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Nintendo und Microsoft gegen Sony?

Von Andreas Held am 28.06.2018

Ein besonderer Botschafter

Minecraft erscheint für Nintendo Switch. Das ist eigentlich eine richtige Sensation, denn Mojang - das Entwicklerstudio hinter der Lego-Simulation - wurde schon vor langer Zeit von Microsoft gekauft. Es ist somit einer von Microsofts Second-Party-Entwicklern. Wenn Sony ein Uncharted auch auf der Xbox One veröffentlichen oder Nintendo einen Port von Xenoblade Chronicles 2 für die Xbox One ankündigen würde, wäre dies absolut vergleichbar.

Aus wirtschaftlicher Sicht ergibt diese Entscheidung absolut Sinn. Niemand würde sich nur für Minecraft eine Xbox One zulegen, da man den Bauklötzchen-Titel schon seit 2009 auch für den PC kaufen und dort spielen kann. Diese Version einfach abzuschalten kann sich Microsoft wiederum nicht erlauben - abseits aller rechtlichen Fragen wäre der öffentliche Shitstorm zu immens. Und Nintendo ist ohnehin keine direkte Konkurrenz für Microsoft, da das Spieleangebot der beiden Publisher (und somit deren Zielgruppen) mehr oder weniger disjunkt sind. Mit der Veröffentlichung verdient Microsoft also ordentlich an allen Switch-Besitzern, ohne dabei irgendwelche spürbaren Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

Das allein wäre ein ungewöhnlicher, aber kluger Schachzug - doch Ende Juni setzten Nintendo und Microsoft noch einen drauf. Nach einem kostenlosen Upgrade der Switch-Version ist es nämlich möglich, online zusammen mit Xbox-One-Besitzern zu spielen. Diese Cross-Play-Funktionalität nutzen beide Hersteller nun als Marketing-Zugpferd: Ein gemeinsam entwickelter Trailer zeigt auf der linken Seite eine Xbox-One-Spielerin und rechts einen Switch-Besitzer, die online auf demselben Server spielen. Auf Twitter (KLICK) flirten die offiziellen Accounts der beiden Branchenriesen öffentlich miteinander und philosophieren darüber, was sie denn nun gemeinsam bauen könnten - die PR-Abteilung von Minecraft schaltet sich dazwischen und schlägt ein riesiges Herz vor. Diese Aktion ist mit Sicherheit kein spontaner Einfall einzelner PR-Mitarbeiter, sondern wurde lange im Voraus geplant und von weit oben abgesegnet.

Sony, der ausgegrenzte Dritte

Dass Minecraft auch für Sonys PlayStation 4 erhältlich ist, könnte man nach diesen Schlagzeilen fast schon vergessen. Einen großen Nachteil hat diese Version nun jedoch: Sie ist als einzige nicht Cross-Play-Kompatibel. Sony hat eine derartige Funktionalität schon öfters verweigert und stand dafür immer wieder in der Kritik - zum Beispiel im Fall von Rocket League, wo es ebenfalls Sony-Spieler sind, die als einzige ausgegrenzt werden.

Einen noch größeren Bock hat Sony nun mit Fortnite geschossen, das vor Kurzem für Nintendo Switch erschienen ist. Denn einige User mussten nach dem Download feststellen, dass sie sich mit ihrem bestehenden Fortnite-Account nicht auf der Hybridkonsole einloggen dürfen. Die offizielle Fehlermeldung macht keinen Hehl daraus, auf wessen Mist das gewachsen ist: "Dieser Fortnite-Account ist mit einer Plattform verknüpft, die den Betrieb auf Nintendo Switch nicht erlaubt". Da Smartphone-, PC- und Xbox-One-User sich mit ihren Accounts jeweils problemlos auf der Nintendo-Konsole einloggen dürfen, ist der Schuldige nach dem Ausschlussverfahren recht leicht zu bestimmen. Diese Situation ist besonders brisant, weil auch mit der PC-Version erstellte Accounts auf Switch blockiert werden, wenn sie irgendwann mal auf einer PS4 verwendet wurden. Die Accounts gehören nicht Sony; der japanische Publisher zwingt einen Dritthersteller dazu, eine absolut kundenunfreundliche Blockade einzurichten.

