Bayonetta 2
Bereits 2009 hat Hexe Bayonetta erstmals ihre Widersacher mit ihren Moves und grausamen Folterangriffe verblüfft. Doch Fans mussten fast fünf Jahre lang warten bis die Killer-Lady exklusiv auf der Wii U ihr Comeback gegeben hat. Weitere vier Jahre später erscheint Bayonetta 2 nun für eine weitere Nintendo-Konsole. Wir geben euch einen Überblick über das Spiel und die Neuerungen in der Version für Nintendo Switch.
Die Hexe kehrt zurück
Die Geschichte von Bayonetta 2 fängt exakt dort an, wo der Vorgänger des Action-Schnetzlers aufgehört hat. Wer den Vorgänger also nicht kennt, sollte ihn nun spätestens jetzt auf der Switch nachholen (zu unserem Testbericht), um der zum Teil verwirrenden Geschichte halbwegs folgen zu können. Dabei reist Hexe Bayonetta von der grauen Vorzeit bis in die Gegenwart und macht sich auf zu einer vorweihnachtlichen Shoppingtour. Zunächst noch in elegantem Kostüm, wird Bayonetta auf ihrer Einkaufstour von diversen Engelsbiestern gestört. Und schon findet ihr euch mitten in einem spektakulären Kampf auf der Tragfläche eines Düsenjets wieder. Das extravagante weiße, fast schon unschuldig wirkende Gewand weicht sogleich einem hautengen Latexanzug, der die volle Weiblichkeit der Hauptdarstellerin zur Schau stellt. Der unvermittelte Einstieg gibt euch bereits einen Vorgeschmack auf das, was euch die nächsten acht bis zehn Spielstunden erwarten wird: Sex, Drugs & Rock'n Roll. Oder: eine heiße Hauptdarstellerin mit einer Menge Action.
À propos Hauptdarstellerin: Fans des ersten Teils dürften sofort eine Neuerung an Bayonetta feststellen. Es scheint fast so, als hätte sich die Protagonistin nach ihrem anstrengenden und nervenaufreibenden ersten Abenteuer einen Friseurbesuch gegönnt. Die lange Mähne weicht nun einer feschen Kurzhaarfrisur. Dadurch wirkt Bayonetta seriöser, aber keineswegs weniger sexy. Denn die Hexe geizt keineswegs mit ihren Reizen. So schwingt Bayonetta nicht nur Waffen an Armen und Beinen, sondern vor allem: die Waffen einer Frau. Das merkt man vor allem bei den Kampfszenen im Spiel. Angst und Schrecken scheinen Bayonetta fern zu sein. Mit einer fast schon erschreckenden Lässigkeit nimmt sie ihre Gegner auseinander, scheint sogar regelrechten Spaß daran zu haben, Engel, Dämonen und was ihr sonst noch in den Weg kommt, aus dem Weg zu räumen. Ihre verführerischen Lippen behalten zudem herrlich absurde Sprüche oder witzige Kommentare nie für sich. Eine echte Draufgängerin eben.
Schnetzel-Action vom Allerfeinsten
Bayonetta 2 ist jedoch nicht nur eine Selbstinszenierung der Hauptdarstellerin. Denn hinter der sexy Fassade versteckt sich ein klassisches Hack’n‘Slay-Spiel nach dem Muster von Devil May Cry oder God of War. Immer wieder bekommt ihr es mit Gegnerhorden oder riesigen Bossen zu tun, die der Reihe nach spektakulär auseinander genommen werden. Das Spiel ist in verschiedene Kapitel unterteilt, die wiederum in Versen abgespult werden. Durch die Levels bewegt ihr euch nach einem streng vorgegebenen, gescripteten und weitestgehend linearen Weg. Dabei füllt sich der Bildschirm ständig mit neuen Gegnerscharen. Oder ein kolossaler Bossgegner versperrt euch den Weg. Schon der Prolog und die allerersten Spielminuten verdeutlichen dieses Prinzip. Ihr erledigt auf der rasanten Flugpassage Gegner aller möglichen Formate und Größen, ehe ihr euch selbst in die Lüfte schwingt und einen riesigen Dämon auf ein Hochhaus hinauf verfolgt. Nicht wenige werden sich bei dieser spektakulären Szene an King Kong erinnert fühlen.
