Yo-Kai Watch
Der erste Teil des Franchises erschien bereits vor drei Jahren in Japan und war von Beginn an auf die breite Masse der Kinder und Teenager zugeschnitten. Die Vermarktung lief beinahe von Beginn an auf Hochtouren, samt Merchandise, Mangas, Animeserie und -film. Natürlich ließen Nachfolger nicht lange auf sich warten, die zweite Generation konnte sogar knapp das Remake von Pokémon Saphir/Rubin in den Verkaufszahlen überbieten und wurde kürzlich als Release in Nordamerika noch in diesem Jahr angekündigt. Nun hat es zwar lange gedauert, aber Ende April ist der erste Teil der Rollenspiel-Serie auch in Europa erschienen. Können die Yo-kai auch im Westen neben den Taschenmonstern bestehen?
Willkommen in Lenzhausen
Ohne langes Vorspiel kommt Yo-kai Watch direkt zur Sache und zeigt in einer Introsequenz den Hauptcharakter Nathan (kurz Nate), wie dieser in einem Wald unterwegs ist, um Käfer zu fangen. In einen dort stehenden, alten Kapselautomaten wird kurzerhand eine Münze eingeworfen und heraus kommt Whisper, ein Yo-kai, der Nate von da an begleitet und ihn in die Geheimnisse der geisterhaften Wesen einweiht. Er überreicht ihm auch sogleich die namensgebende Yo-Kai Watch, mit der die Geister sichtbar gemacht werden können. Im Folgenden erkunden Nate und Whisper die Spielwelt und freunden sich dabei mit vielerlei Yo-Kai an, die überall in der Region versteckt sind. Das geschieht mittels Kämpfen, die nicht zufallsbasiert erscheinen, sondern gezielt gestartet werden. Lenzhausen kann im Grunde frei bereist werden, einige Gebiete sind jedoch blockiert und benötigen einen höheren Uhrenrang - dieser wird im Verlauf der Story erhöht. Normalerweise - und für die meisten Menschen - sind die Geister unsichtbar und böse Exemplare sorgen für unterschiedliche Gemütsschwankungen bei Nathans Mitbürgern. Auffälliges Verhalten ist immer den Yo-Kai geschuldet, sei es großer Hunger, Streitsucht, Gier oder ähnliches.
Um diese Störenfriede dreht sich auch das eigentliche Spielgeschehen. Kann Nate mithilfe seiner mit ihm befreundeten Yo-Kai die Unruhestifter im Kampf besiegen, besteht die Chance, dass sie sich ihm anschließen. Für jeden so überredeten Geist erhält Nate eine Yo-Kai Medaille, die er zusammen mit seiner Uhr benutzen kann, um das jeweilige Yo-Kai zu beschwören. Hier wurde auf den ersten Blick natürlich viel vom großen Bruder Pokémon übernommen. Neben dem Sammeln der Kreaturen und dem Kämpfen mit denselben gibt es auch hier ein Levelsystem basierend auf Erfahrungspunkten, Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Yo-Kai-Stämmen, normale- sowie Spezialattacken und die Möglichkeit, Heilungsitems einzusetzen. Natürlich wurden all diese Dinge nicht exklusiv von Pokémon übernommen, das Konzept von Yo-Kai Watch drängt jedoch immer wieder den direkten Vergleich auf. Aber wie sieht dieser auf den zweiten Blick aus?
Drehen, Nachzeichnen, Antippen
Das Kampfsystem nutzt zwar auch Wechselwirkungen, unterscheidet sich aber grundlegend von dem der Pokémon-Serie. Nate kann sechs Yo-Kai Medaillen mit sich herum tragen und die entsprechenden Wesen in Kämpfen gegen wilde Yo-Kai einsetzen. Dabei sind auf jeder Seite des Spielfeldes immer drei Geister zugleich in das Geschehen involviert, es stehen sich also insgesamt sechs Yo-Kai gegenüber. Nathans Team wird auf dem Touchscreen ringförmig angeordnet, die unteren Yo-Kai bilden vorerst die Reserve. Durch einen Dreh an dem Rad kann Nate ohne Unterbrechung seine Yo-Kai austauschen, die Auseinandersetzungen laufen nämlich nicht rundenbasiert ab - das ist für diese Art von Kampfsystem ein großer Nachteil. Während des Kampfes hält man den Touchpen in der Hand, da permanent Mini-Aufgaben auf dem Touchscreen anstehen. Die gerade kämpfenden Yo-Kai greifen nacheinander automatisch mit Standardangriffen an. Nathan hat dabei die Optionen, Items einzusetzen, Ziele zu markieren, einen besonders starken Ultiseelschlag auszuführen oder seine eigenen Yo-Kai von einer Beseelung zu reinigen, die ein Weiterkämpfen stark erschweren würde. Die letzten beiden Optionen benötigen vor ihrer Ausführung die Erledigung kurzer Tasks wie Linien nachzeichnen, schwebende Punkte antippen, Kreise zeichnen oder Nebel wegwischen. Die Aufgaben nehmen etwa fünf bis zehn Sekunden in Anspruch und funktionieren bis auf das Nachzeichnen der Linien (hier gibt es öfter Schwierigkeiten bei der Erkennung) einwandfrei.