Natürlich will Sony mit dieser Entscheidung Geld verdienen. Wer darüber nachdenkt, seine PS4 zu verkaufen, würde nach dieser Entscheidung seinen gesamten Fortschritt in Fortnite verlieren. Wer mit einem Freund zusammen spielen will, der nur eine Sony-Konsole besitzt, muss sich zwingend selbst eine PS4 kaufen. Zusammen mit der aktuellen Marktmacht Sonys haben diese Beschränkungen eine ordentliche Zugkraft. Die Konsequenzen wurden offenbar unterschätzt: Das extrem negative Medienecho führte selbst in den Augen von Spielern, die mit Fortnite eigentlich nichts zu tun haben, zu einem spürbaren Image-Verlust. Und spätestens seit Star Wars Battlefront II sollte eigentlich klar sein, dass selbst die mächtigsten Marken nicht vor einem Boykott sicher sind. Kurzum: Sony muss aufpassen, dass dieses Fiasko nicht der erste in einer langen Reihe von Skandalen wird, die der Marke PlayStation irgendwann die Marktführerschaft kosten.

Nintendo und Microsoft auf Kuschelkurs

Das Timing, mit dem Nintendo und Microsoft nun großspurig die Cross-Play-Funktionalität von Minecraft bewerben dürfen, könnte also nicht günstiger sein. Und hört man Phil Spencers Aussagen in einem Interview mit dem Online-Magazin Variety zu, scheint der Vizepräsident von Microsofts Gaming-Sparte durchaus weitere Pläne in diese Richtung zu haben:

"Mir ist es nicht so wichtig, dass die Leute Minecraft auf einer Xbox One spielen, sondern dass die Leute Minecraft spielen können, egal welche Konsole oder welches Gerät sie gerade vor sich haben. [Präsident Satya Nadella] forderte uns dazu heraus, Microsoft zum globalen Marktführer in der Gaming-Branche zu machen, indem wir allen auf dem Planeten die Möglichkeit geben, gemeinsam zu spielen (...). Ich habe es bereits erwähnt, aber es ist ein sehr gutes Beispiel: Wir entwickeln Minecraft weiter, um das Spielen zwischen so vielen Geräten zu ermöglichen wie wir können (...)."


Diese Ausführungen klingen nun schon fast so, als wolle sich Microsoft aus dem Hardware-Geschäft zurückziehen. Denn sie werfen natürlich die Frage auf, was denn nun mit Spielern ist, die Forza Horizon 4 miteinander spielen wollen - einer auf Nintendo Switch, der andere auf der PlayStation 4. Ganz so ambitioniert wie im Fall von Minecraft würde Spencers Antwort auf diese Frage wohl nicht mehr ausfallen. Microsoft macht aber unmissverständlich klar, dass die in Minecraft und Fortnite demonstrierte Cross-Play-Funktionalität zu einem der tragenden Verkaufsargumente für die Marke Xbox werden soll. Sieht man sich das Echo zu dem Battle-Royale-Titel an, scheint diese Strategie schon jetzt zu wirken. Spätestens wenn der Nachfolger der Xbox One gegen die PlayStation 5 in den Ring steigt, könnte sie die Kräfteverhältnisse am Konsolenmarkt tatsächlich entscheidend beeinflussen.

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4 Kommentare:
Falcon)
Falcon
Am 28.06.2018 um 16:23
Sony ist aktuell echt schlecht beraten, wenn die das weiter so durchziehen.
Matthew1990)
Matthew1990
Am 28.06.2018 um 20:10
Letztens noch ein Video zu diesem Thema gesehen: Die Arroganz der Unternehmen. Aktuell ist Sony Marktführer, daher diese Ignoranz gegenüber Crossplay.
Ich finde es echt schade, dass Sony sich da echt quer stellt.
Aber naja... ist ja... "FOR the players"... ;)
GF0P)
GF0P
Am 28.06.2018 um 21:53
Interessanterweise sind beim verknüpfen des Xbox Live Accounts mit einem Switch-Minecraft die Erfolge auch auf der Xbox bzw. in der Xbox-App zu sehen. Ob auf Switch erspielte Erfolge auch Einfluss auf den Gamerscore haben, habe ich noch nicht drauf geachtet.
Vielleicht kommt Nintendos kostenpflichtiger Onlineservice auch deswegen so verspätet, weil sie sich Know-how bei Microsoft geholt haben? Läuft es gar über MS-Server?!
Asinned)
Asinned
Am 01.07.2018 um 17:33
Reicht mir nicht. Die nächste Xbox soll ein optionaler Powerdock für die Switch sein, wo man kompatibele Spiele hin und ger switchen kann. Nintendo Spiele erscheinen dann auch als 4k Fassung und was von MS auf die Switch gebracht werden kann, wird umgesetzt. Man darf ja noch träumen dürfen