Blanc
Gute Koop-Spiele sind seit jeher auf so ziemlich allen Konsolen und Systemen gerne gesehen. Egal ob man jetzt in Super Probotector Aliens verhaut, in Overcooked leckeres Essen kocht oder in Portal 2 Rätsel löst: Gemeinsam mit Freunden auf der Couch machen viele Spiele einfach mehr Spaß, wobei so manche Vertreter wie das großartige It Takes Two sogar so weit gehen, dass man sie ohne Mitspieler gar nicht erst richtig spielen kann. Die Spannweite der möglichen Spiele erstreckt sich mittlerweile über alle möglichen Genres, sodass für wirklich jeden etwas dabei sein dürfte; egal ob ihr jetzt Bälle oder auf Bösewichte schießen möchtet. Das kleine und jüngst erschienene Spiel Blanc kann man in diesem Zusammenhang irgendwo zwischen Kunst und entspannter Rätselkost einordnen. Wie es sich in diesem Bereich schlägt und ob sich die knapp drei Stunden Spieldauer lohnen, haben wir uns für euch einmal angesehen.
Zusammen ist man weniger allein
Die Geschichte von Blanc ist schnell erzählt: Als junger Wolf kommt ihr unter einer Schneedecke hervor und müsst feststellen, dass eure Familie nicht mehr da ist. Ohne einen Schimmer, wohin sie verschwunden ist oder warum sie euch zurückgelassen hat, macht ihr euch auf die Suche und begegnet schnell einem Rehkitz, dem es ähnlich ergeht. Als ungleiches Paar macht ihr euch auf den Weg, den Spuren eures Rudels beziehungsweise eurer Herde zu folgen, die beide praktischerweise in dieselbe Richtung führen. Anfangs noch scheu und ängstlich dem Partner gegenüber nähern sich die beiden im Verlauf der zehn Kapitel, die das Spiel umfasst, immer weiter an und werden zu Freunden, die ihre jeweilige Reise alleine nicht hätten bewältigen können. Das komplett jugendfreie Spiel kommt nicht nur ohne Farben, sondern auch ohne gesprochene oder geschriebene Worte aus und erzählt seine Geschichten in den Kapiteln alleine mittels der Gesten und Geräusche, die die Figuren machen. Das klappt die meiste Zeit über sehr gut und schafft Situationen, in denen uns einzelne Figuren, denen wir begegnen, schnell ans Herz wachsen. Vermutlich auch deswegen, weil die meisten der gezeigten Charaktere Jungtiere und damit beinahe automatisch niedlich sind. Nur gelegentlich kann der Erzählstil offene Fragen nicht komplett beantworten und erfordert ein wenig Interpretation eurerseits. An der Qualität des Titels ändert das aber nichts.
Viel Teamplay, einfache Rätsel
Auch spielerisch lässt sich Blanc schnell zusammenfassen: Je nachdem, ob ihr alleine oder zu zweit spielt, steuert ihr entweder Wolfswelpe und Rehkitz oder eine der beiden Figuren, während euer Mitspieler die andere Figur kontrolliert. Die Steuerung umfasst dabei neben den Controllsticks für jede Figur noch jeweils eine Sprungtaste und eine Aktionstaste, mit denen Wolf und Reh unterschiedliche Aktionen ausführen können, um einfache Rätsel zu lösen. So kann der Wolf mit seinem Gebiss Seile durchbeißen, Gegenstände ziehen und durch kleine Lücken schlüpfen, während das Reh Gegenstände schieben, besonders hoch springen und für den Wolf eine Kletterhilfe sein kann, um höheres Gelände zu erreichen. Fähigkeiten, die ihr in den Leveln immer wieder benötigt, um eurem Mitspieler das Vorankommen zu ermöglichen. Die Aufgaben benötigen selten viel Tempo oder Reaktion und sind insgesamt recht einfach, sodass das Abenteuer auch alleine problemlos bestritten werden kann. Deutlich mehr Spaß macht es aber natürlich mit anderen Spielern und Blanc bemüht sich, euch das Leben an dieser Stelle so einfach wie möglich zu machen. Egal ob ihr mit Freunden im Couch-Koop, im lokalen Funknetz oder quer über das Internet spielen wollt: Jeder dieser Modi und alle denkbaren Controller-Kombinationen sind möglich, was für das an sich nicht allzu umfangreiche Spiel ein bemerkenswerter Aufwand ist, den die Entwickler auf sich genommen haben. Schade ist nur, dass Blanc nicht im Crossplay gespielt werden kann, sodass ein Zusammenspiel mit Freunden, die die PC-Version besitzen, leider nicht möglich ist.
