Raging Justice
Good Cop, Bad Cop
Raging Justice beginnt mit einem rudimentären Story-Intro, in dem die Protagonistenriege aus drei vielfältigen Figuren (ein weißer Mann Ende 40 mit Sonnenbrille, eine dunkelhäutige Athletin mit Baseball-Cap und eine geschlechtsneutrale Figur im Teenager-Alter mit Kopfhörern) in ein amerikanisches Ghetto verschlagen werden. Der Titel präsentiert sich als klassisches 2D-Beat'em-Up im Stil von Streets of Rage oder Double Dragon, zeigt uns aber gleich zu Beginn eine eigenständige Spielmechanik: Die in Scharen herumlaufenden Gangster können wir entweder verprügeln oder wahlweise auch verhaften. Im Tutorial funktioniert das wunderbar: Wir überrumpeln einen Passanten, der einfach nur in Ruhe auf dem Bürgersteig seinen Joint rauchen will, indem wir ihn mit einer Mülltonne bewerfen - und nehmen den benommenen Junkie danach fest. Daraufhin erscheint aus dem Nichts ein Hamburger, der unsere Lebensenergie auffüllt.
In der Praxis will dieses Feature aber nicht so wirklich funktionieren, weil nie klar wird, wann ein Gegner für kurze Zeit benommen ist und aus welchen Gründen das passiert. Insgesamt scheint es sich um ein seltenes Zufallsereignis zu handeln, und im Zweifelsfall haben wir nur wenige Sekunden Zeit, um eine Festnahme zu starten. In dieser Zeit werden wir meistens von irgendeinem anderen Gegner aufgehalten. Schaffen wir es tatsächlich mal zu dem strauchelnden Kriminellen, schlägt die Festnahme fehl und auf dem Bildschirm erscheint eine Meldung die uns sagt, dass sich die Zielperson der Festnahme widersetzt hätte. Wahnsinnig toll. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem man ein solches Feature dann auch einfach weglassen kann.
Auch abseits seiner Kernmechaniken versagt Raging Justice auf ganzer Linie. Der Prügler präsentiert sich wie ein echter Coin Sucker aus alten Spielhallenzeiten und gibt uns kaum Luft zum Atmen. Das spüren vor allem Solisten, da offenbar noch nicht einmal versucht wurde, das Balancing des Beat'em-Ups auf einen Einzelspielermodus anzupassen. Vor allem die in den Bonuszielen gestellten Zeitvorgaben sind im Alleingang faktisch unmöglich umsetzbar. Der dritte Endgegner, ein klischeehafter Elvis-Presley-Imitator, ist obendrein immer nur wenige Sekunden lang verwundbar und pfeift dann immer neue Schergen herbei, während er sich selbst an der Hauswand ausruht. Beim vierten Endboss (ein klischeehafter Cyborg) wiederholt sich dieses Muster. Spätestens hier wird das Gameplay von Raging Justice für Solisten unerträglich zäh, sodass das unausweichliche Game Over als Erlösung empfunden wird. Verpassen wird man vermutlich nichts: In allen Levels haben wir zuvor vor denselben Hintergründen gegen dieselben Gegner gekämpft. Rein technisch kann man dem Titel darüber hinaus allerdings nichts vorwerfen.
Fazit:
Manchen Spielen sieht man auf Screenshots schon an, dass sie schlecht sind. Raging Justice gehört sicherlich dazu, aber zumindest ein bisschen stupide Unterhaltung hatte ich mir von dem Arcade-Titel schon versprochen. Stattdessen bekam ich einen echten Software-Totalausfall, dessen Entwickler keinerlei Grundverständnis für Spielmechaniken oder Balancing erkennen lässt. Im Einzelspielermodus ist Raging Justice jedenfalls quasi unspielbar und ich würde mich dafür schämen, dieses Spiel Freunden anzubieten...