Test

Steep - Ubisoft macht die Alpen zum Spielplatz

Von Nico Zurheide am 17.12.2016

Steep ist ein MMO-Wintersportgame, das in den Alpen angesiedelt ist. In einem riesigen und frei begehbaren Gebiet können sich Spieler hier mit Skiern, Snowboard, Wingsuit und Fallschirm austoben. Der Wechsel zwischen den Sportgeräten ist dabei beinahe jederzeit möglich, sodass man beispielsweise mit dem Wingsuit von einer Aussichtsplattform starten kann, drei Kilometer weiter auf den Fallschirm wechselt, an einer schönen Stelle landet und dann mit dem Snowboard die restliche Abfahrt bis zum Tal absolviert. Diese Kombinationsmöglichkeiten sind ein Segen für das sonst sehr einfache Spielprinzip à la „Fahr von A nach B“ und lassen nicht zu schnell Langeweile aufkommen.

Sie standen an den Hängen und Pisten

Ebenso barrierefrei wie der Wechsel der Disziplinen funktioniert die Bewegung in der bergigen Spielwelt, die unter anderem Tirol und das Gebiet um den Mont Blanc beinhaltet. Mittels Schnellreise können Spieler jederzeit entweder zu einem Basislager teleportieren, von dem aus weitere Ziele angesteuert werden können, oder direkt in eine Challenge starten. Diese Herausforderungen sind zahlreich an den Hängen der Alpen verteilt und variieren in Sportart und Schwierigkeitsgrad. Neue Orte müssen dabei erst mit dem spielinternen Fernglas als Dropzone markiert werden, bevor sie angesteuert werden können. Das Ziel der Challenges besteht meist in einer möglichst schnellen Bewältigung der Strecke, oft geht es aber auch um das Erreichen einer möglichst hohen Punktzahl für ausgeführte Tricks. Nicht alle Orte lassen sich jedoch direkt von Beginn an mit der Schnellreise ansteuern, für viele Berggipfel benötigt die Spielfigur erst eine höhere Stufe. Theoretisch könnte man auch zu Fuß einen Berg besteigen, dieser zeitliche Aufwand steht aber in keinem Verhältnis zum Nutzen - der auf einer zu niedrigen Stufe dann auch nur aus einer tollen Aussicht besteht, da die Aufgabe noch gesperrt wäre.

So bleibt einem erst einmal nichts anderes übrig, als sich nach und nach vom unbekannten Hobbysportler zum international anerkannten Extremsport-Profi hochzuarbeiten. Ein Manager, der den Protagonisten immer wieder über ein Funkgerät kontaktiert, leitet zu Beginn des Spiels durch die verschiedenen Events, die einem die Grundlagen der jeweiligen Sportarten beibringen. So lassen sich die doch simpel gehaltenen Mechaniken schnell erlernen, will man aber ausgefeiltere Tricks ausführen, kommt man an viel Übung kaum vorbei. Das Gameplay mit Snowboard, Skiern und Wingsuit funktioniert insgesamt so, wie es bei einem Spiel dieser Art sein sollte. Etwas Übung benötigt die Steuerung des Paragliders, bei dem man die Aufwinde nutzen muss, die nah an den Hängen die Berge hochfegen. Insgesamt wählt Steep einen etwas realistischeren Ansatz als etwa SSX, ist aber dennoch „arcadig“ genug, um reichlich Spielspaß zu bieten. Abzüge gibt es trotzdem in der B-Note: Die Buttons lassen sich nicht frei belegen und die Kamera ist beim Fahren starr hinter der Spielfigur verankert, weil beide Sticks zum steuern benötigt werden. Dies wäre kein großes Problem, doch immer wieder entwickelt die Kamera ein stures Eigenleben. Das kann am Hang zu einigen Frustmomenten führen, in denen die Abfahrt eher zum Krampf wird. Vor allem, wenn der Fahrer immer erst zum Stehen kommen muss, weil die falsche Richtung eingeschlagen wurde, nervt das Kameraproblem. Auch die optionale Ego-Perspektive verschafft da wenig Abhilfe, hier fehlt einfach die Übersicht und die Bewegungen wirken enorm hektisch. Da die Strecken während der Challenges nicht markiert werden, sondern lediglich Checkpoints die Richtung vorgeben, kann so eine Situation schonmal häufiger eintreten.

Die Alpen von ihrer schönsten Seite

Natürlich lässt man sich durch die atemberaubende Landschaft auch hin und wieder mal ablenken. Grafisch kann Steep mit aktuellen AAA-Titeln locker mithalten, auch wenn die Modelle der Bäume von Nahem altbacken wirken. Dafür glänzen Schnee und Himmel mit Realismus, und auch die Geräusche beim Fahren lassen ein echtes Wintersportfeeling aufkommen. Die dynamische Untermalung mit Musik passt ebenfalls gut ins Bild. Bewegt sich die Figur nicht oder nur langsam, hört man außer dem Pfeifen des Windes kaum etwas. Sobald die Fahrt oder der Flug aber losgeht, baut sich die Hintergrundmusik passend zum Tempo auf. Bei einem Sturz setzt dann direkt wieder Stille oder ein Zeitlupentempo ein. Ein gutes Konzept, das so zum Beispiel bereits in Red Dead Redemption für reichlich Atmosphäre sorgte.

Zwo, Eins, Risiko!

