Test

Atelier Sophie 2: The Alchemist of the Mysterious Dream

Von Deniz Üresin am 24.02.2022

Die Atelier-Serie feiert ihr 25-jähriges Bestehen! Natürlich muss da auch ein neues Spiel her. Doch im Gegensatz zum Town-Building-Spin-Off Atelier Nelke, das zum 20-jährigen Jubiläum veröffentlicht wurde, wird es dieses Mal ein Hauptteil: Die Mysterious-Trilogie wird zur Mysterious-Tetralogie. Nach Ryza darf nun auch Sophie Neuenmuller ein zweites Mal als Protagonistin in einem Atelier-Teil Kräuter sammeln und nach Herzenslust Gegenstände synthetisieren. Wie jedes gesammelte oder synthetisierte Item in den Atelier-Welten haben auch die Abschnitte in diesem Test eine Qualitätsstufe und bestimmte Eigenschaften (sogenannte Traits). Da sich am groben Ablauf des Spiels im Vergleich zu den anderen, moderneren Atelier-Teilen nichts geändert hat (siehe die NplusX-Tests zu Atelier Ryza und Atelier Ryza 2), wird hier vor allem darauf eingegangen, was Sophie 2 anders macht, wo der Titel im Vergleich glänzt und wo er hinterherhinkt - und ob ihr euch in das Spiel auch problemlos ohne Vorkenntnisse reininvestieren könnt.

Story [Qualität: 70]

Traits: Cuteness +10, Epicness -5

Atelier Sophie 2 ist ein direktes Sequel zu Atelier Sophie und spielt noch vor Atelier Firis. Wer Sophie 1 nicht gespielt hat oder eine kurze Auffrischung braucht, kann sich direkt im Hauptmenü ein kurzes Zusammenfassungsvideo ansehen und ist dann auch ready to go - viel müsst ihr nicht über den Vorgänger wissen, um mitzukommen. Die angehende Alchemistin Sophie hat ihr Dorf Kirchen Bell verlassen, um sich eine Alchemie-Lizenz zu verdienen. Begleitet wird sie von ihrer Lehrmeisterin und Freundin Plachta. Die beiden werden voneinander getrennt, als sie in der Nähe eines riesigen Baumes durch ein Portal in eine andere Welt gesogen werden - in die Traumwelt Erde Wiege.

In diese von der Göttin Elvira erschaffene Welt werden Menschen gebracht, die einen interessanten Traum verwirklichen wollen. Doch Sophie hat ganz andere Sorgen - sie muss Plachta wiederfinden, mit ihren Alchemiekünsten den Dorfbewohnern von Roytale unter die Arme greifen und das Geheimnis um mysteriöse Monster lüften, die seit neuestem auftauchen und Erde Wiege unsicher machen. 

Atelier-typisch muss Sophie auch in ihrem neuesten Abenteuer nicht das Universum vor machthungrigen Tyrannen oder Göttern retten. Sie kann sich meist auf ihre persönlichen Ziele fokussieren und gleichzeitig neue Freundschaften schließen und mehr über Alchemie erfahren. Da ihre alten Freunde aus Kirchen Bell nicht mitgereist sind, besteht ihr neuer Freundeskreis (fast) ausschließlich aus unbekannten Gesichtern - da wären zum Beispiel die euphorische Antiquitätenhändlerin/Kampfkünstlerin Alette, der extrem selbstbewusste Leibwächter Olias und die “große Schwester” der Truppe, Ramizel Erlenmeyer, die zufälligerweise den gleichen Namen wie Sophies verstorbene Großmutter trägt…

Die Charakterinteraktionen sind neben dem berühmt-berüchtigten Gameplay-Loop aus Sammeln und Craften mal wieder das Highlight des Spiels und es gibt unzählige Nebenaufgaben und Cutscenes, in denen ihr bei Bedarf mehr über eure Party und einige der wichtigeren NPCs in Roytale erfahren könnt.

