GTA: The Trilogy - The Definitive Edition
Nostalgie ist etwas Schönes. Wer erinnert sich nicht gerne an die ersten Abenteuer, die an der Seite von Mario, Sonic oder Link (um nur einige zu nennen) bestritten wurden oder an die glücklichen Stunden, in denen man mit Geschwistern und Freunden vor dem Fernseher die ersten Mehrspieler-Erfahrungen sammeln durfte. Für viele von uns sind diese Erinnerungen ein Schlüssel zur Kindheit und damit beinahe heilig. Fast jeder Spieler kennt dieses eine magische Spiel, das “viel besser als alle seine Fortsetzungen war”, auch wenn objektive Vergleiche diese Aussage in den meisten Fällen mindestens diskutabel erscheinen lassen.
Nostalgie ist auch für Spieleentwickler etwas Schönes, denn sie gibt ihnen die Gelegenheit, die Perlen der Vergangenheit mit wenig Aufwand noch einmal unter das Volk zu bringen und damit die Portokasse aufzustocken. Ein Gedanke, der offenbar auch dem Erfolgsstudio Rockstar Games gefällt, das jüngst die Spiele Grand Theft Auto (GTA) 3, GTA: Vice City und GTA: San Andreas als Definitive Edition auf allen größeren Plattformen veröffentlicht hat. Wir sind in der Nintendo-Switch-Version der Trilogie mit Bleifuß und gezückter Knarre durch die Spielwelten gefahren und haben den Klassikern einmal auf den verchromten Zahn gefühlt.
Drei Helden, drei Städte, drei Geschichten
Fassen wir zuerst noch einmal die mehr oder weniger ähnlichen Geschichten der 17 bis 20 Jahre alten GTA-Spiele für euch zusammen:
In jedem Teil spielt ihr einen zunächst eher unbedeutenden Ganoven, der nach einigen Jahren im Gefängnis oder Exil wieder in seine Heimatstadt zurückkehrt, nur um direkt wieder in den Sumpf des Verbrechens gezogen zu werden. Korrupte Polizisten, mächtige Gangbosse und viele andere skurrile Charaktere geben euch im Laufe der Spiele alle möglichen Aufgaben, die ihr erledigen müsst, um in der Hackordnung der Unterwelt aufzusteigen und selber ein Imperium aufzubauen. Da Verbrecher in der Welt von GTA aber naturgemäß eher selten besonders ehrliche oder loyale Zeitgenossen sind, ist der Weg an die Spitze steinig und Betrug, Verrat und allerlei Wendungen erwarten euch in jeder der drei Handlungen.
Dabei erzählt jedes GTA-Spiel eine eigene abgeschlossene Geschichte mit eigenständigen Charakteren, ohne Bezug zu den anderen Teilen zu nehmen. Neulinge können also mit einem beliebigen Titel in die Serie einsteigen, ohne dadurch einen Nachteil zu haben und auch so müssen die einzelnen Spiele nicht zwingend in der Reihenfolge ihrer Veröffentlichung durchgespielt werden. Dementsprechend habt ihr die Wahl: Grand Theft Auto 3 spielt im Jahr 2001 und folgt dem jungen Räuber Claude durch die Straßen von Liberty City, das an die reale Stadt New York erinnert. GTA: Vice City spielt in der gleichnamigen Stadt im Jahre 1986 und ist thematisch an die Stadt Miami angelehnt, in der euer Charakter Thomas „Tommy“ Vercetti lebt. Und in GTA: San Andreas macht ihr mit dem jungen Gangster Carl “CJ” Johnson in der Los-Angeles-Kopie San Andreas in den frühen 90er Jahren die Gegend unsicher.
Umfangreich, umfangreicher, GTA
Zu tun ist in jedem Fall mehr als genug. Die Städte in denen ihr euch bewegt sind neben den obligatorischen Hauptmissionen mit unzähligen optionalen Nebenmissionen, sammelbaren Items und anderen Spielereien gefüllt, die euer Gangsterherz höher schlagen lassen und werden mit jedem Teil größer und umfangreicher. Selbst das vergleichsweise kleine GTA 3 benötigt alleine für die Haupthandlung knapp 15 Stunden, während ihr für den größten Titel der Trilogie, GTA: San Andreas, abhängig von eurer Sammelwut stolze 30 bis 80 Stunden Spielzeit einplanen könnt. In Sachen Umfang macht der Trilogie dementsprechend kaum jemand etwas vor und lässt den aktuell aufgerufenen Preis von 60 Euro nicht günstig, aber zumindest akzeptabel erscheinen.
