Final Fantasy XV
Neuer, schwieriger Story-Ansatz
Nach der Veröffentlichung von Final Fantasy XIII folgten die Fortsetzungen “XIII-2” und “Lighting Returns”, die bei Fans allerdings auf eher wenig Gegenliebe stießen. Für Square Enix nicht wirklich ein gutes Geschäft, weshalb man sich bei Final Fantasy XV für einen etwas anderen Ansatz für das Storytelling entschied. Ganz generell bleibt es bei einem einzigen Videospiel, wie in den guten alten Zeiten. Dennoch wird die darin enthaltene Story nicht ausschließlich von eben diesem Spiel beleuchtet, sondern auch aus anderen Ecken. So veröffentlichte Square Enix bereits im Vorfeld den 3D-Animationsfilm “Kingsglaive: Final Fantasy XV” in Spielfilmlänge sowie eine sechsteilige Anime-Serie mit dem Titel “Brotherhood: Final Fantasy”. Sie erzählen die Vorgeschichte oder andere Blickwinkel der Haupthandlung, die der geneigte Fan natürlich kennen sollte, bevor er Final Fantasy XV überhaupt zum ersten Mal startet.
Das Konzept ist marketingtechnisch natürlich höchst effizient. Seit Monaten lief so die Werbemaschinerie für das neue Rollenspiel auf Hochtouren. Dabei ist zu erwähnen, dass sowohl Brotherhood wie auch Kingsglaive zwar keine Bäume ausreißen, jedoch beide als recht gelungen bewertet werden können. Im Fansprech nennt man diesen Ansatz übrigens “Expanded Universe”. Ob die Umverteilung auf Film, Serie und Mobile-Tie-In (Justice Monsters Five) langfristig besser ankommt als weitere Videospiele im Stile von XIII-2, werden die Fans sicher lautstark kundtun.
Für das Spiel selbst bedeutet dies in der Konsequenz: das Storytelling ist ein ziemlicher Flickenteppich. Zum Beginn gibt es nicht etwa einen Supercut aus Film und Anime-Serie, man wird relativ salopp in das Spiel hineingeworfen. Sequenzen aus dem Film tauchen beispielsweise recht unerwartet in Form einer Traumsequenz der Hauptfigur auf und man wird als Konsequenz über die komplette Dauer von Final Fantasy XV nicht das Gefühl los, dass es zwar Ereignisse in der Spielwelt gibt, diese aber nicht wirklich eine um den Spieler zentrierte Handlung darstellen. Über 14 Kapitel zieht sich die Handlung, die zunächst etwas Zeit braucht um Fahrt aufzunehmen und teils in schwankender Qualität erzählt wird.
Mit der Boyband auf Tour
Die Welt von Final Fantasy XV teilt sich in die rivalisierenden Königreiche Lucis und Niflheim auf. Ein Friedensvertrag mit dem immer stärkeren Reich Niflheim soll einer Entgleisung der Machtverhältnisse vorbeugen. In diesem Rahmen soll Prinz Noctis von Lucis mit der Prinzessin Lunafreya Nox Fleuret aus Niflheim verheiratet werden und bricht daher zum Spielbeginn mit seinen Begleitern zu seiner Hochzeit nach Altissia auf. In der Truppe ist für jeden Fan Interest die passende Figur dabei. Neben Emo-Crush Noctis gibt es den cleveren und besonnenen Ignis, den kräftig-härteren Kerl Gladiolus und das knuffige Nesthäkchen Prompto.
Die Reise nach Altissia wird recht unmittelbar durch eine Panne eures Autos unterbrochen. Dieses dient euch als Fortbewegungsmittel in der sehr offenen Spielwelt von Final Fantasy XV, die euch allerdings nicht durch das komplette Spiel begleitet. Kurz nach der Hälfte wird das Spiel wesentlich linearer und traditioneller, während die erste Spielhälfte in Sachen Stil und Gameplay eifrig bei westlichen Open-World-Spielen anklopft. Wenn man mit dem heißen Schlitten über die Highways fährt und diverse Sidequests erledigt, fühlt sich alles ein wenig an wie in den ersten Spielstunden eines Grand Theft Auto. Und das ist natürlich gewollt. Bei einem Spiel dieser Größenordnung müssen auch Spielerschaften abseits der Fans angesprochen werden, damit sich das Projekt rentiert.
