Test

Pathfinder: Wrath of the Righteous (Cloud Version)

Von Michael Prammer am 02.11.2022

Nach Neverwinter Nights und Baldur‘s Gate kommt nun die nächste Pen-and-Paper-Umsetzung für Nintendo Switch. Die Besonderheit: es handelt sich um eine Cloud-Version.

Gerade der technische Aspekt wird im folgenden Test eine entscheidende Rolle spielen, da der Titel unserem Empfinden nach auch problemlos als „normale“ Version umsetzbar gewesen wäre. Doch der Reihe nach.

Von Höhlen und Drachen

Wir spielen chronologisch gesehen den Nachfolger von Pathfinder: Kingmaker, welches dem Dungeon & Dragon-Universum zuzuordnen ist und vom Entwickler Qwlcat Games stammt. Vorkenntnisse benötigen wir keine, weshalb wir Wrath of the Righteous völlig voreingenommen und ohne Grundwissen spielen können. Wie der Name und die Serie vermuten lassen, erwartet uns ein Rollenspiel, was sich bereits in der Charaktererstellung offenbart, wo wir einige Zeit mit dem schier nicht enden wollenden Baukasten an Erstellungsmöglichkeiten verbringen können. Bei Genre-Fans dürfte das für viel Freude sorgen.

Die Story handelt von einem dämonischen Kreuzzug in dem Land Mendev. Unser frisch erstellter Charakter wird inmitten dieses etwas undurchsichtigen Szenarios verwundet und von einer Gruppe Fremder gerettet. Gerade noch rechtzeitig, möchte man meinen, denn eben in diesem Moment wird die Stadt bei einem Angriff von einer fremden Bedrohung komplett zerstört. Unser Held kommt in die Unterwelt und darf sich nun den Weg Richtung Licht freibahnen. Die Story ist zunächst einmal komplett verwirrend, klärt aber viele Details im Laufe der Zeit auf. 

Gespielt wird in einer isometrischen Ansicht, das heißt: wir steuern unseren Charakter von schräg oben. Leider ist die Kamera nicht optimal, dieser fehlt es nämlich an bestimmten Einstellmöglichkeiten. Während sich das Spielgeschehen heranzoomen und drehen lässt, fehlte mir die Möglichkeit, das Spiel dreidimensional zu justieren. Baldur's Gate 3 zum Beispiel hat das wunderbar hinbekommen, wodurch man einige Details rund um den Charakter noch besser zu Gesicht bekommt. Ansonsten steht uns ein Regelwerk zur Verfügung, das uns schlichtweg überfordert und jede Menge Einarbeitungszeit benötigt. Das ist jetzt nicht ausschließlich als Kritikpunkt zu verstehen, wer aber mit einem Einsteigerfreundlichen Rollenspiel rechnet, sollte sich anderswo danach umsehen.

Abwechslungsreich, spannend – aber wieso Cloud?

In Sachen Abwechslung kann Pathfinder aus den Vollen schöpfen. Das Kampfsystem lässt uns entscheiden, ob wir das Gameplay pausieren, um unsere Angriffe in Ruhe zu planen, oder ob wir lieber in Echtzeit kämpfen wollen. Und dann sind da natürlich die vielen unterschiedlichen Charakter-Klassen, die allesamt ihre Eigenarten mit sich bringen. Ein Magier setzt auf Fernkampf-Angriffe und agiert aus dem Hintergrund, während ein brachialer Ritter mit schwerer Ausrüstung an vorderster Front kämpft. Wer genug Erfahrung sammelt, steigt auf, wird stärker und teilt noch kräftiger aus. Pathfinder erfindet hier das Genre Rollenspiel nicht neu, macht seine Sache aber gut.

Etwas Besonderes gibt es dann jedoch trotzdem noch: Ab einem bestimmten Punkt der Story wird unser Charakter der Befehlshaber der Armee. Dies bringt auch neue Aufgaben mit sich, welche in Richtung Management-Simulation abdriften. Je nach Entscheidungen, die wir als Kommandant treffen, nimmt eine Schlacht ein anderes Ende. Das mag sich spannend anhören, spielt sich aber eher öde und trägt eigentlich nur dazu bei, die ohnehin schon üppige Spielzeit noch weiter zu strecken. Ganz ehrlich: Auf dieses Feature hätte man ersatzlos verzichten können.

Abseits davon ist der neueste Pathfinder-Ableger ein überragender Rollenspiel-Vertreter. Dank unzähliger Storywendungen und toller Dialoge, dank wunderschöner und abwechslungsreicher Schauplätze und dank fordernder, nie unfair werdender Kämpfe, muss sich dieser Titel vor Größen wie Baldur's Gate nicht verstecken. Anfangs habe ich noch etwas über Einstiegshürden moniert, aber wer sich etwas in das System hineinfuchst und die Tutorials liest, wird definitiv eine Menge Spaß mit dem Spiel haben.

Nun aber zum Technischen, und wir beginnen mit dem Positiven: Mein Test mit der Cloud-Version lief stabil. Ich hatte nur wenige Ruckler zu beklagen, keinerlei Verbindungsabbrüche, und die Ladezeiten waren in einem erträglichen Rahmen. Was ich allerdings angesichts der Optik überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist: Warum wird der Titel nur als Cloud-Version angeboten? Das Spiel sieht zwar relativ gut aus, aber keinesfalls überragend. Zwischen der hier dargebotenen Optik und der vom Genre-Primus Baldur's Gate 3 liegen Welten. Es erschließt sich mir in keinem Moment, warum ich auf eine dauerhafte Internetverbindung angewiesen sein soll, um Pathfinder: Wrath of the Righteous auf der Switch zu spielen.

Fazit

Pathfinder: Wrath of the Righteous ist ein gelungenes Rollenspiel. Der Umfang ist einfach überwältigend, die Spielwelt macht Laune, das Kampfsystem ist abwechslungsreich. Die Geschichte trägt den Spieler außerdem durch das komplette Abenteuer, und das schier endlos wirkende Regelwerk mit unzähligen Charaktermöglichkeiten sollte hartgesottenen Rollenspielern lange Zeit Freude bereiten. Aber: Wer einen PC oder eine Konsole der Konkurrenz besitzt, sollte nicht zur Nintendo Switch-Version greifen. Die Cloud-Version funktioniert zwar einwandfrei, macht aber einfach keinen Sinn. Dafür ist das Spiel technisch zu anspruchslos und hätte problemlos portiert werden können.

Unsere Wertung:
6.5
Michael Prammer meint: "Gelungenes Rollenspiel – die Cloud-Version macht aufgrund des technischen Anspruchs jedoch keinen Sinn"
Pathfinder: Wrath of the Righteous (Cloud Version) von Owlcat Games erscheint am 29.09.2022 für PC und iOS und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Postmeta Games zur Verfügung gestellt.
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1 Kommentar:
Kanta)
Kanta
Am 13.11.2022 um 13:45
Das erste Pathfinder "liegt" noch ungespielt auf der XBSX, das zweite hätte ich sogar vorgezogen und jetzt für einen langen Aufenthalt auf der Switch mit nach Japan genommen. Aber als Cloud-Version geht das gar nicht, wird dann wohl doch in ein paar Jahren auf der SBSX im Sale mitgenommen.