NplusX-Analyse: Nach dem Soft-Launch – Nintendos Kampf gegen die Wölfe
Frühling 2013. Nintendos Wii U-Konsole ist frisch auf den Markt gekommen, mit gar nicht mal schlechten Startverkaufszahlen. Nun bricht ihr erstes vollständiges Jahr an. Doch Nintendo kann keines seiner blumigen Versprechen halten. Der Publisher verschiebt ein angekündigtes Spiel nach dem anderen; das Betriebssystem ist unfertig und unperformant, die Manager können sich für Versäumnisse nur entschuldigen und einräumen, dass sie den Aufwand für HD-Spiele unterschätzt haben. Der Preis der Konsole sinkt schnell.
Enttäuschte pöbeln in Communities und Sozialen Medien, Kritiker belächeln das neue System, Fans spekulieren ins Vakuum hinein und Nintendo schweigt und lässt all das geschehen. Wii U haftet von diesem Moment ein Loser-Image an, das die Konsole zeitlebens nicht mehr loswird. Es ist der Beginn einer Abwärtsspirale, angestoßen von Nintendos eigenen Fehlern, angeheizt von unzufriedenen Fans.
Weil Fans die Konsole kaum weiterempfehlen, verkauft sie sich nicht. Weil sie sich nicht verkauft, springen immer mehr Third-Party-Publisher ab. Ohne Third-Party-Publisher erscheinen noch weniger hochwertige Spiele auf der ohnehin kargen Konsole. Ohne Spiele wird sie noch unattraktiver. Und eine unattraktive Konsole empfehlen immer weniger Fans weiter. Ein Teufelskreis, der sich immer weiter selbst verstärkte, bevor er schließlich abebbte und die Wii U-Konsole geschlagen zurückließ.
Nintendo Switch ist noch schwächer gestartet als Wii U – mit einer wichtigen Einschränkung
Jetzt ist Nintendo Switch erschienen, und aus vielen Perspektiven muss man sagen: noch schwächer als Wii U. Zum Launch sind absurd wenige Spiele von größtenteils nur mäßiger Qualität auf den Markt gekommen. Dazu scheint es zumindest vereinzelt Qualitätsprobleme mit den Controllern zu geben und einige Fehler, die es im Betriebssystem auszumerzen gilt – klassische und gar nicht mal dramatische Kinderkrankheiten, die es auch deshalb ins fertige Produkt geschafft haben, weil Nintendo es aufgrund der vorzeitig abgebrochenen Wii U-Generation schnell auf den Markt bringen wollte – und musste.
Nur ein leuchtendes Beispiel strahlt zum Switch-Start: The Legend of Zelda – Breath of the Wild ist eines der besten Spiele aller Zeiten geworden und trägt die neue Konsole für Early Adopter quasi im Alleingang durch ihre ersten Monate. Fast alle der ersten Switch-Käufer haben sich das Spiel zugelegt und dürften damit lange und gut beschäftigt sein.
Doch droht Nintendo Switch nun trotz The Legend of Zelda eine ähnliche Negativdynamik wie Wii U? Es wäre zumindest falsch, die Indizien zu verleugnen. Ähnlich wie in der Wii U-Generation treten dieser Tage Nörgler auf den Plan, die mit nahezu lobbyistischem Eifer versuchen, eine „Ich hab’s euch doch gesagt“-Rhetorik in der öffentlichen Debatte zu zementieren - mit immer wiederkehrenden Posts und penetrant ähnlichen Botschaften. Solche Missionare, solche besonders lautstarken Minderheiten, sind nicht selten die ersten, die eine dynamische Abwärtsbewegung anschieben. Zumal abzusehen ist, dass es in den kommenden Wochen fast nichts anderes geben wird, was Gesprächsstoff bietet. Nintendo wird bis Ende April kein neues Switch-Spiel veröffentlichen.
Diesmal hat Nintendo nicht das Blaue vom Himmel versprochen
Doch über Wohl und Wehe der neuen Konsole entscheiden nicht allein ein paar lautstarke Kritiker – Nintendo selbst hat es in der Hand, wie in den kommenden Wochen über seine Konsole gesprochen wird. Und es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Start von Wii U und Nintendo Switch, der eindeutig für das neue System spricht: Diesmal hat Nintendo vor dem Launch nicht das Blaue vom Himmel versprochen. Es war allen klar, dass die Konsole mit nur wenigen Spielen erscheinen würde, dafür aber überraschend schnell. Es war allen klar, wie die Preise zum Start aussehen würden. Und es ist allen klar, welche Titel in den kommenden Monaten auf den Markt kommen werden, nämlich ausschließlich Mario Kart 8 Deluxe am 28. April, ARMS im Mai / Juni und Splatoon 2 im Juni / Juli / August.