Warum ist das fortlaufende Kampfgeschehen nun ein Nachteil? Während man auf dem unteren Screen die Aufgaben erledigt, Items verteilt oder Ziele festlegt, greifen die Yo-Kai auf dem oberen Bildschirm weiter an. Des Öfteren will man gerade einen Ultiseelschlag aktivieren und bevor die Linien nachgezeichnet wurden, ist das entsprechende Yo-Kai schon kampfunfähig - oder, in die andere Richtung, wurde der Gegner inzwischen bereits mit Standardattacken besiegt. Dasselbe Spiel bei Items: Wegen fehlender Sortierfunktion sucht man schon mal länger nach dem gerade passenden Item und mit etwas Pech wird es schon gar nicht mehr benötigt, wenn man es endlich gefunden hat. Natürlich handelt es sich hier um einen technischen Aspekt und diese Probleme können bei jedem Spieler stärker oder schwächer ausfallen. Ein anderer Kritikpunkt wäre, dass die Yo-Kai stets eine gewisse Distanz zu Nate und damit dem Spieler bewahren, da sie im Kampf größtenteils selbst agieren. Das macht es schwerer, die Yo-Kai als wirkliche Partner zu betrachten und könnte für viele Spieler eine Blockade beim Eintauchen in die Spielwelt sein, wie man es von anderen Rollenspielen gewohnt ist.
Von den verschiedenen Optionen in Kämpfen macht man nur gegen Bossgegner in vollem Umfang Gebrauch. Während die meisten normalen Auseinandersetzungen mit einem Ultiseelschlag schnell abgehandelt sind, müssen die großen Yo-Kai, die jeweils ein Kapitel der Geschichte abschließen, durchaus taktisch bekämpft werden. Leider sind auch die Bosskämpfe ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite macht es Spaß, nach vielen schnell abgefrühstückten Kämpfen endlich einmal alle Optionen ausnutzen zu können, sogar zu müssen. Andererseits fällt gerade in diesen längeren Fehden auf, dass die Mini-Aufgaben auf dem Touchscreen sehr schnell sehr repetitiv werden. Außerdem tritt das im obigen Abschnitt angesprochene Problem der zwei Bildschirme durch die heftigen Attacken des Gegners noch stärker auf. Dennoch bilden die Bosskämpfe Highlights des Spielgeschehens und einige mehr dieser Art hätten Yo-Kai Watch gut getan.
Klare Handschrift der Entwickler
Gerade im Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad wären mehr solcher Höhepunkte wünschenswert gewesen. Der Großteil der Kämpfe ist schon nach einigen Spielstunden meist mit einer Attacke beendet und auch sonst achtet Yo-Kai Watch darauf, niemanden zu überfordern. Das aktuelle Missionsziel wird zu jeder Zeit angezeigt, dazu weist ohne Unterbrechung ein Pfeil zur aktuell wichtigen Destination. Auch die Funktionen der Watch und die Aktionen innerhalb der Kämpfe dürfen nicht selbst erlernt werden. Während bei Pokémon größtenteils "learning by doing" angesagt ist und weiteres Wissen optional von NPCs verteilt wird, gibt es in Yo-Kai Watch für jede Funktion einen Erklärungsbildschirm. Das geht so weit, dass von Beginn an nicht einmal alle Aktionen verfügbar sind und erst nach etwa 100 Minuten darf man wirklich frei spielen. Ist das für absolute Anfänger noch hilfreich, hört der Spaß irgendwann schon auf, wenn für jede erhaltene Medaille drei Meldungen nacheinander erscheinen, dass gerade eine Medaille errungen und nun verwendet werden kann. Am schlimmsten für ein "Sammeln & Kämpfen"-Rollenspiel dieser Art ist aber, dass durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad sämtliche Yo-Kai-Typen und Wechselwirkungen komplett vernachlässigt werden können. Das macht viele der Gedanken, die die Entwickler in das Kampfsystem gesteckt haben, bereits im Ansatz zunichte. Und Gedanken machte man sich bei Level-5 offensichtlich einige: Neben den normalen Kämpfen, dem Aufleveln und den Typenwirkungen enthält das Spiel auch Evolutionen. Das heißt, dass einige Yo-Kai sich zu stärkeren Exemplaren entwickeln können. Außerdem besteht die Möglichkeit der Fusion zweier Geister, um wiederum einen Stärkeren zu erhalten. Platziert man zudem zwei bis drei Yo-Kai des gleichen Stammes nebeneinander auf dem "Kampfrad", erhält jede Kreatur einen kleinen Bonus.