Gameplay [Qualität: 85]

Traits: Ryzafication, Weather-Manipulator

Wie bereits erwähnt hat sich am Core-Gameplay-Loop nichts verändert. Um die Story voranzutreiben, müssen diverse Gebiete und Höhlen erkundet, bestimmte Gegner besiegt und vor allem Items synthetisiert werden. Dabei hat sich Sophie einige Tricks von ihrer Kollegin Ryza abgeschaut, sodass sie jetzt auch verschiedene Werkzeuge wie Sensen, Angeln und Spitzhacken verwenden kann, um an bestimmte Gegenstände zu kommen. Auch die Sammelareale sind Ryza-typisch deutlich weitläufiger als sie es noch in Sophie 1 waren. Neu sind die Spezial-Sammelstellen, an denen kleine Minispiele gespielt werden können, um die Qualität, die Traits oder andere Eigenschaften der zu sammelnden Items zu beeinflussen.

Das Synthese-System wurde grundsätzlich aus Sophie 1 übernommen, aber heftig überarbeitet. Ihr müsst für die Herstellung eines Gegenstandes nicht nur die entsprechenden Utensilien des Rezeptes bereithalten, sondern könnt dessen Qualität und Traits durch ein Minispiel beeinflussen, in dem ihr verschiedenfarbige Formen, die mit den Items verknüpft sind, wohl überlegt auf einem Brett mit 8x8 Feldern anordnet. Interessieren euch die genauen Eigenschaften eines zu synthetisierenden Items nicht, könnt ihr diesen Aspekt jedoch jederzeit dem Computer überlassen - Alchemie-Fans werden jedoch sicherlich Stunden vor dem virtuellen Kessel verbringen, denn das System ist motivierend und eine gut geplante Synthesestrategie wird oft mit einem deutlich nützlicheren Item oder einem unglaublich hochwertigen Ausrüstungsgegenstand belohnt.

Auch am Kampfsystem wurde geschraubt. Das ATB-ähnliche System aus Ryza ist wieder einem klassischen rundenbasierten gewichen. Dabei wird eure bis zu sechsköpfige aktive Party in zwei Reihen aufgeteilt. Die Frontreihe attackiert, die Reserve kann nach vorne preschen und gegnerische Angriffe abfangen oder für Komboattacken während des eigenen Zuges mit den Frontfrauen und -männern gemeinsam genutzt werden. Gerade die Bildschirmfüllenden Dual-Attacken sind eine Augenweide, aber ehrlich gesagt werdet ihr diese auf dem normalen Schwierigkeitsgrad eher selten einsetzen müssen - abseits von manchen Bossen stelltt in Sophie 2 nämlich kaum ein Gegner eine Bedrohung dar. Der Schwierigkeitsgrad kann jederzeit geändert werden, sodass Challenge-Fanatiker noch mit “Schwer” oder “Sehr Schwer” schauen können, ob sie auf ihre Kosten kommen (mir persönlich kamen die Kämpfe auf sehr schwer eher länger und nicht sonderlich schwerer vor).

Die letzte nennenswerte Gameplay-Neuerung ist das Wetter-System. Mithilfe bestimmter Gegenstände kann Sophie in manchen Gebieten an speziell dafür vorgesehenen Altaren das Wetter verändern, was große Auswirkungen auf die begehbaren Gebiete und die anzutreffenden Monster und sammelbaren Items hat. Ein paar Umwelt-Rätsel haben es so auch in das Spiel geschafft, so können manche Orte nur erreicht werden, indem ihr es zuerst regnen lasst, um den Wasserspiegel zu steigern, um dann auf Minusgrade umzusteigen und den Fluss einzufrieren, der dadurch begehbar wird. Ein cooles neues Feature, allerdings sind die Wetterveränderungen begrenzt und müssen gelegentlich durch Neusynthesen wieder aufgeladen werden.

