Test

Wer wird Millionär?

Von Kamil Witecy am 31.10.2020

Seit nunmehr 21 Jahren gehört „Wer wird Millionär?“ mit Quizmaster Günther Jauch zu den Institutionen im deutschen Fernsehen. Mindestens einmal die Woche lockt der charismatische Moderator Millionen von Zuschauern vor den heimischen Bildschirm. Ähnlich erfolgreich ist die Show auch in anderen Ländern wie beispielsweise den USA, Frankreich, Spanien oder im Vereinigten Königreich, wo das Format 1998 einst unter dem Titel „Who Wants to Be a Millionaire?“ seine Premiere feierte. Ob die aktuelle Videospiel-Umsetzung euch genauso gut unterhalten kann wie die TV-Show, erfahrt ihr in unserem Test.

Auf dem Weg zur virtuellen Million

In der von den Appeal Studios entwickelten Umsetzung von „Wer wird Millionär?“ könnt ihr aus insgesamt sechs verschiedenen TV-Sets wählen, die sich an der britischen, amerikanischen, französischen, spanischen, italienischen und schließlich natürlich auch an der deutschen Variante der Show orientieren. Durch die Anpassung des Spiels auf alle diese Märkte beläuft sich der Fragenkatalog auf rund 3000 Quizfragen pro Land (ca. 2000 davon länderspezifisch), sodass es eine ganze Weile dauern wird, bis sich diese beim Spielen wiederholen. Die Fragen schwanken dabei von kinderleicht bis hin zu herausfordernd schwer, wobei die Formulierungen dieser nur selten an die Raffinesse der TV-Show heranreichen. Generell sind zudem alle Fragen insgesamt acht verschiedenen Kategorien zugeordnet: Sport, Wissenschaft, Geschichte, Kunst, Literatur, Geografie, Sprache, Lebensstil. Wer möchte, kann in den Einstellungen sogar bestimmte Kategorien für seine Spielrunde ausschließen (vier Kategorien müssen jedoch mindestens ausgewählt sein), um den Fragenkatalog individuell für sich anzupassen. Wer jedoch nur der deutschen Sprache mächtig ist, wird sich mit den Fragen aus dem deutschen TV-Set begnügen müssen. Wählt ihr zu Spielbeginn nämlich beispielsweise das spanische TV-Set aus, sind alle Menüpunkte sowie natürlich die Quizfragen komplett in spanischer Sprache gehalten. Im Laufe des Spiels können jedoch durch das Sammeln von sogenannten Neurons einige weitere Fragenpakete freigeschaltet werden.

Das grundlegende Spielprinzip von „Wer wird Millionär?“ ist denkbar einfach: Um die virtuelle Million zu gewinnen, müsst ihr 15 Fragen nacheinander korrekt beantworten. Jeweils vier Antworten auf die stetig schwerer werdenden Fragen sind vorgegeben. Einmal falsch geraten und die Runde ist vorbei. Seid ihr euch bei einer Frage unsicher oder wisst so überhaupt nicht weiter, könnt ihr die altbekannten Joker (50:50, Publikum, Telefon) einsetzen. Als neue Hilfestellung kommt in der Videospielumsetzung überdies der Austausch-Joker ins Spiel, der es euch einmal pro Spielrunde ermöglicht, eine Frage gegen eine Neue einzutauschen.

Grundsätzlich könnt ihr den Ratespaß entweder alleine im Einzelspielermodus oder gemeinsam mit der Familie oder Freunden mit maximal zehn Kandidaten im lokalen Mehrspielermodus spielen. In Letzterem bietet sich die Möglichkeit, der Reihe nach gegeneinander mit jeweils eigenen Fragen zu quizzen, kooperativ den Weg zur Million anzugehen oder im Jeder-Gegen-Modus dieselben Fragen mit einem eigenen Controller im Geheimen zu beantworten. Alle Teilnehmer spielen dabei bis zur Frage für eine Million, am Ende der Runde wird dann ermittelt, wer die meisten Fragen richtig beantwortet hat. Für jüngere Semester gibt es zudem einen eigenen Modus mit einfacheren Fragen. Anders als in der TV-Show gibt es jedoch nur im einfachen Spielmodus keinerlei Zeitbegrenzung – spielt ihr im normalen Modus habt ihr je nach Schwierigkeit der Frage nur 15, 30 oder 45 Sekunden Zeit, eine Antwort zu geben. Das setzt euch einerseits gerade bei schwierigeren Fragen ganz schön unter Druck, hat andererseits vielleicht den Vorteil, dass ihr so sehr schnell vorankommt und zudem erst gar nicht dazu verführt werdet, bei Problemen mal eben zum Smartphone zu greifen. Eine manuelle Anpassung des Zeitlimits in den Optionen wäre an dieser Stelle jedoch wohl die beste Möglichkeit gewesen.

