Test

Ys: Memories of Celceta

Von Deniz Üresin am 03.08.2020

Das tragische Ende der PlayStation Vita

Es gab mal eine Zeit, da hat Sony Handhelds produziert. Ihr erster Gehversuch, die PlayStation Portable, hatte nicht nur einiges auf dem Kasten, sondern verkaufte sich trotz Nintendos unverschämt gut laufender Game-Boy-Marke ganz respektabel. Der Nachfolger, ironischerweise PlayStation Vita genannt, hatte kein so schönes bzw. langes Leben. Außerhalb von Japan und einigen JRPG-Fankreisen dürfte das Gerät kaum bekannt sein – selbst Sony weigert sich ein wenig, die Existenz ihrer Hosentaschenkonsole anzuerkennen.

Einige der Titel, die der tapfere Zirkel aus Vita-Jüngern immer gerne anbrachte, wenn es darum ging, ihren heißgeliebten Handheld zu verteidigen, waren unter anderem Persona 4 Golden, Tales of Hearts R und auch Ys: Memories of Celceta. Nachdem nun auch der allerletzte Nischen-Entwickler aus der hintersten Ecke Japans die sinkende M.S. Vita verlassen hat und seine Spiele jetzt entweder auf PlayStation 4 und/oder Nintendo Switch herausbringt, verlassen nach und nach sogar die Exklusivtitel den verblichenen Helden der Hände. Persona 4 Golden gibt’s nun auf Steam und Nihon-Falcom-Titel tendieren früher oder später sowieso meistens dazu, für PC und aktuelle Heimkonsolen zu erscheinen- so auch Ys: Memories of Celceta.

Die nunmehr dritte Auflage des chronologisch gesehen dritten Abenteuers des rothaarigen Adrenalinjunkies (auch wenn es der vierte war, der herausgebracht wurde) führt euch in den sagenumwobenen Wald von Celceta. Ob dieser auch ein schönes Ausflugsziel für euch ist, erfahrt ihr in unserem NplusX-Test.

All the crazy sh*t I did tonight…

Those would be the best memories. Oder besser gesagt wären sie das, wenn Adol sich nur daran erinnern könnte. Ähnlich wie manch ein über die Strenge schlagender Barbesucher fragt sich der Abenteurer nämlich auch, wo genau er in der Nacht von Freitag auf Montag war und was er getrieben haben muss, um so ramponiert und ohne seine Erinnerungen im Grenzdorf Casnan aufzukreuzen.

Glücklicherweise trifft der angeschlagene Schwertkämpfer auf ein angeblich bekanntes Gesicht. Der „Informationsdealer“ Duren, der deutlich netter ist, als er allen glauben machen will, erkennt ihn wieder und erklärt ihm grob, was passiert ist. Adol ist angeblich, leichtfertig und abenteuersüchtig, wie er nun einmal ist, in den extrem gefährlichen Wald von Celceta aufgebrochen. Dass er überhaupt lebend herausgekommen ist, grenze an ein Wunder. Das Gespräch wird von Tumult unterbrochen, der von der nahe gelegenen Mine herrührt: Dort sind wie aus dem Nichts Monster aufgetaucht, die die Arbeiter angreifen. Auch ohne sein Gedächtnis spürt Weltenretter Adol Christin instinktiv, dass er helfen muss und stürzt sich auch schon ins nächste Abenteuer, gefolgt von seinem mürrischen neuen Freund Duren. Nach diesem Tutoriallevel, in dem ihr die Grundlagen des Kämpfens beigebracht bekommt, fängt das Spiel auch schon richtig an: Ihr werdet kurzerhand von Generalin Griselda des Romunischen Kaiserreichs angeheuert, um den Wald von Celceta zu kartografieren. So haben Adol und Duren beide etwas davon, zurück in den Wald zu gehen: Adol möchte seine Erinnerungen zurückbekommen und Duren freut sich über die immense Bezahlung, die sie für den Auftrag erhalten werden.

Waldspaziergang im Turbomodus

Fortan ist es also eure Aufgabe, den großen, verwinkelten Wald von Celceta zu durchkämmen und dabei Ausschau nach Informationen über Adols vorheriges Abenteuer zu halten. Nach und nach gesellen sich, wie für ein Japano-Rollenspiel üblich, auch noch weitere Kämpfer eurer Truppe hinzu, wie die aufbrausende Karna mit ihren Wurfmessern oder der eher zurückhaltende Lanzenkämpfer Ozma. Oft sind Gegner gegen eine Waffenart besonders empfindlich, was es empfehlenswert macht, sich mit all seinen Spielfiguren auseinanderzusetzen. Neben normalen Angriffen, die zu Combos verkettet werden können, befinden sich auch Ausweichrollen, Skills und die Möglichkeit, gegnerische Angriffe zu blocken, um Schaden zu minimieren in eurem Aktionsrepertoire. Weicht ihr ganz knapp vor dem Angriff des Gegners aus, aktiviert ihr einen Zeitlupenmodus, in dem sich eure Gegner kaum bewegen können. Pariert ihr stattdessen im richtigen Moment, nehmt ihr überhaupt keinen Schaden und eure nächsten Angriffe sind deutlich stärker.