Im weiteren Spielverlauf wird zusätzlich das Wasser als Kampfschauplatz dienen, an Abwechslung mangelt es Bayonetta 2 zu keinem Zeitpunkt. Ein besonders imposanter Handlungsstrang führt die Hexe direkt in die Abgründe der Hölle. Im Vergleich zum Vorgänger wird hinsichtlich der verschiedenen Umgebungen deutlich mehr Abwechslung geboten. Räumt Bayonetta Gegner aus dem Weg, gibt es als Belohnung Heiligenscheine, die im spieleigenen Shop gegen Waffen, Items oder später auch verschiedene Kostüme eingetauscht werden können. Vorangetrieben wird Bayonetta 2 durch eine abgedrehte Geschichte, die sich in ihrer Intensität ständig steigert, selbst nie zu ernst nimmt und manchmal auch unvorhersehbare Wendungen nimmt. Dabei wird die Story durch hochwertig produzierte Cutscenes vorangetrieben, die sich optional aber auch überspringen lassen. Ungeduldigen gehen hier aber teilweise bildgewaltiges Material und außerdem so manch amüsanter Dialog durch die Lappen.
Bayonetta 2 bietet einen klassischen Storymodus, in dem ihr die Geschichte rund um die Hexe in drei Schwierigkeitsgraden durchspielen dürft. Diese unterscheiden sich doch merklich voneinander. Und das ist auch gut so. Während ihr im ersten „Klimax“, so der Name der Schwierigkeitsgrade, relativ problemlos durch die einzelnen Verse spaziert und ihr eure Angriffe und Attacken kaum koordinieren müsst (manch einer wird hier das Unwort „Button-Mashing“ benutzen), geht es ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad ganz schön zur Sache. Hier sind blitzschnelle Koordination und kluge Taktik gefragt. Die Steuerung will erlernt, die einzelnen Kombos vertieft und die Hexenzeit, die ihr durch rechtzeitiges Ausweichen aktiviert, zur rechten Zeit angewendet werden. Ist durch gelungene Attacken die dafür vorhandene Energieleiste komplett aufgeladen, kann Bayonetta die mächtigen "Umbran Climax"-Kombos entfesseln, die noch einmal eine schwere Schippe auf Bayonettas Attackenportfolio drauflegen.
Beherrscht der Spieler die Steuerung in Bayonetta 2, brennt er mit der attraktiven Hexe ein wahres Kombo-Feuerwerk ab und zaubert wunderschöne Moves auf den Bildschirm. Das Spiel wird dabei selbst auf dem härtesten der drei Modi nie unfair, dennoch wird jeder noch so kleine Fehler mit dem digitalen Ableben der Hexe bestraft. Spielern, die mit dem hohen Schwierigkeitsgrad zu kämpfen haben, wird auch geholfen: Ihr könnt bei Bedarf euren Schwierigkeitsgrad vor jeder Mission einfach neu anpassen. Wer sich abseits der Story ein paar Heiligenscheine extra verdienen möchte oder einfach mal kooperativ auf Engel- und Dämonenjagd gehen will, der ist im „Climax-Modus“ goldrichtig. Anhand von Verskarten, die während der Story gefunden werden, schaltet der Spieler verschiedene Herausforderungen frei, die mit einem Mitstreiter bewältigt werden können.
Auf der Switch technisch noch besser
Das Action-Spektakel aus dem Hause Platinum Games hat anno 2014 gezeigt, zu was die Wii U-Konsole technisch imstande ist. Rein optisch hat sich in der Switch-Version einmal abgesehen von etwas schärferen Texturen und leicht besseren Schatteneffekten kaum etwas getan. Und dennoch: Was in Bayonetta 2 auf den Bildschirm gezaubert wird, ist absolut beeindruckend. Doch während der Titel in der Version für Wii U regelmäßig unter die eigentlich von den Entwicklern angepeilten 60fps fällt, läuft die Version für Nintendos neue Konsole deutlich stabiler und flüssiger. Insbesondere im Dock-Modus sind kaum mehr nennenswerte Framerateinbrüche auszumachen. Doch auch im Handheld-Modus performt das Spiel besser als die Wii U-Version, an einigen Stellen sind Framerate-Drops aber dennnoch spürbar zu vernehmen. Insbesondere aber die aufwändig gestalteten Story-Videosequenzen sehen auf dem Display der Switch wirklich knackig scharf aus. Auch generell ist kein grafischer Unterschied zum TV-Modus auszumachen. Erwähnenswert dürfte zudem auch sein, dass die Auflösung sowohl auf dem TV als auch beim mobilen Spielen bei 720p bleibt. Doch das ist kein Grund zur Ärgernis: Bayonetta 2 ist und bleibt ein optisches Feuerwerk und ist auf der Switch technisch nun besser denn je.