Bei der Gestaltung der Welt haben die Entwickler von Casus Ludi spürbar auf Klasse statt auf Masse gesetzt und präsentieren euch wunderschön gestaltete Gebiete, die selten größer sind, als nötig, auch wenn sie die Spieldauer mit ein wenig Redundanz oder den üblichen Kniffen wie sammelbaren Gegenständen und Erfolgen mit Sicherheit leicht hätten strecken können. Stattdessen wurden Gebiete entwickelt, die zwar tatsächlich schlauchförmig sind, euch aber immer das Gefühl geben, hier und da noch einmal abbiegen zu können. Auf diese Weise treibt euch die Geschichte konstant voran, ohne dabei das Gefühl von Druck aufkommen zu lassen und wir waren während unseres Tests überrascht, als wir merkten, wie flink wir durch die Handlung sausten (und in einem Kapitel sogar schlidderten). Nach etwa drei Stunden ist es Zeit für den Abspann und obwohl der Umfang des Titels damit ohne Frage ziemlich gering ist (zumal er kaum Wiederspielwert bietet) präsentiert sich das Spiel eher wie eine Mischung aus Kinofilm, Kunstprojekt und interaktiver Geschichte, die nach den drei Stunden schlicht auserzählt ist. Jede weitere Minute, die den Umfang erweitern könnte, würde der Handlung an sich nichts hinzufügen und wäre damit sinnlos.
Endgegner Kamera
Blanc präsentiert seine Welt in einem großartigen Grafikstil, der komplett ohne Farben auskommt und die Optik einer Bleistiftzeichnung mit dreidimensionalen Welten kombiniert. und ähnlich wie die dargestellten Gebiete hat auch die Technik des Spiels ihre Licht- und Schattenseiten. Dabei schaffen es besonders die erwähnte Grafik und der ruhige Soundtrack zu überzeugen und der Geschichte der beiden Tierkinder den richtigen Unterbau zu liefern. Zwar bringen die weitläufigen Gebiete die Switch stellenweise an ihre Grenzen, doch beim ohnehin ruhigen Erzählstil fällt dies nur auf, wenn man gezielt darauf achtet. Auch die einfache, aber funktionale Steuerung und die Ladezeiten des Spiels gehen in Ordnung, ohne sich besonders hervorzuheben. Einige Bugs, sorgen wohl besonders in der PC Version für Frustration, konnten von uns im Spiel aber nicht gefunden werden. Nur an einer Stelle war unser Wolf einmal für eine Sekunde extrem schnell unterwegs. Doch davon abgesehen lief auch hier alles reibungslos. Umso trauriger ist der Eindruck, den die Kamera abliefert und der den weitestgehend positiven Eindruck des Spiels maßgeblich stört. Von euch nicht anpassbar und vom Spiel kontrolliert, ist die Kamera eigentlich darauf ausgerichtet, euch einzelne Szenen in schönen und zum Teil auch sehr ausdrucksstarken Ansichten zu präsentieren. Doch immer wieder schaffte es die Kamera, sich so unglücklich zu positionieren, dass eure Charaktere hinter Objekten verschwinden oder an den Bildschirmrand gedrängt werden und ihr Laufwege und Aufgaben nur mit Mühe erkennen könnt. Die kurze Spieldauer verstärkt das Problem nur, da zwischen den Vorfällen zu wenig Zeit liegt, um sie als vereinzelte Zwischenfälle in Erinnerung zu behalten, was zu dem Eindruck führt, die Kamera würde ständig Mist bauen, obwohl sie objektiv gesehen den größten Teil des Spiels über durchaus saubere Arbeit abliefert. Trotzdem sollten die Entwickler hier unbedingt noch einmal ein wenig an dem Spiel feilen.
Fazit:
Blanc versteht sich mehr als interaktive Geschichte als als herkömmliches Spiel und zieht konsequent alle Register, um diesen Eindruck auch bei euch zu verfestigen. Dabei legt der Titel besonderen Wert auf Optik und Soundtrack und reduziert das Gameplay auf einzelne Rätsel und eine sehr kurze Spieldauer, um seine Geschichte fließend und ohne größere Unterbrechungen erzählen zu können. Ob das aufgeht, ist vermutlich eine Frage des Geschmacks. Würde The Last of Us ohne seine Schleich- und Schieß-Einlagen funktionieren, wenn sich das Abenteuer auf Kosten der Spieldauer nur auf den Fortschritt der Handlung und die Charakterentwicklung von Joel und Ellie konzentrieren würde? Blanc geht das Wagnis mit allen Vor- und Nachteilen, die etwa die teilweise problematische Kameraführung mit sich bringt, ein und ist dadurch ein besonderes Spiel geworden, das aber nicht jedem gefallen wird. Wer einen Abend auf der Couch mit einem lieben Menschen an der Seite mal ein wenig anders gestalten möchte und 15 Euro nicht übertrieben findet, kann beruhigt zugreifen. Wer aber keinen Mitspieler zur Hand hat oder auf der Suche nach ein wenig mehr Action ist, sollte lieber eine der Eingangs erwähnten Alternativen ausprobieren.