Zu kritisieren ist außerdem die ständige Erinnerung daran, dass es sich bei Yo-Kai Watch viel mehr um ein multimediales Franchise als ein Videospiel handelt. Die einzelnen Kapitel der Hauptgeschichte erinnern an Episoden des dazugehörigen Anime, sogar einen Blick auf den Yo-Kai Watch-Manga gewährt Level-5 den Spielern. Dieses Cross-Merchandising muss nicht zwingend negativ sein, erweckt aber den Eindruck, Yo-Kai Watch wäre mehr ein Sprachrohr, um das Franchise bekannter zu machen, als ein eigenständiges Videospiel.
Apropos Level-5: Man merkt dem Entwicklerstudio in Yo-Kai Watch deutlich an, dass sie sich auf dem 3DS zu Hause fühlen. Grafisch wird hier eines der besten Erlebnisse auf dem Handheld geliefert, auch der 3D-Effekt ist durchgängig gut anzuschauen (zumindest auf dem New 3DS). Die Cutscenes erinnern in ihrer liebevollen Gestaltung an die Professor Layton-Reihe und lockern die sonst eintönigen Quests der Hauptstory sinnvoll auf. Vor allem in den Nebenquests beweist Yo-Kai Watch darüber hinaus einen Sinn für Humor, der zusammen mit der bestehenden Optionalität die Attraktivität der zahlreichen Nebenquests deutlich erhöht. Der große Bonus an Erfahrungspunkten für das gesamte Team bei Absolvierung einer Aufgabe ist hier ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Konträr zu den eigenständigen und distanzierten Yo-Kai ermöglicht die detaillierte Darstellung einer Vorstadt (samt lokalisierter Schilder) und die erfrischende Offenheit der Stadtbewohner darüber hinaus eine nachhaltige Bindung zwischen Spieler und Spielfigur. Man erlebt den Alltag von Nate, beziehungsweise seinem weiblichen Gegenstück, welcher durch die Entdeckung der Yo-Kai ordentlich auf den Kopf gestellt wurde.
Fazit:
Für einen Erstling einer wohl schon vor Release geplanten Spielereihe präsentiert sich Yo-Kai Watch zumindest oberflächlich erstaunlich ausgereift. Die Spielwelt ist wie von Level-5 gewöhnt detailliert und liebevoll gestaltet (zum Beispiel zieht sich die Spielfigur in jedem Hauseingang die Schuhe aus), darüber hinaus wird die Technik des Handhelds gut genutzt. Während sich die Nebenquests sehr stark präsentieren und oft mehr unterhalten als die Missionen der Hauptstory, werden eben diese von anspruchsvollen Bosskämpfen gekrönt. Leider bleiben diese Kämpfe auch das einzig Anspruchsvolle an Yo-Kai Watch. Der Schwierigkeitsgrad ist nicht nur nicht existent, er macht durch seine Abwesenheit sogar einige wichtige Aspekte des Kampfsystems zunichte. Das wiederum ist zwar einigermaßen innovativ, steht sich mit seinen andauernden Mini-Tasks und der Aufspaltung auf zwei Bildschirme aber selbst im Weg. Ob diese Kritikpunkte in dem bald im Westen erscheinenden zweiten Teil ausgebessert werden, bleibt abzuwarten.
Aber wir sind ja für jedes Spiel das bei uns erscheint froh . Und sicher wird es auch seine Fans finden .
...
Aber dieser deutsche "Titelsong" ist ja mal richtig schlecht (◎_◎;) .
(meine Meinung)
Momentan sieht es aber so aus, dass sich mit Sun und Moon das ändern wird.
Hat jemand Erfahrungen mit den Nachfolgern von Yo Kai Watch? Bzw, ist das einigermaßen informiert. Ich glaube nämlich, dass die Reihe richtig potential hat und mich würde interessieren, ob sie auch hier angemerkte Schwächen ausgebessert haben.