Es stand und steht jedem frei, die Konsole nicht zu kaufen, zu warten oder gar ganz Abstand von Nintendo zu nehmen. Wer sie heute besitzt, muss jedoch wissen, worauf er oder sie sich eingelassen hat. Kritik verbietet sich dadurch nicht. Doch Fans können Nintendo heute im Gegensatz zur Wii U-Generation nicht den Vorwurf machen, enttäuscht zu haben. Denn Enttäuschung entsteht aus nicht erfüllten Erwartungen. Wo keine Erwartungen sind, kann jedoch auch keine Enttäuschung entstehen.
Nintendo greift dem Meckern und Mosern proaktiv vor
Nintendo scheint aus einem wichtigen Fehler der Wii U-Generation gelernt zu haben und überlässt seine neue Konsole in diesen Tagen nicht schutzlos sich selbst. Aktiv hat das Unternehmen nach dem Launch aus der ganzen Welt gute Verkaufszahlen vermeldet – top in Frankreich, top in Spanien, in den USA und Japan sowieso. Unbedingt wollte Nintendo den Eindruck eines schleppenden Starts vermeiden.
Auch in der Debatte um mögliche Qualitätsprobleme bei den JoyCons überlässt man die Konsole nicht denjenigen, die sich im Internet das Maul darüber zerreißen. Reggie Fils-Aimé persönlich (!) hat zuletzt im bekannten TIME-Magazine (!) zu den vermeintlichen Qualitätsproblemen der Konsole Stellung bezogen und versucht, Ruhe in die Debatte zu bringen. Ein eher ungewöhnlicher Schritt, dass der Firmenboss selbst sich mit Reklamationen einzelner Fans befasst. Er deutet darauf hin, dass Nintendo dem Geschwätz und der Dynamik der Online-Diskussion, die sich leicht unkontrollierbar hochschaukeln kann, diesmal vorbeugen will.
Dennoch: Nintendo würde nicht gut damit fahren, die ungeduldigen Fans in den kommenden Monaten nur mit ein paar vereinzelten Neuerscheinungen im eShop abzuspeisen. Die Erfahrung hat gezeigt: Wo ein Vakuum an Informationen und Software-Nachschub besteht, dort suchen sich die Fans eine andere Beschäftigung und prügeln sich in Online-Foren um die Meinungshoheit.
Nintendo wäre gut beraten, schon in den kommenden Wochen – und in jedem Fall vor der E3 – einen Ausblick auf die kommenden Switch-Monate zu geben; zumindest kleine Info-Häppchen, die den Fans wieder etwas zu diskutieren geben; einen neuen Trailer zu Super Mario Odyssey zum Beispiel. Denn sobald es etwas Konkretes zu bereden gibt, müssen Fans nicht Kleinigkeiten aufblasen und das neue System zerreden, bevor es richtig gestartet ist.
Nur: "Reggie Fils-Aimé persönlich (!) hat zuletzt im bekannten TIME-Magazine (!) zu den vermeintlichen Qualitätsproblemen der Konsole Stellung bezogen." "Vermeintlich". Mein JoyCon ist seit ein paar Tagen beim Repair Center von Nintendo. Jo, dann bin ich halt Nörgler, aber es nervt halt, dass ich 400€ für Zelda ausgegeben habe, aber es nun nicht spielen kann, da ich faktisch nur einen halben Controller daheim habe. Gänzlich unvermeintlich.
Na, bei den allermeisten läuft die Konsole problemlos, was natürlich die realen Probleme nicht verschwinden lässt.
Ist blöde (so wie mit Deinem Controller) und tut mir leid. Aber als (zwangsoptimistisches) pro: Du hast länger was von Zelda. :P
Das Problem wurde durch WiiConnect24 verursacht. So wurde auch im Standby die Verbindung aufrecht gehalten und stetig der Speicher durch die Wärmeentwicklung belastet.
Hab dann beim neuen Modell vorsichtshalber WiiConnect abgeschaltet.
wie viele Kunden betrifft es wirklich?
Ist doch die Resonanz von unzufriedenen Kunden immer höher als von den Zufrieden. Wer macht sich schon die Mühe wenn alles gut läuft sich beim Hersteller zu melden?
Ein Trailer zu Super Mario wäre zwar schön, aber von mir aus reicht auch neben Super Mario ein weiterer Knaller, der auf der E3 verkündet (Pokemon) wird. Gerade vor Weihnachten müssen dann aber einige Spiele für 2018 bekannt sein.