Fahren, schießen, Beute scheffeln
Das grundlegende Spielprinzip ist in allen drei Spielen nahezu identisch: Ihr bewegt euch zu Fuß oder in einem (in der Regel gestohlenen) Fahrzeug, durch die offene Welt der Stadt und macht, wenn ihr nicht gerade eine der verfügbaren Missionen annehmt und erledigt, schlicht gesagt was ihr wollt. Geratet ihr dabei mit dem Gesetz in Konflikt, nehmen die Ordnungshüter eure Verfolgung auf, um euch zu verhaften oder zu erschießen. Beides solltet ihr natürlich wann immer möglich verhindern, weswegen ihr so schnell und effizient wie möglich flüchten müsst. Etwas, das leichter gesagt als getan ist, da die lokalen Behörden euch oft gnadenlos jagen und während der Flucht verursachte Sach- und Personenschäden die Situation immer weiter eskalieren lassen, bis euch zuletzt sogar das Militär mit Panzern verfolgt. Werdet ihr doch einmal erwischt, startet ihr ohne Auto, Waffen und mit etwas weniger Geld vor dem nächsten Krankenhaus oder der nächsten Polizeistation und könnt euch wieder frei in den Trubel der Metropolen stürzen.
Die Missionen erfordern in der Regel das Fahren eines Gefährts, den Kampf gegen andere NPCs oder eine Kombination aus beidem. Das klingt zunächst einmal wenig abwechslungsreich, doch Rockstar Games großartige Fertigkeiten beim Gamedesign sorgen dafür, dass sich fast jede Mission auf ihre Weise besonders und einzigartig anfühlt. Langeweile kommt dementsprechend auch nach Stunden in den Städten nicht auf. Zusätzlich führen die beiden folgenden Teile der Trilogie zusätzliche Neuerungen ein, um den Spielen mehr Tiefe zu verleihen. Vice City führt den Erwerb von Immobilien ein, bei denen ihr abseits eurer regulären Verstecke das Spiel speichern könnt und die mit entsprechender Pflege sogar Geld für Euch erwirtschaften. Außerdem könnt ihr euren Charakter jetzt auch mit in Läden gekaufter Kleidung einkleiden und einige Gebäude betreten. San Andreas spendiert eurem Charakter zusätzlich diverse neue Fähigkeiten, wie die Fähigkeit zu schwimmen oder geduckt zu gehen und bringt mit trainierbaren Charakterwerten einen Ansatz von Rollenspiel in die Reihe.
Gut gedacht, schlecht gemacht
Wie schon beim Umfang erhaltet ihr auch beim Gameplay in der vorliegenden GTA-Trilogie genau das, was ihr unter Umständen aus anderen Teilen der Serie bereits kennt, auch wenn dem frühen GTA 3, Rockstars erstem Ausflug in die dreidimensionale Welt des Verbrechens, noch der gewisse Feinschliff seiner Nachfolger fehlt. Ein Mangel an spieler-freundlichem Gameplay, den man dem Spiel genauso wenig wie den ersten Mario- und Zelda-Spielen vorwerfen sollte. Wirklich kritisch wird es aber, wenn wir uns den technischen Unterbau des Spiels einmal ansehen. Wer die Meldungen zu dem Titel in der letzten Zeit verfolgt hat, wird bereits wissen, dass Rockstar Games beim Versuch, das Spiel mit zeitgemäßen Grafikeffekten optisch etwas aufzuwerten, plattformübergreifend gescheitert ist. Fehler in nahezu allen Bereichen der Spiele, gepaart mit einer enttäuschenden Optimierung verderben den Spielspaß auch auf den schnellsten Konsolen. Die daraus resultierende Frustration der Spieler versucht das Studio mittlerweile mit Patches und der Vergabe von kostenlosen Originalversionen (Anmerkung: Nur am PC) in den Griff zu bekommen.
