Test

Persona 5 Royal

Von Michael Prammer am 26.12.2022

Wer lediglich im Besitz einer Nintendo Switch ist und die Persona-Serie bisher spielen wollte, konnte das nur in Form des Spin-Offs Persona 5 Strikers tun. Vor Kurzem ist der erste „richtige“ Ableger des Franchises in Form von Persona 5 Royal auf Nintendos Hybrid-Konsole erschienen und wir haben uns das JRPG einmal genauer angesehen.

Für alle Nintendo-Jünger unter euch: Ihr braucht euch jetzt nicht panisch eine PlayStation 3 oder 4 kaufen, um euch fundamentales Vorwissen über die Serie anzueignen; Persona 5 Royal funktioniert als eigenständiger Titel. Und damit kommen wir kurz zur Geschichte des Spiels. Wir befinden uns im modernen Tokio, welches vermutlich in unserer Zeit spielt. Ihr übernehmt die Rolle eines Oberschülers, der aufgrund angeblicher gesetzlicher Probleme in die Obhut eines Bar-Besitzers ziehen muss. Diese zur Bewährung ausgesetzte Strafe sorgt dafür, dass euer Protagonist fortan den Codenamen Joker trägt und sich von diesem Tag an keine Zwischenfälle mehr erlauben darf. Bereits zu diesem Zeitpunkt des Spiels ist allerdings klar: euer „Held“ ist unschuldig und in eine Sache hereingeraten, die sich noch nicht ganz durchschauen lässt. Fakt ist, dass es immer wieder mysteriöse Unfälle zu geben scheint und niemand so richtig weiß, was es damit auf sich hat. Und dann kommt Joker auch noch an seinem ersten Schultag zu neuen Problemen, als eine merkwürdige App auf seinem Smartphone den Schüler in eine Parallelwelt zieht. Doch was hat es mit dieser Parallelwelt auf sich? Warum ausgerechnet Joker? Was haben die Unfälle mit dieser Welt zu tun? All das wird in der mehr als spannenden Geschichte aufgedeckt.

Willkommen in der Matrix?

Ohne zu viel von der Geschichte verraten zu wollen, hier ein paar Fakten, um nicht komplett verwirrt zu werden; zumindest nicht in unserem Test – denn das Spiel wird es definitiv tun. In diesem Paralleluniversum findet ihr Paläste, das sind dunkle Gegenstücke zu Einrichtungen der realen Welt und so ist der erste Palast, wie es der Zufall so will, die Schule, an der ihr euch am ersten Schultag hättet einfinden sollen. Einer der Lehrer ist der Boss dieses Palastes und jetzt ratet mal, was eure Aufgabe ist? Richtig: Den Palast infiltrieren und den Boss bezwingen. Genau diese Vorgehensweise zieht sich durch die komplette Handlung und hat Auswirkungen auf die reale Welt. Durch das Bezwingen der „Bosse“ in der Parallelwelt, die ja in der realen Welt echte Persönlichkeiten darstellen, wird bei diesen Menschen ein Sinneswandel ausgelöst und so verhindert ihr als Protagonist schlimme Taten. Ihr habt es schon geahnt: Ihr seid eine Art Auserwählter und müsst die Welt retten. Dabei seid ihr nicht alleine und je mehr Paläste ihr befreit, desto mehr Verbündete begleiten euch auf eurem Weg. Jeder eurer Mitstreiter hat dabei andere Probleme und im Laufe der Handlung baut man Sympathien für seine Kumpanen auf. 

Wie läuft aber nun das Spielgeschehen von Persona 5 ab? Joker hat einen Tagesrhythmus in der realen Welt zu absolvieren und dieser besteht aus drei Zeitabschnitten. Von Montags bis Samstags befindet sich unser Schüler am Vormittag in der Schule, es sei denn, es sind Ferien. Am Nachmittag oder am Abend wird euch die Handlung in die Parallelwelt führen und ihr begebt euch in einen Palast, welcher euch schon mal einen ganzen Nachmittag kostet. Wer nicht in einem Palast verweilt, hat mehrere Möglichkeiten, Nebenaktivitäten anzunehmen. Man kann für die Schule lernen oder DVDs ansehen, um seine Attribute zu verbessern oder aber einen Nebenjob annehmen, was ebenfalls für neue Attributspunkte sorgt. Außerdem dürft ihr bereits kurz nach Spielbeginn einen großen Ort namens Mementos besuchen, welcher sich als riesiger Palast entpuppt und in welchem verschiedene Miniaufträge erledigt werden dürfen. Dieser Dungeon ist auch ein perfekter Ort, um die Fertigkeiten zu trainieren.  

