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NplusX-Kommentare zum XBOX E3 2016-Briefing

Von Niko Schopinski am 13.06.2016

Niko Schopinski meint:

Da Microsoft keine offiziellen Verkaufszahlen seiner Xbox One herausgibt, beruhen die im Netz kursierenden Angaben auf Schätzungen. Diesen zufolge geht Microsofts aktuelle Heimkonsole weltweit ungefähr im Verhältnis 1:2 über die Ladentheke - verglichen mit Sonys erfolgreicher PlayStation 4. Es scheint inzwischen natürlich aussichtslos, hier noch aufschließen zu können, dafür müsste Sony schon eklatante Fehler begehen. Es sollte Microsoft aber ein Anliegen sein, mit dem aktuellen Gerät bis zur Ablösung durch einen Nachfolger nicht noch mehr an Boden zu verlieren. Also müsste Microsoft auf der Pressekonferenz anlässlich der E3 doch zumindest ein paar ordentliche Filetstückchen servieren.

Zunächst wurde die Slim-Variante der Xbox One präsentiert. Auf den ersten Blick ein guter Schachzug, so kommt er für mich aber ein ganzes Jahr zu spät. Mit der weniger klotzigen Variante im Gepäck hätte Microsoft womöglich deutlich mehr Rückenwind für die Software-Offensive des abgelaufenen Jahres gehabt, in dem mit Rare Replay, Forza Motorsport 6, Halo 5, Rise of the Tomb Raider, Quantum Break und auch der Abwärtskompatibilität ein eigentlich beachtliches Lineup so ein bisschen versandet ist.

Einige der vorgestellten Neuerungen wie die freie Sprachwahl für das Spiel, das Hören der eigenen Musik und die Xbox Live- Features „Clubs on Xbox Live“, „Looking for Group“ und „Arena on Xbox Live“ sind ebenso nette Erweiterungen der Xbox-Erfahrung wie die individuelle Gestaltung des Controllers. Sie dürften aber eher der Kategoerie „nice to have“ angehören und werden PS4-Spieler nicht unbedingt reihenweise zur Xbox überlaufen lassen. Dafür müssten schon die Spiele sorgen.

Als ersten potenziellen Blockbuster präsentierte Microsoft Gears of War 4. Wie viel Substanz unter der blutigen Hülle steckt, lässt sich anhand des gezeigten Materials nicht wirklich einschätzen. Natürlich wird der neue Horde-3.0-Modus wieder zahlreiche Ballerfans anziehen, mir persönlich war der präsentierte Abschnitt allerdings einen Ticken zu brutal. Diese extremen Schlachtorgien verkommen ein wenig zum ekelhaften Call-of-Duty-like Dauergemetzel-Overkill. Forza Horizon 3 hingegen hat es mir sehr angetan. Das Setting und die neuen Features halte ich für sehr vielversprechend, Fans der Vorgänger werden da wohl bedenkenlos zugreifen können. Weitere interessante Spiele waren Tekken 7, Recore, Scalebound, State of Decay 2, Dead Rising 4 und Halo Wars 2. Außerdem machte der Xbox Game Preview-Titel We Happy Few einen interessanten Eindruck. Abseits von Multiplattformspielen und Nischentiteln fehlten softwareseitig allerdings die Überraschungen. Das vom Kultentwickler Rare entwickelte „The Wind Waker: Black Flag“…Verzeihung…es heißt ja „Sea of Theaves“, könnte ganz nett werden, der alte Glanz von Rare scheint aber endgültig erloschen. Die Resonanz des Publikums auf die Gameplay-Präsentation war eher dürftig, ein wirkliches Spielziel nicht erkennbar.

Ansonsten war an jeder Ecke zu spüren, dass Microsoft die Xbox nicht mehr rein als Konsole sieht, sondern als Ökosystem, bestehend aus Xbox One, Xbox One S und dem Windows 10-PC. Es wird wohl keine reinen Xbox One-Exklusivspiele mehr geben, die Ankündigungen lauten stets „Xbox One & Windows 10 exclusive“. Ein Eingeständnis, dass die fokussierte Entwicklung nur für die aktuelle Konsole wohl zu aufwändig und nicht lohnend ist. Außerdem wird die Verknüpfung der Plattformen mit „Xbox Play Anywhere“ voran getrieben. Durch dieses Feature lässt sich ein zum Beispiel für Xbox One gekauftes Spiel auch auf dem Windows 10-Rechner weiterzocken. Inwiefern das die Spieler dann tatsächlich zum Xbox-Ökosystem lockt, ist aber fraglich. Man darf gespannt sein, ob Microsoft diese Strategie bei der nächsten Konsole fortführt. Wirklich stärken dürfte es die Xbox One selbst nicht. Soweit eine solide Pressekonferenz mit einem recht überraschungsarmen Lineup.

Und dann kam der Moment, wofür ich Pressekonferenzen einfach liebe:

Xbox-Chef Phil Spencer ließ nach der üblichen Plauderei zum Schluss der Präsentation die Bombe platzen und kündigte die neue Konsole für das kommende Jahr an. In einem kurzen Video durften einige mehr oder weniger bekannte Gesichter die Hardwarepower und den Verzicht auf jegliche Kompromisse bewerben. Phil Spencer bezeichnete das als „Project Scorpio“ betitelte Gerät als „Monster“. Und so blieb nach einer zunächst soliden PK, die den Sony-Managern wenig Stress bereitet haben dürfte, doch eine deutliche Ansage für die Zukunft.

„Nicht schlecht, Herr Spencer. Jetzt müssen Sie im kommenden Jahr aber auch endgültig beweisen, dass Sie das Spiel mit den Spielern besser verstehen als Ihr Vorgänger, Don Mattrick:“

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Nico Zurheide meint:

Microsoft zeigt als erster der großen Konsolenhersteller sein Line-Up der kommenden Monate - und setzt wie schon im letzten Jahr auf eine schnelle Präsentation ohne viel Gerede. Das muss ausdrücklich gelobt werden, so sehen alle Interessierten viel mehr Material der neuen Spiele. Die Präsentation an sich ist geradezu hervorragend gelungen: Mit neuer Hardware geht es los, mit neuer Hardware wird geendet, und dazwischen ein großer Haufen Spiele und sogar noch weitere Hardware in Form von individualisierbaren Controllern. Die Spiele wurden mit viel Gameplay vorgestellt, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, in den letzten Jahren leider etwas in Vergessenheit geraten.

So gut die Präsentation an sich auch gelungen ist - der Inhalt lässt zu wünschen übrig. Neue Hardware sehen Spieler normalerweise immer gern (zum Beispiel ist der Elite Controller 2015 stark aufgefallen), doch nun nach bereits vier Jahren die aktuelle Generation quasi abzulösen, kommt vielen Kunden zu früh. Wie gut oder schlecht das neue "Project Scorpio" dann tatsächlich ausfällt, bleibt abzuwarten.

Auch spielerisch ist Microsoft nicht auf der Höhe. Nicht ein großer exklusiver Xbox One-Titel wurde gezeigt, sämtliche Eigenentwicklungen erscheinen auch für Windows 10. Viele werden sich zukünftig fragen, wofür sie sich überhaupt eine Xbox ins Haus holen sollten. Neben den Highlights Recore und We Happy Few war kaum etwas Neues oder Innovatives zu sehen - auch natürlich dank der zahlreichen Leaks. Microsoft befindet sich "zwischen den Generationen", wie sie selbst sagen. Sony wird heute Nacht nachziehen.

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