Auch einen Online-Modus haben die Entwickler für den Titel versprochen: Im Battle-Royale-Modus sollt ihr euch mit bis zu 99 anderen Spielern messen können. Wer in diesem Modus bis zum Ende die Nerven behält und die richtigen Antworten gibt, wird letztlich zum Quiz-Champion gekürt. Das Problem dabei: In der uns vorliegenden Version für Nintendo Switch fehlt dieser Online-Modus bisher, während der Modus in den Versionen für Steam, PlayStation 4 und Xbox One schon verfügbar ist. Wann und ob überhaupt der Online-Modus noch mit einem Patch nachgereicht wird, ist bislang leider unklar.

Ohne Günther Jauch keine unterhaltsame Show

Im Grunde bietet die aktuelle Versoftung von „Wer wird Millionär?“ genau das, was auch mindestens zu erwarten war: Eine solide Übertragung des erfolgreichen Quiz-Konzeptes auf Disc bzw. Modul. Da es nur sehr wenig Schnickschnack drumherum gibt und auch die Ladezeiten sehr angenehm kurz sind, eignet sich das Spiel immer wieder für eine schnelle Spielrunde zwischendurch. Das größte Problem jedoch im Vergleich zum Original: Die TV-Show ist in Deutschland gerade deshalb auch so erfolgreich, weil erst Günther Jauch aus dem relativ simplen Rategerüst eine unterhaltsame Abendunterhaltung strickt. Doch im Spiel selbst ist im deutschen TV-Set von Günther Jauch weit und breit keine Spur.

Stattdessen nimmt ein unspektakulär designter Comic-Moderator den Platz auf dem Moderatorenstuhl ein. Generell gibt sich das gesamte Spiel aus optischer Sicht recht minimalistisch, was jedoch in diesem Genre prinzipiell kein Beinbruch ist. Doch gibt es abseits der Original-Melodien und -Jingles aus der Show sowie klatschendem Publikum nach richtigen Antworten keinerlei Sprachausgabe (zumindest in der von uns getesteten Version für Nintendo Switch), sodass weder die Fragen vorgelesen werden, noch die Raterunden mit Zurufen eines charmanten Quizmasters aufgelockert werden. Echte Studioatmosphäre wie im Original kommt so nicht auf. Stattdessen bewegt der in jeder Landesversion gleiche Moderator zwar seinen Mund und klatscht mit hölzernen Animationen was das Zeug hält, der Spieler bekommt aber nur unpersönliche Standard-Formulierung als Texte eingeblendet: „Gut gemacht!“, „Das ist richtig!“ und „Weiter so.“

Dasselbe gilt übrigens auch für die Ratenden. Denn zu Spielbeginn habt ihr die Möglichkeit, aus insgesamt zehn verschiedenen Charakteren zu wählen, die vom Arzt über die Rentnerin bis hin zum Designer reichen. Warum ihr überhaupt einen Charakter wählen sollt? Nun, jeder Charakter verfügt zum einen über andere Telefonjoker, die sich aber ebenfalls nur mit kurzen Texteinblendungen melden und zudem nicht einmal zuverlässig mit ihren Antworten sind. Zum anderen wollten die Entwickler wohl jedem Charakter eine kleine Prise individueller Charaktereigenschaften spendieren. In der Praxis ist dies aber eher peinlich und nervig. Denn wenn der Chefarzt Ruben nach jeder zweiten richtigen Antwort den Satz „Keiner sieht besser aus und ist so gebildet. Was will man mehr?“ fallen lässt oder beim Rentner Pablo ständig Satzfetzen wie „Mhh…mal nachdenken…mhh…also“ eingeblendet werden, tut das der Atmosphäre keinen allzu großen Gefallen. Die Folge ist eher, dass ihr die Texte in den Optionen ausschaltet, um den nervigen Texteinblendungen aus dem Weg zu gehen.