Das Kampfsystem von Persona 5 fällt JRPG-typisch relativ simpel aus – zumindest auf den ersten Blick. Die Gefechte laufen rundenbasiert über die Bühne und es gibt keine Zufallskämpfe, sondern alle eure Widersacher bewegen sich sichtbar durch die Paläste. Das hat den Vorteil, dass ihr euch durch geschicktes Anschleichen einen Vorteil bei der Kampferöffnung verschaffen könnt, kann aber auch dazu führen, dass der Gegner im Vorteil ist, wenn er euch überrascht. Die Angriffe erfolgen abwechselnd in Nahkampf oder Fernkampfattacken und führen dann zum Sieg, wenn der letzte Gegner besiegt wurde. Die Niederlage müsst ihr hingegen dann einstecken, wenn Joker ins Gras beißt. Doch warum darf ausgerechnet Joker nicht sterben? Das liegt an den sogenannten Personas. Joker hat die Fähigkeit, sich verschiedene Personas anzueignen und diese für sich einzusetzen. Jeder andere Mitstreiter hat nur seine eigene Persona. Personas sind Verkörperungen der eigenen Persönlichkeit im Paralleluniversum. Den Preis, den Joker dafür zahlen muss, theoretisch während des gesamten Spiels über 190 Persönlichkeiten annehmen zu dürfen ist, dass er nicht sterben darf. Der Vorteil, den er allerdings gegenüber allen anderen Mitstreitern hat: Er kann sich eben genau die Persona aussuchen, die er für den jeweiligen Kampf gerade benötigt. 

Die unterschiedlichen Fähigkeiten der Personas sind notwendig, um die Kämpfe überstehen zu können. Hier bietet sich ein Vergleich mit dem Pokèmon-Franchise. Unterschiedliche Attribute erfordern unterschiedliche Vorgehensweisen – genauso ist es auch hier bei Persona. Da immer nur eine Persona ausgerüstet werden kann, ist die Wahl vor dem jeweiligen Kampf durchaus entscheidend für den Ausgang. Wenn ihr einen Kampf für euch entschieden habt, bleibt euch die Wahl, das Leben des Widersachers zu verschonen oder diesen final zu vernichten. Ihr könnt Gegenstände oder Geld fordern oder sogar die besiegten Personas darum bitten, sich euch anzuschließen. Dies erfordert jedoch ein kleines Dialog-Scharmützel, welches ihr für euch entscheiden müsst. Fakt ist, dass die Kämpfe zwar zunehmend komplexer werden, jedoch das Spiel euch langsam in die Spielmechanik einführt, sodass ihr mit dem System nicht überfordert werdet.

Viel Abwechslung, tolle Switch-Portierung

Das Spielprinzip von Persona 5 Royal ist schlichtweg genial und verfügt über eine enorme Abwechslung. Der Mix aus Alltagssimulation, dem Besuchen der Paläste oder dem Erledigen von Nebenaufgaeben fügt sich einfach perfekt ineinander und langweilt nie. Im Gegenteil. Dank der Vielzahl an Nebenbeschäftigungen darf ich auch einfach mal Dinge tun, die gar nichts mit der Haupthandlung zu tun haben. Baseball spielen oder vielleicht die hübsche Schülerin ansprechen, die mir schon lange aufgefallen ist – und sogar eine romantische Beziehung mit dieser eingehen? Alles kein Problem und es sorgt alles für nur noch mehr Abwechslung im ohnehin schon üppigen Content. Ich habe für das Hauptspiel alleine knapp 120 Stunden benötigt und bin mir sicher, noch nicht alles gesehen zu haben. Wer alles erleben möchte und die ganzen Nebenaktivitäten spielen will, darf sich gut und gerne auf 150 Stunden aufwärts freuen. Und das ist auch für ein JRPG schon eine ordentliche Hausnummer. Im Vergleich zum Original verfügt die "Royal"-Edition von Persona 5 zudem über einen gänzlich neuen Charakter, ein komplett neues Semester, neue Minispiele, zwei neue Enden sowie viele weitere Kleinigkeiten.

