• Samus_Aran)

    Samus_Aran

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    14.11.16, 13:33 Uhr
    #16205

    Wir brauchen mal einen Thread für Spieleentwicklung im Allgemeinen. Hier würde ich gerne über die ganzen technischen Aspekte im Hintergrund sprechen, genauso wie Spieltheorien und Meta-Ebenen. Da ich ja auch direkt an der Quelle sitze und privat bei Game Jams mitmache, fragt mich auch ruhig Sachen :)

    Zum Beginn werfe ich mal ein sehr cooles Video in die Runde um das Thema "Character Development bei Nintendo" anzustoßen.


    Meine Intialaussage dazu: Ja, hat Nintendo gut gemacht. Das ist aber auch genau der Grund, wieso wir bestimmte Genres nie auf einer Nintendo-Konsole sehen. Beispiel: Realismus-Rennspiele. Denn da gibt es keinen neuen Twist den man hinzufügen könnte. Deswegen haben wir seit Ewigkeiten kein neues F-Zero und auch kein cooles Sportspiel bekommen, wie bereits im Video angesprochen. Ich finde diesen Designansatz toll, manchmal rennt man damit aber auch gegen die Wand. Es ist recht Genre-Spezifisch. Was sagt ihr dazu?

  • Clessidor)

    Clessidor

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    14.11.16, 15:37 Uhr
    #16208

    Ich beschäftige mich ja auch schon länger gern mit Game Design und kenn ja auch so Sachen wie Mark Browns Game Maker's Toolkit und Extra Credits auf Youtube. Aber einer meiner ersten Lehren in Sachen Game Design war ja tatsächlich ein kleines Büchlein namens "Leitfaden für Spielerfinder und solche, die es werden wollen" von Tom Werneck.

    Und wie der Begriff Spieleerfinder auch bereits andeutet, geht es dabei in erster Linie um das Entwerfen von klassischen Brett- und Gesellschaftsspielen als um Videospiele. Trotzdemlässt sich schon vieles übertragen. Aber über manche Dinge lässt sich streiten. Zum Beispiel wird für den Spieleautor klar gesagt, dass man den Unterschied zwischen Spiel und Rätsel zu lernen habe. Denn ein Rätsel ist sobald es einmal gelöst wurde, für den Nutzer gelöst. Falls man nicht an einer Form von Vergesslichkeit leidet, kann man das Rätsel nicht erneut in der Form genießen wie beim ersten mal. Wohingegen man beim Spiel wie zB. Siedler von Catan oder Schach man jedes mal wenn man es startet ein neues Spielerebnis geliefert wird.

    Hinzu kommt, dass man in der Brettspielwelt ein einzelnes Spiel anhand von der Art und Weise wie die Spielmechaniken verwendet werden bewertet wird.  Das klingt jetzard komisch. Aber gemeint ist, dass man darauf achtet, dass sich jedes Spiel einzigartig spielt. Denn ansonsten würde man anstatt ein neues Spiel zu entwickeln lediglich eine neue Variante eines bereits bekannten machen und ja obwohl das rechtlich etwas vage ist, wird das vermieden. Niemand will in der Branche als plumper Nachahmer gelten und es hat sich halt so etabliert.


    Videospiele finde ich jedoch deshalb so spannend, da sie diese starre Einteilung der Brett- und Gesellschaftsspiele einfach aufbrechen. Die Einteilung zwischen Spiel und Rätsel gilt nicht. Man hat quasi Mischformen zwischen den beiden. Und selbst wenn objektiv betrachtet viele Spiele eher eine neue Variante eines bereits bekannten Spieles darstellen, scheut man sich nicht auch mal nochmals dasselbe etwas runder etwas spannender zu machen. Oder einfach es in ein neues Setting zu setzen.

    Und um mal zum Thema zurückzukommen. Ich mag es, dass Nintendo soviel Wert auf Gameplay legt. Und ihr Ansatz Spiele zu entwickeln ist wirklich einer, den man in der Branche nicht missen möchte. Aber wie gesagt dadurch das Spiele auch technisch gebunden sind, macht es meiner Meinung nach auch Sinn Nachfolgespiele bekannter Serien rauszubringen. Ein neues F-Zero, welches sich einfach rund spielt mit neuen Strecken etc. hat definitiv seine Daseinsberechtigung.

    Und auch der Designansatz, dass man zu allerest versucht sich an eine bestimmte Thematik oder Geschichte heranzugehen und dazu eine Spielmechanik zu entwerfen, finde ich nicht verwerflich.