Dennoch wird die Winteridylle immer wieder gestört - und zwar durch eine regelrechte Dauerwerbung von Wintersportausrüstern und den im Extremsport omnipräsenten Red-Bull-Konzern. Auf dem Weg an die Weltspitze fährt man auf zahlreichen gesponserten Veranstaltungen und durch die Customization-Funktion der acht implementierten Fahrer wird eine ganze Palette an Ausrüstung und Kleidung dargeboten. Die Kleidung ist in Steep meist rein kosmetischer Natur und kann mit Ingame-Währung bezahlt werden. Die sogenannten Steep-Punkte können einerseits durch absolvierte Challenges erworben werden, andererseits bringen aber auch gefährliche und spektakuläre Aktionen Punkte. So kann ein Vorbeirauschen an einem Baum im Sturzflug knapp über dem Boden bis zu 2500 Punkte bringen, während eine entspannte Abfahrt hier und da 20 Punkte springen lässt. Ein dickes Konto kommt vor allem im Online-Modus zum Tragen, wenn man sich von den anderen Fahrern abgrenzen will. Wer aber wirklich auffallen möchte, muss schon einige Goldmedaillen in den Herausforderungen erringen - diese schalten einzigartige Gegenstände wie ein Yeti-Kostüm frei.

Andere Spieler werden übrigens ständig in der Welt angezeigt, sofern das Gerät online ist. Angst vor Kollisionen muss man hier allerdings nicht haben, die fremden Sportler nehmen keinen Einfluss auf das eigene Spiel. Um das angepriesene Hauptfeature von Steep zu nutzen (SHARE!), benötigen Konsolenspieler allerdings die jeweilige Bezahlvariante des Onlinespiels. Gehört man zu diesen Abonnenten, kann man sich mit Freunden zu Gruppen zusammenschließen und dann gemeinsam die Alpen erkunden. Jede gefahrene Strecke lässt sich außerdem direkt im Replay anschauen, dabei lassen sich die waghalsigen Stunts mit kinoreifen Kamerafahrten einfangen. So entstandene Clips können dann bei Bedarf online geteilt werden. Interessanter wird es jedoch, wenn man aus seiner eben bewältigten Abfahrt eine personalisierte Challenge erstellt, samt Einstellung von Länge, Spielmodus und Sportgerät. So lassen sich ganz leicht verschiedenste Herausforderungen teilen und mit einer aktiven und kreativen Community könnte Steep so für Langzeitmotivation sorgen. Denn ein Problem des Sportspiels ist die Beschränktheit der Möglichkeiten, auch wenn die Entwickler eigentlich nichts dafür können. „Eigentlich“, denn unverschämterweise verstecken sich direkt im Season Pass vier weitere Sportgeräte, bzw. neue Arten der Fortbewegung: Schlitten, Rocket Wings, Speed Gliding und Base Jumping. Die vier im Hauptspiel enthaltenen Sportarten bieten nicht unbedingt auf Dauer aufregende Momente, zumal sich die Challenges schnell ähneln. Eine Abkopplung des weiteren Inhalts ist hier wirklich nichts anderes als Geldmacherei.

Fazit:

Die Idee, ein Wintersportspiel in einem riesigen Gebiet zu einem MMO zu machen, gab es womöglich schon öfter (beispielsweise ist vor drei Jahren der Free-to-play-Titel SNOW erschienen) - doch Steep schafft es wie kein Spiel vorher, diese Idee Realität werden zu lassen. Vor einer optisch und atmosphärisch überaus eindrucksvollen Kulisse bieten die vier verschiedenen Sportarten einige Stunden abwechslungsreiche Unterhaltung. Aber eben nur einige Stunden. Der in Zusatzinhalten versteckte Content hätte dem Hauptspiel definitiv gutgetan, zumal Steep zu der Art von Spielen gehört, die auch noch lange nach Release mit neuen Inhalten versorgt werden könnte. So müssen Extremsportfans auf die von anderen Spielern erstellten Challenges zurückgreifen, wenn sie nicht mit einer einfachen Abfahrt zufrieden sind. Einfach gestaltet sich löblicherweise auch die Steuerung, obwohl es des öfteren Probleme mit der nicht frei kontrollierbaren Kamera gibt. In den Replays zeigt der Titel aber, dass es auch anders geht, denn hier lassen sich die kinoreifen Stunts in kurze Clips verpacken und mit der Welt teilen. Für Einzel- und Offlinespieler bietet das MMO logischerweise wenig Abwechslung. Alle anderen finden hier ein beinahe alternativloses Wintersportspiel, das den Vollpreis allerdings nicht rechtfertigt.

Unsere Wertung:
7.5
Nico Zurheide meint: "Wunderschöne Winterlandschaft trifft auf solides Gameplay, doch der Inhalt lässt zu wünschen übrig."
Steep - Ubisoft macht die Alpen zum Spielplatz erscheint für PC und PlayStation 4 und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
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1 Kommentar:
Belphegor)
Belphegor
Am 17.12.2016 um 15:36
Ist sogar 0,5 bis 1 Punkt zu hoch angesiedelt. Wegen der fragwürdigen DLC Politik weswegen das Game künstlich beschnitten wurde um 80 € anstatt 60 € dem Käufer aus der Tasche zu ziehen, muss man das Game einfach abwerten. Die erste Stunde macht Laune. Danach flacht es nach und nach ab.