Der wichtigste, für mich persönlich, technische Aspekt zuerst: Das Spiel hat eine komplette deutsche Übersetzung. Diese ist zwar nicht lupenrein, aber sie ist da. Warum ich das schreibe? Weil ich in der Vergangenheit andere Titel der Serie gespielt habe, diese zwar überragend fand, mich jedoch durch die Bildschirmtexte quälen musste, weil mein Englisch zwar ausreichend ist, allerdings nicht so gut, um durch einen 100-Stunden-Blockbuster zu kommen. Aber auch der Rest der Technik ist wirklich gut, Persona 5 Royal macht auch auf Nintendo Switch echt was her. Die Framerate hält stand, die Optik sieht ordentlich aus. Vor allem auf dem OLED-Display der aktuellen Version kommen die Farben knackig rüber. Die Ladezeiten sind human und das Kantenflimmern human. Alles in allem liefert der Titel ordentlich ab, immer mit dem Hintergrund, dass wir hier über 100 Spielstunden haben. Die Musik ist klasse, die englische Synchronisation einfach spitze. Deutsche Sprachausgabe wäre wohl zu viel des Guten gewesen, wenn ich mir die Texte teilweise anschaue, war das wohl auch gut so, auf diese zu verzichten.

FAZIT:

Ich bin eigentlich kein großer JRPG-Fan. Damit haben es Spiele wie eben zum Beispiel Persona 5 Royal eigentlich nicht leicht bei mir. Doch wenn ein Spiel dieses Genres es schafft mich bis zum Durchspielen zu motivieren, dann gibt es meistens eine Topwertung. Und was soll ich sagen: ich habe es geliebt. Ich habe mich selten in ein Spiel so fallen lassen können wie in Persona 5. Ich kannte das Genre bereits von der PlayStation Portable, scheiterte damals allerdings an meinen Englischkenntnissen. Jetzt ist einfach alles da, was ich brauche. Eine fesselnde Story, ein tolles Spielprinzip, eine ordentliche Performance und ein Gefühl nach dem Motto: „Ich will einfach unbedingt wissen, wie es weiter geht, jetzt sofotz“. Ja, genau dieses Gefühl fehlte mir in letzter Zeit bei Videospielen und auch wenn Persona 5 schon ein paar Tage auf dem Buckel hat, dieses Spiel hat wieder dieses fesselnde Element mich vor eine Konsole zu bringen. Die Entwickler haben einfach so gut wie alles richtig gemacht. Und was mich noch mehr gefreut hat: Man hat Nintendos Hybrid-Konsole nicht stiefmütterlich behandelt, sondern ein rundum gutes Gesamtpaket hingezaubert, welches uneingeschränkt und ohne schlechtes Gewissen empfohlen werden kann. Wenn sich alle Entwickler so ins Zeug legen würden, dann hätte Nintendo mit der Switch noch ein langes Leben vor sich.

Unsere Wertung:
9.5
Michael Prammer meint: "Brillantes JRPG mit bombastischem Umfang und viel Abwechslung – und vor allem: ordentlich für Switch umgesetzt"
Persona 5 Royal von Atlus, P Studio erscheint am 23.12.2022 für PC und PlayStation 4 und PlayStation 5 und Nintendo Switch und XBox Series. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Atlus / SEGA zur Verfügung gestellt.
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2 Kommentare:
Denios)
Denios
Am 02.01.2023 um 08:18
Hätte ich das originale P5 nicht schon damals auf PS4 durchgespielt, wäre das jetzt gaaaanz weit oben auf meiner Prio-Liste! Ich schau mal, ob ich es irgendwann noch angehen kann, auf Switch stelle ich es mir echt chillig vor, vor allem weil es so lang ist :D
DarthRegnat)
DarthRegnat
Am 03.01.2023 um 10:16
Vielen Dank für den ausführlichen Test von Persona 5 Royal für Nintendo Switch.
Es klingt auf jeden Fall richtig überzeugend und ich freue mich schon sobald ich mal die Gelegenheit bekomme, dieses Rollenspiel mal zu beginnen. Sofern mein einjähriger Sohn mich lässt. :D

Ich habe mir letztes Jahr bei Atlus die 1-More Edition bestellt, die mittlerweile auch vollständig hier ist. ^^

Auf der PlayStation 4 hatte mir Persona 5 schon sehr gefallen und ich denke, dass ich mit Persona 5 Royal auf Nintendo Switch ebenfalls meinen Spaß haben werde. :)