Technik [Qualität: 70]

Traits: Restless Eyes, Beams of Doom X

Atelier-Spiele können technisch aufgrund ihres geringen Budgets nie mit Final-Fantasy-TIteln oder westlichen AAA-Produktionen mithalten, aber in den letzten Jahren haben die Entwickler von Gust ihren Standard deutlich nach oben schrauben können. Sophie 2 übernimmt dabei die Grafikengine von Ryza 2, Koei Tecmo wirbt aber zusätzlich mit deutlich lebhafter wirkenden Gesichtsanimationen. Diese lassen die Charaktere zwar tatsächlich weniger hölzern wirken, allerdings haben dadurch viele Figuren recht unruhig wirkende Augenbewegungen, die nicht weiter stören, aber auffallen, sobald man es einmal bemerkt hat oder darauf aufmerksam gemacht wird. Gern geschehen.

Generell sieht Sophie 2 aber, gerade auf der nicht ganz so leistungsstarken Switch, nicht nur super aus, auch die 30 Frames pro Sekunde können sowohl docked als auch im Handheld-Modus fast immer gehalten werden. Im Menü kann jederzeit zwischen einem Qualitäts- und einem Performance-Modus umgeschaltet werden, wobei ich hier tatsächlich kaum merkliche Unterschiede feststellen konnte. Die Auflösung bleibt in beiden Betriebsmodi konstant (Schätzwerte: ca. 720-810p auf dem TV und etwas darunter im Handheld-Modus) und ist für den verwendeten, bunten Anime-Stil auch völlig ausreichend, während die Framerate nur bei starkem Unwetter kurz und leicht unter die 30 fällt. Trotz der weitläufigen Areale bleibt die Draw Distance vernünftig, sodass nie kurz vor euch Strukturen oder Gegner aufploppen oder Texturen nachladen, was bei einem Switch-Spiel leider nicht immer selbstverständlich ist. Drei Mal ist uns während der Testphase von ca. 35 Spielstunden ein Grafikfehler unterlaufen, bei dem seltsame “Rausch”-Strahlen von einem Charakter oder einem Gegenstand ausgehen, die stark die Sicht beeinträchtigen. Nach einem Neustart des Spiels sind diese aber wieder verschwunden und lassen sich seitdem auch nicht mehr reproduzieren.

Musikalisch bekommt ihr es in Sophie 2 wie in allen Atelier-Titeln mit verspielten und meist fröhlichen Melodien zu tun, die größtenteils neu komponiert sind, in einigen Stücken aber Motive und Instrumente aus dem Erstling aufgreifen, um alteingesessenen Fans ein wenig Nostalgie zu bescheren.

Fazit:

Atelier Sophie 2 ist ein wirklich schöner Jubiläums-Titel für die inzwischen 25 Jahre alte Atelier-Reihe geworden. Bis auf ein paar kleinere Neuerungen hat sich zwar am Gameplay nicht viel verändert, aber warum auch etwas reparieren, das nicht kaputt ist. Fans dürfte höchstens der recht niedrige Schwierigkeitsgrad sauer aufstoßen, denn die Charaktere, ihre Interaktionen, die Spielwelt und die unverkennbar wohlig warme Atelier-Atmosphäre treffen in diesem Spiel einmal mehr den Nagel auf den Kopf. Es fällt nicht schwer, stundenlang durch die Sammelareale zu streifen, um die bestmöglichen Gegenstände zu ergattern, die dann in ebenso langen Synthese-Sessions feingliedrig zu übermächtigen Items und Rüstungsteilen zusammengesetzt werden können. Die Story kann problemlos auch ohne Vorkenntnisse genossen werden, einige Momente haben aber natürlich einen etwas größeren Impact, wenn die Hauptcharaktere bereits bekannt sind. 

Technisch läuft das Spiel super auf der Switch, wer allerdings unterhalb von 1080p nicht leben kann, sollte zur PlayStation-4- oder PC-Fassung greifen.

Vielen Dank an Koch Media für die freundliche Bereitstellung des Testmusters.

Unsere Wertung:
7.5
Deniz Üresin meint: "Der neueste Atelier-Titel ist mal wieder ein märchenhaftes Alchemie-Abenteuer geworden, wenn auch etwas einfach."
Atelier Sophie 2: The Alchemist of the Mysterious Dream von Gust Co. Ltd. erscheint am 24.02.2022 für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Koch Media zur Verfügung gestellt.
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