    Denn evtl. kommt man dadurch auf eine komplett neue Spielmechanik. Ich hatte ja privat auch ein Brettspiel entwickelt, bei dem ich so herangegangen bin, dass ich eine Jagdthematik haben wollte und habe darauf basieren die Spielmechaniken entwickelt. Das Spiel ist zwar letztenendes langweilig geworden. Aber die Mechaniken waren alle ganz nett und es hatte nen recht netten Designansatz, welch unterbewusst entstanden ist.

    Hätte ich das geschafft, wäre ich da anders herangeganen und hätte einfach auf Basis einer Spielmechanik aufgebaut? Vermutlich nicht. Auch anderen Spiele nachzuahmen finde ich nicht schlimm. Denn selbst wenn man hergeht und sagt zB. "Ich hätt Bock nen simplen 2D-Koop-Shooter ala Contra zu machen" und es ist nicht mehr, kann es immer noch ein richtig gutes Spiel werden, woran man Spaß hat.

    Also wie gesagt ich mag den Ansatz Play-First. Aber ich finde auch andere sind nicht schlecht. Ich finde die Mischung machts.


  • Samus_Aran)

    Samus_Aran

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    14.11.16, 18:11 Uhr
    #16227

    Clessidor schrieb:

    Niemand will in der Branche als plumper Nachahmer gelten und es hat sich halt so etabliert.

    Oh, hast du aber schon sehr wohlwollend formuliert. Das ist so ein Piratengesetz glaube ich, wenn der Markt sowas nicht mehr hergibt, dann ändert sich das ganz schnell. Natürlich versucht man nicht andere zu kopieren, damit man ein Alleinstellungsmerkmal hat. Auf dem Mobile Gaming Sektor ist das aber völlig anders. Da gibt es unzählige Rip-Offs und Copy Cats. Das liegt einfach daran, dass dort keiner den Markt so richtig entschlüsselt hat und wie man dieses Meer aus potentiellen Kunden am besten abschöpft. Sobald dann mal ein Spiel wie Clash of Clans daherkommt und eine gute Formel gefunden hat, gibt es direkt unzählige Nachahmer.

  • Vyse)

    Vyse

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    14.11.16, 20:14 Uhr
    #16234

    Schön, das Thema auch mal mit einem vernünftigen Threadnamen zu haben sweat_smile.pnggrin.png

    Spieleentwicklung (als Hobby) war schon immer ein sehr reizvolles Thema, auch wenn es meist dabei geblieben ist sich Gedanken darüber zu machen, was man für coole Spiele entwickeln könnte. Als Teenager war ich recht aktiv mit dem RPGMaker unterwegs, habe einige Schrottspiele gemacht und ein halbwegs vernünftiges. Letzteres gibt es sogar noch und jetzt wo der RPGMaker 2000 auf Steam erhältlich ist, könnte man es sogar legal spielen grin.png War recht cool als ich letztens noch mal danach gesucht habe, weil in der Zeit auf der Seite die es gehostet hat einige Threads zu dem Spiel eröffnet wurden von Leuten, die bei einem Rätsel oder einem Boss nicht weiterkamen oder einfach nur meinten, dass das Spiel gut sei.

    Ansonsten habe ich mir letztens mal Visual Studio Community mit XNA installiert und versuche jetzt, auf diese Weise ein paar Ideen umzusetzen, die es zwar schon in anderen Spielen gab, dabei aber noch nie auf die Art und Weise umgesetzt wurden wie ich es gerne hätte. ^^ Mit meinen ersten Ergebnissen bin ich schon ein bisschen zufrieden, mal sehen ob da jemals was draus wird.

    Meine wichtigste Erkenntnis bei der ganzen Sache war: Man sollte einfach etwas entwickeln, woran man selbst Spaß hat, und nicht auf die Masse hören. Als ich mit dem RPGMaker so richtig drin war, hatte irgendwie jeder sein eigenes Kampfsystem und ich habe dann auch eins gescriptet, nicht weil ich eines haben wollte sondern weil ich halt dachte, dass man das so machen muss. Aktuell scheint es in der RPG-Maker-Szene ähnlich zu sein, wenn man die Möglichkeiten des VX nicht für irgendwelche beeindruckenden Skripte nutzt kassiert man bei der Präsentation seines Spiels einen Shitstorm, egal wie gut die Story und das Dungeon-Design sind. Mit meinem letzten Spiel habe ich dann alle Erwartungen ignoriert und das Spiel exakt so gemacht wie ich es haben wollte, wodurch es dann zwar nicht sonderlich bekannt wurde, aber bei denen die sich von der Machart angesprochen fühlten sehr gut ankam.

