Role Play Convention 2016: Der Messebericht
10 Uhr morgens, Köln, Haltestelle Messe/Deutz. Eine große Menschenmasse strömt aus der S-Bahn Richtung Messegelände. Die Aufdrucke der T-Shirts zeigen im Regelfall popkulturelle Referenzen auf Videospiele, Serien oder Insider-Gags. Am Treppenaufgang zum Eingang Süd trifft man dann auch die ersten Besucher in Verkleidung: Orks, Assassinen oder Nachtelfen schlagen die letzten Minuten vor dem Einlass tot. Man könnte meinen, es ist wieder Gamescom - doch der Kalender zeigt Ende Mai an. Kenner wissen: dies ist die Zeit für die Role Play Convention. Doch um welche Art von Messe handelt es sich hierbei eigentlich? Wir klären euch auf.
Von Allem etwas
Auf der Role Play Convention geht es, wie der Name vermuten lässt, um Rollenspiele. Und sobald man die Messehallen betritt, fällt einem sofort auf, wie weitläufig dieser Begriff hier ausgelegt wird. So denkt man bei der Thematik vielleicht erst an klassisches Mittelalter, doch am Einlass stehen erst einmal haufenweise Cosplayer in Outfits aus Star Wars Spalier. Es geht also wirklich um das Rollenspiel an sich, also in eine neue Rolle schlüpfen um so dem Alltag zu entfliehen.
Videospiele gibt es etwa bei Nordic Games und EuroVideo. Foto: Manuela Diekmann
Es gibt viele Möglichkeiten ein Rollenspiel auszuleben und die Role Play Convention bietet für jede Variante etwas zum Bestaunen. Falls man auf Live Action Role Play (LARP) steht, kann man sich an diversen Ständen das notwendige Equipment ansehen. Einer der größten Eckpfeiler der Role Play Convention sind Gesellschaftsspiele. Dabei kann man schnell eine klare Trennung zwischen Brett- und Kartenspielen sowie Pen-&-Paper Rollenspiele ausmachen. Beim Pen-&-Paper handelt es sich um ein gemeinschaftliches Rollenspiel, bei dem ein Spielleiter seiner Heldentruppe eine Geschichte erzählt und sie durch ein Abenteuer führt. Mit jeder Entscheidung der Mitspieler spinnt der Spielleiter die Ereignisse weiter, schubst sie hin und wieder in die richtige Richtung und stellt sie dabei vor diverse Herausforderungen und Kämpfe, die dann mit Kreativität und Würfelglück gemeistert werden wollen. In diesem Jahr ist besonders das Pen-&-Paper über den Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft beliebt, hiervon werden diverse neue Kampagnen vorgestellt.
Bei den Brett- und Kartenspielen schaut man sich unterdessen einiges von Videospielen ab und versucht ein ähnliches Spielgefühl zu erzeugen, wie es bei den digitalen Vorbildern der Fall ist. Viele der gezeigten Neuheiten sind kooperative Brettspiele für bis zu fünf Spieler, bei denen man entweder gemeinsam gegen einen Spielmeister oder das Spiel selbst antritt. Die Regeln sind oft komplex und die Spiele opulent ausgestaltet. Haufenweise Karten, Spielsteine, Miniaturfiguren und durchgestylte Spielbretter und Artworks sollen die Videospielwelt am Wohnzimmertisch aufleben lassen. An jeder Ecke werden an Tischen Anspielrunden angeboten. Das ist auch bitter nötig, denn wer das Brettspiel und seine Erweiterungen später im Laden erwirbt, landet schnell bei Geldbeträgen jenseits der hundert Euro. Etwas preisgünstiger sind da Kartenspiele, beispielsweise das offizielle Trading Card Game von Final Fantasy. Pegasus Spiele zeigte mit Yomi ein Kartenspiel, das stark an Beat 'em Ups, wie Street Fighter oder Tekken, angelehnt ist und ein ähnliches Spielgefühl bieten will.
Einkaufsstände sind auf dem kompletten Gelände verstreut. Foto: Manuela Diekmann
Ein familiäres Großereignis
Nun mag man sich etwas wundern, weshalb Leute auf einer Messe Brettspiele ausprobieren. Ist man aber vor Ort, wirkt das alles sehr schlüssig. Die Role Play Convention ist nämlich kein Massenereignis wie die Gamescom. Lediglich eine große, zweistöckige Halle ist belegt und natürlich ist auch das Zielpublikum nicht so groß wie das der Gaming-Messe im August. Es wird eine angenehme Atmosphäre geboten und auch der Lärmpegel bleibt überschaubar. Während drinnen gespielt wird, kann über den umliegenden Außenbereich der Halle nach Herzenslust flaniert werden. Es gibt Live-Musik von mittelalterlichen Bands, die umliegenden Stände servieren meist Gegrilltes. Alles wirkt sehr familiär, einige sind mit Kind und Kegel gekommen.
Sehr auffällig ist die hohe Anzahl an Verkaufsständen. Fast überall kann man seinen Geldbeutel zücken und sich mit den ausgestellten Produkten oder Merchandise eindecken. Da verhärtet sich bei manch einem Besucher der Eindruck, er kommt einerseits um Geld auszugeben und andererseits um zu zeigen, wofür er im letzten Jahr Geld ausgegeben hat. Viele Besucher der Role Play Convention wollen gesehen werden und werfen sich daher in teils opulente Outfits. Steampunk-Dress mit Spitze und Corsage, Videospiel-Cosplay oder Maid-Kleider werden getragen. Diese ganze Atmosphäre wird durch die Anwesenheit vieler Profi-Cosplayer nur noch weiter befeuert. Teilweise reisen ganze Cosplay-Truppen an, etwa die German Garrison (Star Wars) oder die Wasteland-Warriors (Endzeit, Mad Max).
Oft reisen ganze Cosplay-Truppen wie die "Wasteland Warriors" an. Foto: Manuela Diekmann
Für Videospieler gibt es auch Einiges zu sehen. Square Enix ist Hauptsponsor und stellt Final Fantasy XV vor und am Stand von Nordic Games und EuroVideo gibt es unter Anderem Die Gilde 3 und Die Zwerge zum Anzocken. Sony hat irgendwo dazwischen einen Show-Truck mit Uncharted 4 geparkt. Damit man bei allen Angeboten nicht den Überblick verliert, wird am Einlass ein üppiges Programmheft verteilt. Spielrunden, Workshops, Shows; es gibt mehr als genug zu sehen.
Das Fazit ist eindeutig. Die Role Play Convention ist definitiv eine Reise nach Köln wert. Es gibt genug anzusehen und auszuprobieren und selbst wenn man mit der Thematik Rollenspiel nicht viel am Hut hat, kann man hier wunderbar seinen Horizont erweitern. Man bekommt sogar fast ein wenig Lust auf die Gamescom, auch wenn diese im heißen August mit ihren überfüllten Hallen und langen Wartezeiten wohl nicht an den Charme der Role Play Convention heranreichen wird.