Auch bei der musikalischen Untermalung geht das Spektakel weiter. Orchestrale Hymnen ergänzen lockere Pop-Musik und rücken die rasanten Kämpfe in ein aufregendes audiovisuelles Licht. Was die Präsentation des Spiels angeht, wird hier einfach an jeder Stelle geklotzt und nicht gekleckert. Man bekommt den Eindruck, als wolle sich das Entwicklerteam mit jeder weiteren Szene, mit jedem weiteren Kampf noch einmal selbst übertreffen und noch eine Schippe drauflegen.
Exklusiv in der Switch-Version ist nun auch der Climax-Koop-Modus mit einem Freund gemeinsam spielbar, egal ob online oder offline. In der Wii U-Version war dies lediglich online möglich. Dabei steht euch eine Reihe mächtiger Charaktere zur Verfügung, mit denen ihr den teuflischen Dämonen eine brutale Abreibung verpassen könnt. Zudem unterstützt das Spiel auf der Switch auch Nintendos amiibo-Figuren, einschließlich der Bayonetta-amiibo-Figuren der Super Smash Bros.-Serie. Dadurch können weitere neue Kostüme im Nintendo-Design sowie diverse Waffen für Bayonetta freigeschaltet werden. Zudem ist auch das Aufzeichnen von Videos mit bis zu 30 Sekunden Länge möglich. Diese können anschließend über Facebook und Twitter geteilt werden.
Ein fast perfektes Action-Spiel
Elementar wichtig für ein gutes Action-Spiel ist die perfekte Kontrolle. Und auch hier kann Bayonetta 2 punkten, die Steuerung geht super von der Hand. Egal ob im Handheldmodus oder mit dem Pro-Controller, wobei wir den Pro Controller bevorzugen. Die optionale „Touch“-Steuerung ist hingegen eher für all diejenigen geeignet, die mit Action-Spielen noch nicht so vertraut sind. Sie können Bayonettas Bewegungen, Angriffe oder Ausweichmanöver einfach über den Touchscreen der Nintendo Switch steuern. Für uns stellte das aber in der Praxis keine echte Alternative dar.
Unter dem Strich ist Bayonetta 2 für Action-Fans und Freunde exzentrischer Japano-Unterhaltung eine wahre Offenbarung. Dennoch müssen sich Spieler bei der Kaufentscheidung über eines im Klaren sein: Bayonetta 2 ist sehr speziell, steckt tief in der Nische und wird sich nicht durchweg jedem alteingesessenen Nintendofan ins Spielerherz schnetzeln. Außerdem kann man der Sexy Hexe die Spieldauer und den –Umfang durchaus ankreiden. Nach rund 10 Stunden seht ihr je nach Schwierigkeitsgrad den Abspann. Der Wiederspielwert ist glücklicherweise dank vieler Boni hoch und für Perfektionisten eine umfangreiche Fleißarbeit. Besonders auch die vielen freischaltbaren Nintendo-Kostüme bieten manch lustiges Feature.
FAZIT:
Bayonetta 2 wurde einst als Wii-U-Zugpferd angekündigt und sollte Action-Fans zur Nintendo-Konsole bewegen. Dass sich die Wii U letztlich nicht annähernd so gut wie erhofft verkauft hat, liegt jedoch keinesfalls an der Qualität von Bayonetta 2. Sicherlich ist der Titel von Platinum Games ein recht spezielles Stück Software. Doch in seiner Nische macht er nahezu alles richtig, übertrumpft gekonnt Genre-Kontrahenten wie "Devil May Cry" und kann dabei inszenatorisch locker mit "God Of War" mithalten. In den gut zehn Stunden Spielzeit steigert sich das Spiel von Bosskampf zu Bosskampf in eine wahre Ekstase und reißt den Spieler dabei von der ersten Minute an mit. Spielfluss, Präsentation, Steuerung und Kampfsystem haben so wenige Ecken und Kanten, dass es eine wahre Freude ist, die Hexe Bayonetta auf ihrem Höllenritt zu begleiten. Einzig die etwas geradlinigen Levels sind ein Kritikpunkt. Hier hätte man mit mehr versteckten Geheimnissen abseits der Wege und einem umfassenderen Levelling- und Skill-System mehr Tiefe in das Geschehen bringen können. Auf der Nintendo Switch läuft das Spielgeschehen zudem nochmal deutlich geschmeidiger ab und kann die schon in der Ursprungsversion anvisierten 60fps über die meiste Spielzeit auch endlich halten. Zudem könnt ihr die Bayonetta-Action nun erstmalig überallhin mitnehmen und spielen, wann und wo ihr wollt. Wer Bayonetta 2 noch nicht kennt sollte spätestens jetzt zuschlagen!