Während die Boygroup ihre Tour nach Altissia fortsetzt, kommt es in der Heimatstadt Insomnia zum Überfall. Die Stadt wird eingenommen und während Schlachtschiffe über die Hauptstadt und die Ländereien Lucis streifen, muss Noctis durch die Zeitung vom Tod seines Vaters und Königs Regis Lucis Caelum erfahren. Die Gruppe taucht daraufhin zunächst unter und nimmt sich die Rettung Lunafreyas vor. Von hier aus entfaltet sich die üppige, durchgestylte Handlung von Final Fantasy XV, die vom Spieler locker an die 40 Stunden abverlangt, bevor der Abspann über den Bildschirm flimmert. Dabei werden bedauerlicherweise einige Fragen zu Gunsten eines künftigen Ausbaus der Handlung offen gelassen. Im Anschluss bietet sich dann noch die Möglichkeit zusätzliche Aufgaben zu absolvieren. Wer wirklich alles sehen will, kann auch gut und gerne an die 100 Stunden investieren. Richtig stark!
Flottes, einsteigerfreundliches Kampfsystem, tolle Technik
Das Kampfsystem von Final Fantasy XV präsentiert sich sehr actionlastig. Rundenbasierte Komponenten wurden vollends über Bord geworfen und man orientiert sich eher an Titeln wie Xenoblade Chronicles. Kämpfe gegen besonders große Monster sollen ein wenig Monster Hunter Flair versprühen. Ein Großteil der Kampftaktik findet tatsächlich vor dem Kampf statt. Waffen und Ausrüstungsgegenstände wollen intelligent aufgerüstet und angelegt werden. Die Möglichkeiten sind hier aber nicht so komplex wie bei anderen Genre-Vertretern. Bei dem von euch kontrollierten Charakter Noctis lassen die Waffen auch im Kampf jederzeit wechseln, sodass ihr für jede Kampfsituation die passende Antwort parat habt. Darüber hinaus kann er die sogenannten Königswaffen nutzen, die nochmal etwas mehr Varianz ins Kampfgeschehen bringen.
Insbesondere zu Beginn des Spiels sind Konfrontationen mit Gegnern eher ein munteres Draufgekloppe. Damit das flott von der Hand geht, kann euer Charakter schnelle Sprünge zum jeweils anvisierten Gegner machen, um ihm eins auf die Mütze zu geben. Diese Aktion verbraucht allerdings entsprechende Aktionspunkte. Eure Mitstreiter helfen derweil wo sie können, heben euch hoch wenn ihr umgeworfen wurdet und hauen dabei einen, auf die Dauer nervigen, Spruch nach dem anderen raus. Wichtig ist übrigens nur, dass Noctis überlebt. Solange ihr selbst noch ein paar Lebenspunkte habt, seid ihr noch im Spiel. Der Rest lässt sich leider ein bisschen zu leicht mit den oft recht mächtigen Items auffangen, die spätestens dann ausreichend vorhanden sind, sobald ihr einige lukrative Nebenaufgaben erledigt habt. Und selbst wenn ein Charakter doch mal sterben sollte, gibt es ein kleines Zeitfenster in dem er gerettet werden kann. Wer sich zu Beginn also nicht vom Spiel erschlagen lässt und sich mit seinem System beschafft, der wird feststellen, dass der Schwierigkeitsgrad nicht sonderlich hoch ist.
Die Kämpfe finden direkt in der Spielwelt statt, einen dedizierten Kampfbildschirm gibt es schon lange nicht mehr. Wollt ihr vor dem Kampf flüchten, müsst ihr einfach nur die Beine in die Hand nehmen und den markierten Kampfradius verlassen. Stellt ihr euch der Schlacht, führt ihr alle Aktionen unmittelbar aus, darunter auch das Kontern und Parieren. Recht generös zeigt euch das Spiel die dafür notwendigen Aktionstasten an und gibt euch entsprechend Zeit. Anfänger sind also auch bei den Basis-Aktionen nicht überfordert und Veteranen rollen vermutlich mit den Augen. Denn eigentlich ist das Kampfsystem raffiniert, jedoch verkauft es sich dank solcher Mechanismen zu oft unter Wert und fördert damit einen eher gelangweilten Spielstil.
Natürlich gibt es abseits der Action-Elemente auch taktische Raffinessen. Zaubersprüche sind aber beispielsweise recht limitiert, da sie oft eine hohe Abklingzeit besitzen und vorab auch erst einmal eingesammelt werden müssen. Eine Mechanik, die dem Draw-System von Final Fantasy VIII nicht ganz unähnlich ist. Auch Beschwörungszauber können nicht einfach so ausgesprochen werden und scheinen eher willkürlich angeboten zu werden, weshalb diese ebenfalls nicht unbedingt ein integraler Bestandteil der taktischen Kampfplanung sein können.