    Ähnlich sehe ich es eigentlich auch bei den Großproduktionen. Viele Spiele haben eine kleine aber sehr treue Fanbase um sich aufgebaut, während gleichzeitig wohl fast niemand Assassin's Creed Brotherhood als das beste Spiel aller Zeiten bewerten würde, obwohl es kommerziell sicherlich erfolgreicher war als viele Nischentitel, die in ihrem Genre brillieren. Anders ist es natürlich wenn man nicht das Bedürfnis hat ein möglichst gutes Spiel zu machen sondern einfach nur möglichst viel Geld verdienen will, dann ist ein Spiel das sich völlig den Bedürfnissen des aktuellen Massenmarkts unterwirft absolute Pflicht.

    Nintendos Spieldesign ist mir in vielerlei Hinsicht zu spießig. Nicht nur wegen dieses krampfhaften Triebs zu Innovationen, die ich größtenteils gar nicht haben will, sondern auch weil sie sich dann auf diesen Innovationen ausruhen und sie zwar so gut es die Hardware erlaubt perfektionieren, darüber hinaus kaum mehr etwas zu bieten haben. Und bloß nicht zu viel Umfang oder einen zu hohen Schwierigkeitsgrad einbauen, da sonst irgendwo ein Familienvater oder ein Kleinkind überfordert sein könnte. Wenn Spiele Politiker wären, wäre Demon's Souls Donald Trump und Nintendo die Tierschutzpartei.

  • Clessidor)

    Clessidor

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    24.12.16, 01:39 Uhr
    #18446

    Habe heute erst bzw, ist es mittlerweile schon wieder knapp gestern, das neueste Video von Unseen64 gesehen, in dem es um ein gecanceltes Videospielprojekt zum Comichelden Flash ging. Ich kann das Video jedem empfehlen.

    Nun muss ich sagen, was mich aber an dem Video eigtl. interessierte, ist wie das Projekt mit der Frage begann: Wie würde ein Videospielumsetzung des beliebten Comichelden aussehen? 

    Man startet hier ja quasi mit vordefinierten Charakteren, Setting bzw. der Thematik des Spiels und muss sich eigtl. basierend dessen die passenden Mechaniken ausdenken. (Also der umgekehrte Ansatz als der für den Nintendo bekannt ist)

    Und das kann bei Charakteren aus rein narrativen Medien eigtl. äußerst schwer sein. Sherlock Holmes zB. zeichnet sich ja durch sein Intellekt  und Beobachtungsgabe aus. Sie sind eigtl. die Kernelemente mit denen er seine Probleme/narrativen Hindernissen bewältigt. Und da Spielerlebnis Sherlock Holmes müsste bedeuten, dass man sich wie der überintelligente Detektiv fühlt, der als einziger allein all diese Verbindungen in seinem Kopf knüpfen kann und damit allem überlegen ist.

    Dumm nur der Durchschnittspieler ist kein intellektueller Überflieger und bleibt einfach bei Rätseln stecken, bzw. stößt auf seine Grenzen. Und Gerade Holmes Fähigkeiten spielmechanisch erlebbar zu machen ist dementsprechend äußerst schwer. So bricht dann allzuschnell die Immersion zusammen und man fühlt sich mehr als einer selbst im Sherlocks-Kostüm in dessen Welt geschmissen.

    Man muss zugeben der Flash ist als Action und Comicheld leichter umsetzbar. Gegner ausschalten und Superkräfte das kennt man. Aber wenn man sich das Video ansieht sieht man, dass man in allererster Hinsicht an alles denkt, was zu der Welt des Flashs passt. Der Flash ist ein überschneller Metahuman. Dementsprechend soll Geschwindigkeit natürlich die Kernmechanik und sich auch dementsprechen gut anfühlen. Aber man hat bei dem Konzept an die alltäglichen Aufgaben eines Superhelden gedacht, welcher seiner Stadt auch beisteht, bzw. es auch lässt und dementsprechend vom Spiel abgestraft/belohnt wird etc.

    Natürlich muss man erstmals sagen, dass dadurch, dass das Spiel nie fertig umgesetzt wurde, nicht sagen kann wie gut das Endprodukt gewesen wäre. Aber das Konzept klingt für mich schon felsenfest, bzw. dass die Entwickler verstanden hatten, was sie machen und wie Spielmechanik und Thematik eines Spieles Hand in Hand gehen können, um ein authentisches Erlebnis für den Spieler bieten zu können.

    Vor allem was ich hier so faszinierend finde ist ja, dass ohne die Thematik als Grundansatz jene Kombination an Spielmechaniken wohl so nie entstanden wäre. Das finde ich eigtl. an Umsetzungen von bekannten Stoffen aus anderen Medien. Es kann sehr schwierig sein, aber wenn man sich einlässt hat es je nach Stoff gutes Potential. 

    Ich finde es zeigt einem auch auf, dass man nicht unbedingt Gameplay first braucht, sondern auch mit einem festgelegten Charakter oder Setting im Kopf loskonzeptieren kann.