihren schwergewichtigen Spielen müssen sich nun wirklich keine Sorgen machen, dass zum Beispiel Fallout 76, Battlefield V und Super Smash Bros. Ultimate im Trubel der Messe untergehen. Es sorgen also nicht nur die elendigen Leaks dafür, dass die Pressekonferenzen ihren Charme und ihren Glanz verlieren. Auch die Publisher ziehen die Messe unnötig in die Länge und nehmen ihren eigenen Auftritten das gewisse Etwas, den „WOW-Moment“. Wirklich staunen konnte ich in diesem Jahr leider nicht. Außer natürlich bei dem „Everybody is here!“ während der Smash-Bros.-Vorstellung und beim Teaser zu The Elder Scrolls VI.
Durch die fast vollständig fehlenden Überraschungen muss ich also die positiven Entwicklungen anderswo suchen. Fündig werde ich da natürlich recht schnell beim Cross-Play in Online-Titeln zwischen PC, Xbox und Nintendo Switch, das sich lobenswerterweise immer mehr verselbstständigt. Sony kapselt sich derweilen komplett ab und legt auch sonst einen eher biederen Auftritt hin, zeigte mit Spider-Man sogar nur einen größeren Titel, der noch sicher 2018 erscheint.
Damit sind sie aber nicht ganz alleine: Die große Anzahl an 2019er-Titeln (vor allem bei Microsoft) ist bemerkenswert. Aller Voraussicht nach könnte das nächste Spielejahr in ähnliche Qualitätsdimensionen vorstoßen wie 2017 und das stimmt doch zuversichtlich. Eigentlich sollte auch Nintendo noch einiges für 2019 in der Hinterhand haben, aber das werden wir wohl frühestens gegen Ende des Jahres erfahren, wenn die Japaner neben Super Smash Bros. weiterführende Gründe für eine weihnachtliche Anschaffung der Switch liefern müssen.
Positive Überraschungen: Eine PC Gaming Show mit abwechslungsreichen Spielen und wenig Gerede, Bethesda mit erstaunlich vielen Titeln, die charmante PK von Limited Run Games und Cyberpunk 2077, das sich nach den überschwänglich positiven Presseberichten ohnehin kaum noch vor einem ausgewachsenen Hype retten können wird.
Andy meint: „Microsoft zeigt die beste Konferenz, Sony bleibt Sieger“
Dass Microsoft die beste Präsentation der diesjährigen E3 geliefert hat, darf man schon fast als objektiven Fakt betrachten. Schon allein deshalb, weil Phil Spencer offenbar als einziger noch versteht, worum es bei der E3 geht: Spiele. Die anderen Konferenzen zeigten ein multikulturelles Programm aus Tanzaufführungen, Konzerten - und dem ein oder anderen Trailer. Microsoft hingegen ließ nur Leute auf die Bühne, die schon einmal mit einer Spiele-Engine gearbeitet haben.
Und die Spiele hatten es in sich! Den Vorwurf, dass Xbox ein zu einseitiges Portfolio bedient, das nur aus Rennspielen und Shootern besteht, hat der Publisher tief begraben. Leckerbissen wie Ori and the Will of the Wisps, Tunic oder Sekiro: Shadows Die Twice sollten dafür sorgen, dass in nächster Zeit kein Xbox-Besitzer neidisch auf die PlayStation 4 schielen muss. Zu wenig Abwechslung muss man dieses Jahr wohl eher Sony unterstellen: Der Marktführer ist offenbar so angetan vom Erfolg seiner „erwachsenen“ und story-getriebenen Action-Adventures, dass sich fast die gesamte Präsentation um derartige Spiele drehte.
Das wohl interessanteste Feature in Microsofts Katalog ist aber sicherlich der Game Pass. Für unter 10 Euro im Monat erhalten wir uneingeschränkten Zugriff auf derzeit etwa 180 Download-Spiele, zukünftige First-Party-Releases erscheinen an ihrem Releasetag ohne zusätzliche Kosten für Abonnenten. Sony hat mit PlayStation Now zwar ein vergleichbares Programm, dort werden die Spiele aber nur gestreamt (was zu Verzögerungen, Kompressions-Artefakten und potentiellen Verbindungsproblemen führt) und aktuelle PS4-Titel sind kein Teil des Angebots. Kein Wunder also, dass Microsoft seinen Service anlässlich der E3 noch einmal groß ins Rampenlicht stellen wollte.
Aber reicht das auch, um Sony gefährlich zu werden? In dieser Konsolengeneration vermutlich nicht mehr. Das hat wohl auch Phil Spencer begriffen, der die nächste Hardware-Generation am Ende der Konferenz schon einmal erwähnte - und damit potentiellen Neukunden suggerierte, dass sich der Kauf einer Xbox One X nicht mehr lohnt. Microsoft geht es also wohl nur noch darum, dass sich Xbox-One-Besitzer zufrieden und ohne Flirteinlagen mit Sony auf die vierte Xbox-Generation freuen dürfen, die dann vielleicht mit neuen Features und vielen Exklusivtiteln (dank der gekauften Third-Party-Studios) ein paar Kunden abwerben kann. Wird dieses Konzept aufgehen? Das lässt sich schwer vorhersagen, vor allem mit dem Kauf von Ninja Theory macht sich der Hardware-Hersteller nicht nur Freunde. Aber etwas anderes bleibt Microsoft ja im Prinzip auch gar nicht übrig.
Meine Rede! Finde ich furchtbar.