Gute Technik - schlechte Technik
Obwohl wir vorweg sagen können, dass auch die Nintendo-Switch-Version der Spiele technisch nicht besonders gut da steht, halten wir es doch für fair, zunächst die Dinge anzusprechen, die Rockstar bei der Switch-Version des Spiels gut gemacht hat:
Die wichtigste Verbesserung der Spiele ist dabei ohne Frage die Steuerung, die sich an den letzten GTA-Teilen orientiert und sich damit im Vergleich zu den Originalspielen deutlich sauberer und flüssiger spielen lässt. Dauerte es damals noch einige Stunden, um sich an die Fahrweise der Autos im Spiel zu gewöhnen, funktioniert die Lenkung jetzt schon nach wenigen Augenblicken sehr gut. Auch der Waffenwechsel wurde überarbeitet und bietet jetzt das mittlerweile übliche Waffenrad, statt dem langwierigen Durchschalten durch alle Waffentypen und sogar das Motion-Aiming fand seinen Weg in das Spiel. Ebenfalls nett ist, dass beim Kauf der Trilogie alle drei Spiele einzeln heruntergeladen werden, sodass ihr einzelne Teile je nach Bedarf auch wieder von der Konsole löschen könnt, um ein wenig Speicherplatz zu sparen. Die Ladezeiten der Spiele sind weder sonderlich schnell noch langsam und gehen grundsätzlich in Ordnung. Auch bei der Akustik gibt es kaum etwas zu beanstanden, wobei einige Tonspuren der englischen Synchronisation ungewöhnlich leise sind und den Radiosendern in den Autos einige Lieder fehlen. Vermutlich weil die Lizenzen zur Nutzung der Lieder in den Spielen nicht verlängert werden konnten. Wie bei all seinen Spielen bietet Rockstar Games grundsätzlich nur eine englische Tonspur für die Dialoge, dafür aber auch mehrsprachige Untertitel.
Graphisch wurden die Sichtweite ein wenig angehoben, ein paar Texturen und Automodelle verbessert und die gesamte Engine um einige optische Licht-, Schatten und Reflexionseffekte ergänzt. Letztere allerdings nur in derart abgeschwächter Version, dass man sie sich auch beinahe hätte sparen können. Darüber hinaus ist die Optik allerdings (und man kann es an dieser Stelle kaum freundlicher formulieren) ein Desaster und zum Teil dermaßen enttäuschend, dass sie den ansonsten sehr guten Eindruck der Spiele komplett zerstört. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass gerade Switch-Spieler grafische Abstriche bei Portierungen mittlerweile gewohnt sind.
Wie so viele andere Studios nutzt Rockstar dynamische Bildauflösungen auf der Switch und schafft damit im Dock eine enttäuschende maximale vertikale Auflösung von 648 Pixeln, die in belebten Gebieten noch weiter reduziert wird. Ein Trick, der die Bildrate in allen drei Spielen aber nicht daran hindert, immer wieder in den 20-FPS-Bereich abzurutschen. Gerade schnelle Autofahrten in der Innenstadt werden auf diese Weise zu einer Qual, wenn die Grafik in kritischen Momenten ruckelt oder andere Verkehrsteilnehmer vom Spiel erst im letzten Moment direkt vor euch eingeblendet werden. Um es einmal mit einem direkten Vergleich zu verdeutlichen: Ubisofts Open-World-Spiel Watch Dogs erschien knapp zehn Jahre nach GTA: San Andreas und läuft auf der WiiU mit identischer Auflösung flüssiger, als die 17 bis 20 Jahre alten GTA-Spiele auf der Nintendo Switch.
Fazit:
GTA: The Trilogy - The Definitive Edition ist die schlechte Portierung des kläglichen Remasters dreier großartiger Spiele, die uns tragischerweise zu den Opfern unserer eigenen Nostalgie macht. Wie gerne hätten wir euch hier geschrieben, dass Nintendo-Spieler nun nach zwölf Jahren der Entbehrung (zuletzt veröffentlichte Rockstar das großartige GTA: Chinatown Wars auf dem Nintendo DS im Jahr 2009) endlich wieder Spaß mit einem Grand-Theft-Auto-Spiel haben können. Wie gerne hätten wir die Teile der Trilogie so hoch gelobt, wie es die Presse seinerzeit bei der ersten Veröffentlichung der Spiele konnte. Denn die Titel sind grundsätzlich charmant gealtert und mit der richtigen Technik hätte man ihnen die groben Texturen und Modelle ohne weiteres nachsehen können. Doch leider fehlt von der guten Technik aktuell jede Spur und so verpufft die Hoffnung, die Spiele in naher Zukunft noch einmal schön und flüssig erleben zu dürfen. Wir halten für euch natürlich die Augen nach weiteren, die Performance verbessernden Updates offen. Bis es aber so weit ist, können wir einen Kauf der Trilogie auch dem überzeugtesten Fan der Reihe nicht empfehlen.
Was mich total irritiert ist, dass die originale Trilogy (damals für Xbox veröffentlicht) nicht mehr in der AK-Liste steht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das war. Zum einen, weil ich die Trilogy (wegen Vice City) letztes Jahr versucht habe zu erwerben, aber aufgrund der Preise dann davon abgekommen bin und weil San Andreas einige Zeit separat im Store zu kaufen war.
Mittlerweile wird die Trilogy für fast 300€ auf Ebay angeboten! Spinner!