Test

What Lies in the Multiverse

Von Jeremiah David am 05.03.2022

Wer kennt die Situation nicht? Ihr sitzt gerade an eurem Schreibtisch vor eurem PC und tüftelt an einer Arbeit über Paralleluniversen, als das gesamte Gefüge von Zeit und Raum auseinanderbricht. Eben noch in eurem heimischen Zimmer, findet ihr euch jetzt zwischen irgendwelchen buddhistischen Mönchen auf irgendeinem Berggipfel wieder. Die Mönche haben von alledem natürlich keine Ahnung, aber zum Glück taucht ein weißhaariger alter Kerl mit einem riesigen lila Hut auf, um euch zu helfen.

So beginnt der Puzzle-Plattformer What Lies in the Multiverse vom Indie-Entwickler-Duo Studio Voyager und IguanaBee. Der weißhaarige Kerl mit dem schrägen Hut heißt Everett und bietet uns einen Job als sein Assistent an. Wir zögern natürlich nicht lange und schlüpfen in die Rolle des namenlosen Protagonisten, der von allen einfach nur „Junge“ genannt wird, und bereisen mit Everett das Multiversum.

Everett wird von einigen verrückten Zeitgenossen gejagt, die ihn bezichtigen, ihren Voyager gestohlen zu haben – das ist der Stock, mit dem Everett zwischen den Paralleluniversen hin und her reisen kann. Die Verfolger nennen sich Zenith und halten sich für eine Art interdimensionale Polizei. Die Story könnte glatt aus einer Folge der Serie Rick & Morty stammen, wobei Everett den gleichermaßen durchgeknallten wie brillanten Wissenschaftler gibt, während wir den naiven Morty-Verschnitt spielen. Auch der Slapstick-Humor, der sich mit stellenweise überraschend vulgärer Sprache wie ein roter Faden durch das Spiel zieht, kann nahezu mit dem des bekannten Vorbilds mithalten. Für den ein oder anderen Lacher und als willkommene Auflockerung zwischen den Rätseln ist die unterhaltsame Geschichte definitiv geeignet.

Kreative Rätselkost im Duoverse

Apropos Rätsel: Abgesehen von der Story sind es die vielen Denksportaufgaben, die What lies in the Multiverse definieren. Im Prinzip müssen wir in den zweidimensionalen Levels immer nur von A nach B kommen, dabei wollen jedoch etliche Hindernisse überwunden werden. Mal müssen wir Schlüssel für verschlossene Türen finden, mal Schalter umlegen, um Brücken auszufahren oder Aufzüge in Bewegung zu setzen. Unser Protagonist ist in seinen Möglichkeiten allerdings erschreckend limitiert. Er kann natürlich laufen, aber darüber hinaus nur springen und Gegenstände verschieben beziehungsweise aufheben. Damit das Gameplay auch anspruchsvolleren Zeitgenossen gerecht wird, können wir allerdings (fast) jederzeit zwischen zwei Paralleluniversen hin und her wechseln. In der Regel lassen sich nur dadurch die Rätsel des Spiels lösen. So versperren uns gleich im Prolog auf dem Berggipfel bei den Mönchen beispielsweise große Felsblöcke den Weg. Auf Knopfdruck reisen wir in dieser Situation einfach in ein Universum, wo alle Mönche nur noch als verwitterte Skelette in der Gegend herumliegen und auch die Felsblöcke dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen sind. In diesem Universum können wir locker über die Felsen klettern und so lange gemütlich weiterlaufen, bis wir an eine zerfallene Brücke kommen. Dort wechseln wir wieder in die Dimension der noch lebenden Mönche, um über besagte Brücke zu spazieren.

Obwohl der Titel des Spiels ein grenzenloses Multiversum vermuten lässt, stehen uns in jedem der insgesamt acht Kapitel wirklich nur zwei verschiedene Universen zur Verfügung. Mit der Zeit werden die Rätsel dennoch immer schwieriger, außerdem werden neue Gameplayelemente eingeführt, um die Aufgaben frisch zu halten. Im fünften Kapitel dürfen wir beispielsweise stets nur wenige Sekunden lang im Paralleluniversum verbleiben, weil unser Junge sonst an den giftigen Gasen dort sterben würde. All zu knifflig werden die Rätsel dennoch nie. Selbst die schwierigsten Passagen lassen sich zur Not mit etwas Trial & Error überwinden. Stellenweise ist letzteres sogar die einzige Möglichkeit weiterzukommen. Bei manchen Rätseln ist der Lösungsweg von Anfang an klar, erfordert aber so perfektes Timing und Präzision, dass angesichts der etwas schwammigen Steuerung schnell Frust aufkommen kann. Zum Glück sind solche Rätsel Ausnahmen.

Retrooptik mit technischen Schwächen

Optisch zeigt sich What Lies in the Multiverse minimalistisch. Die stark stilisierte Pixelgrafik mit Retro-Feeling lässt nicht viel Spielraum für Details, es ist aber bewundernswert, wie viel Leben die Entwickler dem Spiel trotz der selbst auferlegten Limitierungen eingehaucht haben. Schön sind außerdem die gewählten Farben. Die meisten Welten stehen in einem Hell-Dunkel-Kontrast zueinander oder setzen gar auf Komplementärfarben. Die Animationen während der Cutscenes und das Charakterdesign sollen wohl an Trickfilm- oder Anime-Serien erinnern, doch hier fällt der gewählte Grafikstil der Präsentation ein wenig in den Rücken. Etwas detaillierter ausgearbeitete Figuren mit einer dementsprechend ausdrucksstärkeren Mimik hätten einigen Gags sicher zu noch mehr Komik verholfen. Schade ist zudem, dass es keine Sprachausgabe gibt. Es sollte außerdem nicht unerwähnt bleiben, dass uns ein Bug am Ende des dritten Kapitels am weiterspielen hinderte. What Lies in the Multiverse erlaubt kein manuelles Speichern und legt nur einen einzigen Spielstand an. Ist dieser erst mal korrupt, bleibt nur ein Neustart des gesamten Spiels. Die ersten drei Kapitel mussten wir trotz Download des Day-One-Patches zweimal spielen.

Fazit:

What Lies in the Multiverse ist ein gleichermaßen kurzes wie kurzweiliges Puzzle-Spiel mit einigen coolen Charakteren und größtenteils gelungenen Rätseln, die über rund sechs Stunden hinweg gut unterhalten. Die wenigen Aufgaben, die auf Geschicklichkeit statt auf Hirnschmalz setzen, können allerdings tierisch nerven und auch die Optik dürfte nicht jedermanns Sache sein. Dafür entschädigt jedoch eine für das Genre überdurchschnittlich gute Story.

Unsere Wertung:
7.0
Jeremiah David meint: "Gelungener Rätselspaß mit kleineren Schwächen."
What Lies in the Multiverse von Studio Voyager und IguanaBee erscheint am 04.03.2022 für PC und PlayStation 4 und Nintendo Switch und XBox One. Wir haben die Version für Nintendo Switch getestet. Für diesen Test wurde uns ein Rezensionsexemplar von Untold Tales zur Verfügung gestellt.
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