Test

Brawlout

Von Michael Prammer am 28.12.2017

Wenn ich groß bin, möchte ich ein Smash Bros. werden

Die Parallelen zu Nintendos beliebter Prügelserie lassen sich zu keinem Zeitpunkt leugnen. Böse Zungen könnten sogar von einer dreisten Kopie sprechen. Und in der Tat handelt es sich bei Brawlout um ein schnelles Kampfspiel, das sich sämtlicher Mechaniken von Nintendos Allstar-Klopperei bedient. In einer zweidimensionalen Arena kämpfen mindestens zwei Widersacher gegeneinander, treiben einen prozentualen Counter nach oben und versuchen den Gegenüber aus der Stage zu bugsieren. Verschiedene Angriffe und einige Spezialattacken stehen dem Spieler hierbei zur Verfügung und erleichtern dieses Vorhaben. Dazu gesellen sich je nach Level einige spezielle Gimmicks, die dem Spieler in die Karten spielen.

Zu Beginn stehen euch acht Kämpfer zur Auswahl, von denen zumindest zwei bekannt sein dürften: Juan aus Guacamelee und Drifter aus Hyper Light Drifter tummeln sich zusammen mit sechs frei erfundenen Charakteren im Teilnehmerfeld. Einige weitere Kämpfer können im Spielverlauf freigeschaltet werden, was sich jedoch in der Praxis als relativ mühsam erweist. Mit Hilfe einer Ingame-Währung (Goldmünzen) können Pinatas erworben werden. Schlagt ihr diese auf, erhaltet ihr im Gegenzug zufällig neue Gesten, Skins und Combos. Aber auch die neuen Kämpfer werden über dieses System freigeschaltet. Der große Nachteil ist jedoch, dass ihr durch dieses System nicht ganz gezielt gewisse Dinge erspielen bzw. freikaufen könnt und auf ein Zufallsprinzip angewiesen seid. Glücklicherweise verzichten die Entwickler (schönen Gruß an EA und die Loot-Box-Thematik) komplett auf eine „Echtgeld-Bezahlmöglichkeit“ und alles muss über den Fleiß der Spieler freigeschaltet werden.

Für genügend Abwechslung sorgen die unterschiedlichen Spielmodi in Brawlout. Herzstück für Solo-Spieler ist dabei der Arcade-Modus, der sich in drei unterschiedliche Schwierigkeitsklassen aufteilt. In der ersten Klasse kämpft ihr noch gemütlich gegen sieben Gegner nacheinander und beendet damit den Modus. In der zweiten und dritten Schwierigkeitsklasse bekommt ihr es dann mit mehreren Gegnern gleichzeitig zu tun. Außerdem sind es deutlich mehrere Stages, die es zu bewältigen gilt und die Feinde sich um einiges stärker. Als Belohnung winken dafür mehr Goldmünzen, die wiederum in mehr Pinatas investiert werden können. 

Für richtig Freude sorgt jedoch der Mehrspielermodus. Zusammen mit mehreren Mitspielern an einer Konsole entfaltet Brawlout sein volles Potential und kratzt ambitioniert am Spielspaß von Nintendos großem Prügel-Bruder. Entweder ihr kloppt euch dabei gegenseitig zu Brei oder vermöbelt die CPU gemeinsam – der gemeinsame Spaß ist das große Plus von Brawlout. Weniger schön hingegen präsentiert sich der Online-Modus. Dieser hat aktuell immer wieder mit Verbindungsabbrüchen und nervigen Lags zu kämpfen, sodass der Spielspaß hier auf der Strecke bleibt. Wir hoffen, dass die Entwickler schnellstmöglich nachbessern können, aber in der aktuellen Form taugt Brawlout nur im lokalen Mehrspieler-Modus.

Fehlender Feinschliff, schicke Optik

Ein weiteres Problem von Brawlout betrifft das Balancing im Spiel. Denn so ordentlich die Ansätze des Prügelspiels auch sein mögen, es fehlt an vielen Ecken am Feinschliff. Das wird beispielsweise bei den Blockmanövern spürbar, die häufig ohne einen triftigen Grund nicht funktionieren, oder aber wenn starke Schläge einfach nicht die Wucht aufbringen, die sie eigentlich haben sollten. Das ist in der ein oder anderen Spielsituation dann schonmal nervig, wenn ein Gegner bereits bei einem Schadens-Counter von weit über 100% liegt, man zu einem schweren Schlag ausholt, der Gegner aber immernoch nicht vom Bildschirmrand fliegt. Wenn man dann im Gegenzug selbst das Zeitliche, weil ein Block aus unerklärlichen Gründen in die Hose ging, dann ist Frust vorprogrammiert. Das bekommt Nintendos Super Smash Bros.- Reihe einfach wesentlich besser und nachvollziehbarer hin. Darüber hinaus funktioniert die grundlegende Steuerung sehr gut und die Indie-Klopperei lässt sich stets flüssig spielen. Die wichtigsten Aktionen werden schnell erlernt und dem Spieler in einem Tutorial nähergebracht.

Technisch ist Brawlout für ein Spiel dieser Preisklasse erstaunlich gut gelungen. Spielt ihr nicht gerade online, könnt ihr euch auf stabile 60 Bilder pro Sekunde freuen und auf ein schnelles Spielerlebnis am Bildschirm einstellen. Sowohl im Handheldmodus als auch am Fernseher läuft der Prügler absolut flüssig. Dabei kommt das Spiel in einem durchaus ansehnlichem Comic-Look daher, die mit tollen Hintergründen punkten kann. Die Charaktere wurden ebenfalls gut ausgearbeitet und so gibt es in dieser Hinsicht kaum etwas zu meckern. Den Rotstift ansetzen müssen wir jedoch beim Umfang. Lediglich eine Handvoll Arenen und eine recht überschaubre Anzahl an Kämpfer bieten ein recht dünnes Gesamtpaket. Dank einiger freischaltbarer Extras kann der Umfang noch ein wenig erweitert werden, im Vergleich zum wahnsinnigen Umfang des großen Bruders zieht das Indie-Projekt aber sehr deutlich den Kürzeren.

FAZIT:

Mit Brawlout bekommen Prügel-Fans eine durchaus spaßige Party-Klopperei, die die Wartezeit auf das erste Super Smash Bros. für die Switch zumindest ein wenig verkürzen kann. Mit einer gelungenen Präsentation, einem launigen lokalen Mehrspielermodus und einem soliden Arcade-Modus für Solisten bekommt ihr für knapp 20€ durchaus einigen Mehrwert; selbst wenn sich das Spiel ganz offensichtlich ungeniert am Gameplay der Super Smash Bros.-Serie bedient. Leider mangelt es dem Spiel sowohl am Feinschliff im Balancing als auch am Umfang. Zudem ist der Onlinemodus in der aktuellen Form eine mittlere Katastrophe, die häufig am Rande der Unspielbarkeit balanciert. An dieser Stelle müssen die Entwickler dringend nachbessern, sodass der Titel derzeit nur für lokale Multiplayer-Kloppereien zu empfehlen ist. Bekommen die Entwickler dieses Problem in den Griff, könnte Brawlout insbesondere auch für Playstation- und Xbox-Spieler (die Versionen erscheinen etwas später) eine durchaus nette Alternative zu Super Smash Bros. werden.

Unsere Wertung:
6.5
Michael Prammer meint: "Netter Smash-Klon mit einigen Balancing-Problemen und geringem Umfang. Dafür rockt der Mehrspielermodus - mit Ausnahme des Onlinemodus."
Brawlout erscheint für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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