Das Kampfsystem ist simpel, aber stets ziemlich flott und ermöglicht auch fordernde Gefechte, besonders gegen die riesigen Bossgegner. Ihr solltet vor allem darauf achten, eure Ausrüstung immer auf dem aktuellsten Stand zu halten und gegebenenfalls mit gefundenem Loot aus dem Wald upzugraden und auch eure Skills durch wiederholte Nutzung aufzuleveln. Ist euch das Spiel an irgendeiner Stelle zu einfach oder zu schwer, könnt ihr den Schwierigkeitsgrad jederzeit ändern, genauso wie die Tastenbelegung, was gerade in Action-RPGs sehr hilfreich sein kann.

Gelegentlich begeben sich Adol und seine neuen Freunde auch in den einen oder anderen Dungeon, in dem viele weitere Gegner und Ansätze von Rätseleinlagen auf euch warten, die meist durch simplen Einsatz des richtigen Charakters gelöst werden können. Duren kann nämlich diverse Schlösser knacken, Ozma hingegen kann seine Lanze als Hebel benutzen, um Felsen aus dem Weg zu räumen.

Schwerttanz ohne Firlefanz

Habt ihr bereits Ys VIII: Lacrimosa of Dana gespielt, wird euch direkt auffallen: Am Gameplay hat sich nicht wirklich viel geändert. Ihr deckt die Oberweltkarte nach und nach auf, kloppt euch mit Gegnern in hitzigen Gefechten, erledigt simple Sidequests und erlebt eine Story, die gegen Ende immer spannender wird, wenn Adol nach und nach die Geheimnisse des Waldes von Celceta aufdeckt und auf einen neuen, übermächtigen Widersacher stößt.

Im Gegensatz zu Ys VIII, das auf der Engine von Memories of Celceta aufbaut, könnt ihr in diesem Spiel allerdings noch nicht die Kamera frei bewegen, sondern lediglich die Zoomstufe bestimmen. Die Areale sind natürlich dementsprechend gestaltet, trotzdem kann es gelegentlich etwas unübersichtlich werden, beispielsweise wenn sich ein besonders großer Gegner zwischen Adol und die Kamera stellt. Trotz der HD-Auflösung ist das Spiel auch nicht unbedingt eine Augenweide, da es auf den PS-Vita-Grafiken basiert. Die Framerate von 60 FPS bleibt dafür fast immer stabil und der fetzige Soundtrack hält euch auf Trab.

Bis auf eine optionale japanische Sprachausgabe, die in den nur sehr selten vertonten Cutscenes zum Tragen kommen kann, hat sich inhaltlich aber im Vergleich zur Vita-Version nichts geändert. Es gibt weiterhin nur englische Bildschirmtexte, die freischaltbaren Time-Attack- und Boss-Rush-Modi gab es auch schon im Original.

FAZIT

Seid ihr auf der Suche nach einem guten Action-RPG für eure PS4 im mittleren Preissegment? Dann ist Ys: Memories of Celceta definitiv einen Blick wert. Es spielt sich wunderbar flüssig, hat einen jederzeit anpassbaren Schwierigkeitsgrad, liebenswerte Charaktere, einen großartigen Soundtrack und eine immer spannender werdende Story. Demgegenüber stehen die auf dem großen TV-Bildschirm etwas detailarm wirkenden Charaktermodelle und Texturen sowie eine fehlende deutsche Lokalisierung. Die wenigen, die die Vita-Version gespielt haben, werden ebenfalls keinen Grund haben, erneut zuzuschlagen.

Neueinsteiger in die Ys-Reihe können mit diesem Titel wunderbar beginnen oder ihn nach dem ebenfalls für PS4 erhältlichen achten Teil genießen, da die übergreifende Story nur extrem lose zusammenhängt, was die Reihenfolge und Anzahl der gespielten Titel nicht ganz so wichtig machen. Ist euch die Grafik zu sehr ein Dorn im Auge, könnt ihr aber natürlich auch bis nächstes Jahr warten, wenn Ys IX: Monstrum Nox für PS4, Switch und PC erscheinen wird.

Unsere Wertung:
7.5
Deniz Üresin meint: "Mit Memories of Celceta hat eines der besten Action-RPGs der Vita seinen Weg auf die PlayStation 4 gefunden."
Ys: Memories of Celceta erscheint für PlayStation 4. Wir haben die Version für PlayStation 4 getestet.
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