Bleibt also noch das Level-System, um eure Teammitglieder entsprechend zu spezialisieren. Neben dem normalen Leveln via Erfahrungspunkte könnt ihr zudem noch Fertigkeitspunkte ergattern. Diese erhaltet ihr mitunter sogar für marginale Aktionen wie Gespräche mit euren Teamkollegen. Die Fertigkeitenpunkte lassen sich dann auf einem Spielbrett investieren, welches ein wenig an das Sphäro-Brett aus Final Fantasy X angelehnt ist. Das Brett bietet verschiedene Skill-Bäume, die ihr nach und nach ausbauen könnt. Dabei könnt ihr euch entweder auf einen Skill-Baum konzentrieren oder ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten abdecken. Generell gilt aber: Je weiter ihr in einem Skill-Baum vorankommt, desto teurer sind die neuen Fertigkeiten. Die Fähigkeiten müssen sich übrigens nicht unbedingt direkt auf einen einzelnen Charakter beziehen, sondern können auch die Gruppenstärke oder die Königswaffen von Noctis verbessern.
Rein technisch gibt es an Final Fantasy XV übrigens nichts auszusetzen. Bei einem Spiel dieser Größenordnung ist dieser Satz dann auch fett zu markieren. Natürlich gibt es hin und wieder kleinere Ruckler wenn viel auf dem Bildschirm los ist, davon ab läuft der Titel aber butterweich und kann auch mit seinem Soundtrack punkten. Auch die Synchronsprecher gehen in Ordnung, nur das Over-Acting könnte manche Spieler stören. Hier bietet das Spiel aber genug Optionsmöglichkeiten. Selbst Kombinationen wie ein deutsches Spiel mit japanischer Sprache sind möglich.
Fazit:
Final Fantasy XV ist ein wirklich sehr gutes und sehr umfangreiches Action-Rollenspiel mit toller Spielbarkeit und fantastischer Optik. Dass der Titel unter einigen Startschwierigkeiten und Längen leidet, ist in erster Linie der oftmals nicht sehr gut erzählten Handlung geschuldet. Hier benötigt man als Spieler durchaus etwas Biss und Durchhaltevermögen, bis der Titel so richtig zündet. Man bekommt den Verdacht, die Entwickler haben ob der schieren Größe des Titels an einigen Stellen den Fokus aus den Augen verloren. Ein Aspekt, der in der Zukunft tatsächlich mit einigen zusätzlichen Gratis-DLCs neben den geplanten kostenpflichtigen Add-Ons ausgebessert werden soll. Final Fantasy XV könnte also zu einem echten Genre-Evergreen werden. Für den Moment ist das Paket zwar nicht phänomenal, aber dennoch locker eines der besten JRPGs der letzten Zeit.
Michael Prammer meint:
Final Fantasy XV ist ein tolles Action-Rollenspiel geworden. Die Charaktere sind authentisch und die Story nimmt im Verlauf beinahe märchenhafte Züge an, wenngleich die Qualität der Geschichte mitunter große Schwankungen aufweist. Gerade zu Beginn ist der Einstieg sehr zäh und auch in den letzten Kapiteln sind einige nervige Passagen vorhanden. Das tut dem eigentlichen Spiel aber keinen großen Abbruch. Auch nach der eigentlichen Haupthandlung offenbart das neue Final Fantasy seine große Stärke. Es darf viel erkundet, vieles entdeckt werden. Wem der Schwierigkeitsgrad bis dato zu leicht war, kommt mit den neuen Aufgaben, die sich aus optionalen Dungeons, Sidequests und Jagdmissionen ergeben, voll auf seine Kosten. Das Maximallevel 99 sollte für alle Hardcorefans eine besondere Aufgabe darstellen. Leider macht der Titel nicht alles richtig: Gerade das eigentlich gut durchdachte Kampfsystem offenbart einige Schwächen. So kommt man in vielen Kämpfen durch simples Buttonmashing oftmals besser ans Ziel, als wenn man sich mit den vielen kleinen Finessen der Kampftaktik auseinandersetzt. Auch die Rollenspielelemente wie Rüstungen, Waffen und andere Gegenstände fallen für einen Genrevertreter dieser Größenordnung etwas zu knapp aus. Die gelungene Technik, der tolle Soundtrack und die teils grandiose Inszenierung machen aber die kleineren Fehler schnell wett; und so kann ich die Wertung meines Kollegen blind unterstreichen.