Fazit:

„Wer wird Millionär?“ bietet auf allen (noch) aktuellen Plattformen eine solide Umsetzung des beliebten Quiz-Konzeptes, bei dem ihr euch durch das Beantworten von insgesamt 15 Fragen euren Weg zur virtuellen Million ebnet. Doch trotz der Original-Melodien und -Jingles aus der gleichnamigen TV-Show will kaum echte Studioatmosphäre aufkommen. An dieser Stelle muss einfach attestiert werden, dass vor allem Quizmaster Günther Jauch erst dafür sorgt, dass die TV-Show so beliebt und erfolgreich ist. Ohne ihn im Spiel sowie einer generelle Sprachausgabe, die die Fragen vorliest und mit dem Ratenden interagiert, wirkt der Titel sehr steril und unspektakulär. Wer dennoch einfach Lust hat, sein Wissen auf die Probe zu stellen und alleine oder mit Freunden ein wenig zu quizzen, bekommt zumindest kurzweilige Unterhaltung mit aktuellen Fragen, die z.B. auch verschiedene Gaming-Trends abfragen. 

Zusätzlicher Hinweis: Zum aktuellen Zeitpunkt fehlt in der Version für Nintendo Switch der Battle-Royale-Online-Modus, zudem gibt es lediglich in den Versionen für Steam, PlayStation 4 und Xbox One eine Sprachausgabe, die zwar nicht die Fragen, jedoch die Dialoge zwischen Kandidaten und Moderator vertont. Warum dies in der Version für Nintendo Switch fehlt und ob diese Features nachgereicht werden, ist aktuell noch unklar.

#UPDATE vom 10.11.2020
Ab sofort steht für die Nintendo-Switch-Version ein größeres Update bereit. Dieses fügt nun auch der Variante für Nintendo Switch eine Sprachausgabe hinzu. Zudem steht der Online-Multiplayer bereit und es können neue Fragenpakete durch die In-Game-Währung gekauft werden. Dementsprechend haben wir die ursprüngliche Wertung leicht angehoben.

Von uns getestet: Nintendo-Switch-Version

Unsere Wertung:
6.5
Kamil Witecy meint: "Solide Umsetzung des beliebten Quiz-Konzeptes, doch ohne Günther Jauch kommt keine echte WWM-Atmosphäre auf."
Wer wird Millionär? erscheint für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für PC getestet.
Nur registrierte Benutzer können Kommentare verfassen. Jetzt registrieren
3 Kommentare:
Tobsen)
Tobsen
Am 31.10.2020 um 10:38
Ich denke, ich skippe WwM.
Falcon)
Falcon
Am 31.10.2020 um 12:43
Kein Jauch, keine Sprachausgabe, kein Online-Modus - buhh!
Vyse)
Vyse
Am 31.10.2020 um 14:44
Die Frage auf dem Screenshot nervt mich irgendwie, denn erstens gibt es kein Videospiel das "Zelda" heißt und zweitens ist Tom Nook kein Waschbär, sondern ein Tanuki.

Es ist halt offensichtlich, dass hier lediglich genau so viel Arbeit in die Entwicklung gesteckt wurde, wie zur Veröffentlichung eines funktionierenden Videospiels mindestens notwendig war.
2null3)
2null3
Am 31.10.2020 um 15:30
Ich empfinde es genauso, habe mich aber damit abgefunden, dass die Leute Link Zelda nennen und die Wii, die WiiU und die Switch nicht auseinander halten können, auch wenn es mir in der Seele wehtut.
Dafür kann ich keine Fussballer auseinander halten.